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Seile

Bächli Bergsport, Montag, 08. August 2022

Das Seil ist ein grundlegendes Element vieler Bergsportarten und eine Lebensversicherung bei Stürzen in der Vertikalen oder auf Gletschern. Doch Seil ist nicht gleich Seil, denn je nach Verwendungszweck kommen verschiedene Varianten ins Spiel.

Das Seil ist die Lebensversicherung für eine Seilschaft und stellt eines der sicherheitsrelevantesten Produkte im Bergsport dar. Seile werden in verschiedene Kategorien unterteilt. Diese geben an, für welchen Einsatzbereich das Produkt geeignet ist. Neben dieser Seileinteilung hat jedes Seil spezifische Eigenschaften, die nach internationalen Normen gemessen werden. 

Seile werden heutzutage praktisch immer imprägniert. Dies schützt den Kern Umwelteinflüssen wir Feuchtigkeit und Schmutzpartikel, welche die Lebensdauer und Sicherheit beeinträchtigen können. 

EINSATZBEREICHE 

Zum Klettern werden dynamische Seile verwendet. Diese haben eine hohe Dehnbarkeit und können so die Energie eines Sturzes aufnehmen. Moderne Kletterseile haben eine sogenannte Kern-Mantel-Konstruktion. Der aussenliegende Mantel schützt dabei vor Abrieb und Umwelteinflüssen, während der innenliegende Kern die Sturzenergie aufnimmt. Bei einem Sturz werden die einzelnen Fasern des Kernes gedehnt. Ohne Belastung ziehen sich die Fasern dann wieder zusammen. Dieser Schrumpfungsprozess kann auch dazu führen, dass ein Seil kürzer wird als angegeben. Bei der Konfektionierung eines Seiles, also beim Zuschneiden, wird ein Kletterseil daher mit einer gewissen Reserve zugeschnitten. So kann ein Hersteller gewährleisten, dass sein Seil die angegebene Länge in den meisten Situationen auch erreicht. Bei Seilen, die lange nicht mehr gedehnt wurden, kann es aber auch vorkommen, dass ein Seil kürzer ist als angegeben. 

WELCHE LÄNGE FÜR DAS SEIL? 

Für den reinen Halleneinsatz ist, je nach Halle, nur ein kürzeres Seil bis 50m erforderlich. Durch den intensiven Indoorgebrauch leiden Seile stärker. Deshalb ist hier ein etwas dickeres und schwereres Seil mit grösserem Mantelanteil sinnvoll. Sobald man das Seil auch draussen einsetzen möchte, empfiehlt sich ein imprägniertes Modell mit einer Länge von 60 bis 70m. In den meisten Plaisirklettergärten sind 50m Seile ausreichend. Allerdings haben längere Varianten, z.B. beim Abseilen, grössere Sicherheitsreserven. Bei Doppelseilen empfiehlt sich eine Länge von 60 bis 70m. 

PFLEGE/ ABNUTZUNG 

Nach jedem Gebrauch sollte mit Augen und Händen überprüft werden, ob Mantelbeschädigungen oder grobe Kernverletzungen sichtbar oder spürbar sind. Bei starker Mantelbeschädigung oder nach harten Stürzen muss das Seil unbedingt ersetzt werden. Um das Seil vor Schmutz zu schützen, benutzt man am besten einen Seilsack. Schmutzpartikel im Innern können am Seil scheuern und es versteifen. Falls das Seil stark verschmutzt ist, kann es mit handwarmem Wasser und einem milden Waschmittel (für synthetische Stoffe) von Hand gewaschen werden. Das Seil danach in losem Zustand zum Trocknen auslegen. Das Seil zum Trocknen nicht an die Sonne legen oder starker Hitze aussetzen. 

ABNUTZUNG 

Seile altern insbesondere durch mechanische Belastung (Knoten und Abrieb) und Feuchtigkeit. Ein zehn Jahre altes, wenig gebrauchtes Seil hat nur 10% Bruchlastminderung. Ein einjähriges, aber stark abgenutztes Seil (optisch ersichtlich) hat hingegen eine viel stärkere Bruchlastminderung. Mechanisch verletzte Seile sind für den weiteren Gebrauch vollkommen ungeeignet. Ein Seil ist sofort zu ersetzen, wenn entweder der weisse Kern sichtbar ist, ein deutlich spürbarer Mantelrutsch besteht, der Mantel stark pelzig und abgenutzt ist oder starke oberflächliche Verbrennungen entstanden sind. Diese Verbrennungen können durch schnelles Abseilen oder durch die Reibung am Express, welcher das Seil beim Stürzen umlenkt, hervorgerufen werden. Die «innere Erosion» durch kleine, eingedrungene Sandkörnchen ist für das Seil besonders gefährlich. Ein Seilsack bietet den besten Schutz dagegen. Wenn das Ende des Seils am Seilsack festgebunden ist, kann es beim Ablassen nicht aus Versehen durch die Sicherung rutschen. Säuren und Lösungsmittel schwächen ein Seil, ohne dass dies erkennbar ist. Wegen der Schwefelsäure in Autobatterien sollten Seile daher in Garagen oder auf Autoabstellplätzen nicht direkt auf den Boden gelegt und generell vor einer möglichen chemischen Schädigung geschützt werden. Zum Beispiel durch einen Seilsack. 

TYPOLOGIE 

EINFACHSEILE Werden vorwiegend für Routen mit nur einer Seillänge, für Sportklettereien, in Kletterhallen, zur Toprope-Kletterei oder auch auf Hochtouren eingesetzt. Sie sind ca. 8.7 mm bis 11 mm dick und werden im Einzelstrang verwendet. Sie sind robust, einfach zu handhaben und universell einsetzbar. Dünne Seile unter ca. 9.5 mm passen nicht mit allen Sicherungsgeräten zusammen und können weniger Bremswirkung haben. 

HALBSEILE Können, müssen aber nicht im Doppelstrang geführt werden und eignen sich für 3er Seilschaften. (Für 3er Seilschaften sind Seile mit Durchmessern von 8.5mm oder mehr empfohlen). Die Seilführung muss dabei nicht parallel sein. Im alpinen Gelände können die einzelnen Seilstränge durch unterschiedliche Sicherungspunkte laufen. Somit erreicht man eine bessere Seilführung, sprich weniger Seilzug und die einzelnen Sicherungspunkte werden bei einem allfälligen Sturz weniger belastet. Zudem verringert sich das Risiko eines Seilrisses bei Steinschlag. Diese Seile werden bei Mehrseillängen-Touren und Eisklettern eingesetzt. Halbseile können als Einzelstrang auf Gletschertouren eingesetzt werden. 

ZWILLINGSSEILE Müssen immer im Doppelstrang und parallel verwendet werden. Sie werden zum Beispiel bei Mehrseillängen-Touren eingesetzt, bei denen die Seile immer parallel durch die Sicherungspunkte verlaufen. Sie sind die dünnsten und leichtesten Seile. Bei Halb- und Zwillingsseilen kann beim Abseilen die gesamte Seillänge genutzt werden. Die Seile lassen sich beim Zu- und Abstieg auf die Kletterpartner verteilen. Das Sichern und das Handling erfordert bei diesen Seilen mehr Übung. 

STATISCHE SEILE Statische Seile eignen sich nicht als Kletterseil. Sei werden in Bigwalls, als Arbeitsseil, zum Höhlenklettern oder als Fixseil eingesetzt. 

NORMEN UND KENNZAHLEN 

EN892: In Europa sind seit 1995 die Euro-Normen (abgekürzt EN) für die Sicherheitsstandards massgebend. Alle in der Europäischen Staatengemeinschaft angebotenen Seile, müssen diesen Normen entsprechen.
UIAA : Union Internationale des Associations d’Alpinisme. Die UIAA ist eine internationale Vereinigung verschiedener Alpinistenverbände und definiert strenge Sicherheitsnormen für Bergsportausrüstung. Die UIAA Normen gelten weltweit.
Water Repellent Zertifizierung: Imprägnierte Seile zeichnen sich dadurch aus, dass das Gewebe nur wenig Wasser aufnimmt. Dies ist für den Einsatzbereich entscheidend, da durchnässte Seile deutlich an Festigkeit verlieren und im Winter gefrieren können. Beträgt die Wasseraufnahme eines Seiles bei einem definierten Testverfahren weniger als 5 %, so erhält das Seil die UIAA Water Repellent Zertifizierung.
Durchmesser: Der Seildurchmesser wird unter definierten Bedingungen gemessen. Dünne Seile eignen sich, dank niedrigem Gewicht, vor allem für lange oder technisch anspruchsvolle Touren. Die Bremswirkung, verschiedener Sicherungsgeräte, ist bei dünnen Seilen spürbar niedriger. Dies muss bei der Wahl des Sicherungsgerätes unbedingt berücksichtig werden. Dickere Seile haben eine höhere Bremswirkung, sind widerstandsfähiger und schwerer.
Metergewicht: Gibt das Gewicht des Seiles pro Meter an. Zwei Gramm weniger Gewicht pro Meter ergibt bei einem 50-Meter Seil eine Gewichtseinsparung von 100 g.
Sturzzahl: Mittels des Normsturzes wird die Festigkeit von Kletterseilen gemessen. Die Sturzprüfung steht im Mittelpunkt des Interesses bei Seiltests. Dabei wird gemessen, wie viele Normstürze ein Seil aushält. Der Normsturz mit Sturzfaktor 1,75 ist eine extrem harte Belastung, wie sie in der Praxis nicht zu erwarten ist. Getestet wird unter diesen Bedingungen, um Sicherheitsreserven zu gewährleisten. Dabei fällt ein Gewicht von 80 kg (bei Einfach- und Zwillingsseilen) oder 55 kg (bei Halbseilen) in den einfachen (Einfach- und Halbseil) oder doppelten (Zwillingsseil) Seilstrang. Einfach- und Halbseile müssen mindestens 5 Normstürze aushalten, Zwillingsseile im Doppelstrang mindestens 12. Einfachseile, die 5-9 Normstürze halten, werden auch als Normsturzseile bezeichnet, solche mit mehr als 9 Stürzen als Multisturzseile. Die Sturzzahl ist ein direktes Mass für die Sicherheitsreserven eines Seiles. Ein neues Seil reisst bei Sturzbelastung nicht, gute Verhältnisse und sauberen Seilverlauf vorausgesetzt. Doch die Leistungsfähigkeit eines Seiles nimmt ab: Alterung und Abrieb mindern seine Festigkeit, Nässe und vor allem Frost können sie um mehrere Normstürze reduzieren. Liegt das Seil beim Sturz über einer scharfen Kante, so liegen keine guten Verhältnisse vor und es kann früher reisen. Besonders betroffen davon sind dünne Seile, da sie über weniger Sicherheitsreserven verfügen.
Fangstoss: Der Fangstoss ist die maximale Kraft, die beim Normsturz auf das Fallgewicht wirkt, wenn das Seil durch seine Dehnung die Sturzenergie aufnehmen muss. Er ist das Mass für die «Härte» des Sturzes. Seile mit höherem Fangstoss erzeugen beim Halten des Sturzes einen stärkeren «Ruck» im Körper des Gestürzten und auf die Sicherungskette. Der Fangstoss bei der Normprüfung darf für Einfach- und Zwillingsseile nicht über 12 kN liegen, für Halbseile nicht über 8 kN.
Gebrauchsdehnung: Die Gebrauchsdehnung gibt die Elastizität des Seils bei statischer Belastung an. Ein mit 5 kg vorbelastetes Seilstück wird mit 80 kg belastet: Die Dehnung darf bei Einfach und Zwillingsseilen 10% nicht überschreiten, bei Halbseilen 12%. Dehnung im ersten Sturz: Dieser Parameter misst die Dehnung des Seils beim ersten Normsturz. Die maximal zulässige Dehnung bei dieser Prüfung beträgt 40%. Diese dynamische Sturzdehnung kennzeichnet das Bremsverhalten eines Seiles besser als der statische Wert der Gebrauchsdehnung. Bei grösserer Dehnung ist die Gefahr erhöht, beim Sturz auf Bändern oder ähnlichen Felsstrukturen aufzuschlagen.
Mantelverschiebung: Für diesen Test wird ein zwei Meter langes Seilstück fünfmal durch ein Prüfgerät gezogen, eine Metalltrommel mit zickzackförmig versetzter Seilführung. Darin werden Mantel und Kern stark hin und her gewalkt. Dabei darf sich der Mantel um maximal 20 Millimeter verschieben. Wenn sich beim Gebrauch Mantel und Kern verschieben, kann das Seil Wülste und Verdickungen bekommen; sind die Enden unsauber verschweisst, können Mantel oder Kern lose überstehen. Bei modernen Bergseilen tritt Mantelverschiebung kaum noch auf.
Knotbarkeit: Ein Überhandknoten wird mit 10 daN festgezogen und dann auf 1 daN entlastet. Danach darf der lichte Innendurchmesser des Knotens maximal 1,1-mal so gross sein wie der Seildurchmesser. Die Knotbarkeit ist ein Anhaltspunkt für die Steifigkeit des Seiles: bei starren «Stricken» lässt sich der Knoten nicht so eng zuziehen wie bei geschmeidigeren. Möglicherweise ist der Durchlauf durch das Sicherungsgerät erschwert. Die Aussagekraft dieses Wertes darf allerdings nicht überbewertet werden, da die Geschmeidigkeit des Seiles auch durch Pflege und Witterung mit bestimmt wird.
Mantelanteil: Ein Seil besteht aus einem Kern und einem Mantel. Der Mantel dient dazu den Kern, der die eigentliche Belastung trägt, zu schützen. Je höher der Mantelanteil eines Seiles ist, umso robuster und langlebiger, aber auch schwerer ist das Seil.

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