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Auf Schritt und Tritt: Was du über Wanderschuhe wissen solltest

Hanna Bär, Montag, 15. Juli 2024

Bei kaum einem Bergsportartikel ist die Auswahl so gross wie bei Wanderschuhen. Zur richtigen Kaufentscheidung gehören nicht nur die Passform, sondern auch das geplante Einsatzgebiet und eine ehrliche Einschätzung der eigenen Trittsicherheit.

Sie tragen uns weite Strecken, schützen uns vor dem Umknicken, geben uns Halt, sorgen für einen sicheren Tritt und im Idealfall spürt man sie kaum: die Wanderschuhe. Manch einem fällt es da schwer, sich nach vielen gemeinsamen Touren vom ausgedienten Paar zu trennen. Vorausgesetzt, er hat perfekt gepasst – zum eigenen Fuss, aber auch zum Einsatzgebiet. Von der kurzen Wanderung im Unterland bis zur mehrtägigen Durchquerung in alpinem Gelände: was man als «Wandergelände» ansieht, kann sehr individuell sein. Ebenso gross ist die Auswahl an Wanderschuhmodellen: vom leichten Mid-Schuh aus Synthetik über den «klassischen» Wanderschuh bis hin zum schweren, hohen Ledermodell.

Doch was genau zählt als Wander- oder Trekkingschuh? Ausschlaggebend sind die Schafthöhe und die Steigeisentauglichkeit: «Ein Wanderschuh deckt bei uns immer den Knöchel ab. Können Steigeisen montiert werden, zählt der Schuh zur Kategorie Bergschuh», erklärt Produktmanager Kevin Nanzer. In diesem Rahmen gibt es Wanderschuhe mit unterschiedlichen Schafthöhen, Sohlensteifigkeit und aus verschiedenen Materialien. Entscheidend für die Wahl sind neben der Passform der konkrete Einsatzbereich und die dafür benötigte Robustheit und Stabilität des Schuhs.

  • 1) Schaft: Je höher und fester der Schaft des Schuhs ist, desto mehr Stabilität bietet er im Knöchelbereich und schützt vor Umknicken. Ein etwas niedrigerer und weicherer Schaft bietet hingegen mehr Flexibilität und Bewegungsfreiheit. Unabhängig von der Schafthöhe sollte der Schuh beim Abrollen nirgends am Bein drücken oder scheuern.
  • 2) Schnürung: Viele Wanderschuhe haben zwei Schnürzonen mit Ösen am Rist und Haken am Schaft. Ein möglicher Tiefzughaken kann am Übergang vom Rist zum Schaft den Schuh in der Ferse fixieren und ein Herausrutschen verhindern.
  • 3) Sohle: Eine Zwischensohle, meist aus PU oder EVA, federt Stösse beim Gehen ab und dämpft sie. Die Laufsohle sorgt mit ihrem Profil für den nötigen Halt. Sohlen aus weicheren Gummimischungen haften besser, härtere sind abriebfester.
  • 4) Wetterschutzrand: Ist der Schuh auch für den Einsatz in steinigem Gelände gedacht, wird das Obermaterial am Übergang zur Sohle durch einen Schutzrand aus Gummi vor Abrieb geschützt. Dieser bedeckt entweder den Zehen- und Fersenbereich oder verläuft vollständig um den Schuh herum.

Wahl des Schuhtyps

Bei Wanderungen im leichten Gelände und festem Untergrund bieten Mid-Schuhe mit einem niedrigen Schaft und vergleichsweise biegsamer Sohle eine ausreichende Mischung aus Stabilität und Bewegungsfreiheit. Der klassische Wanderschuh bietet etwas mehr Stabilität, etwa durch einen etwas höheren Schaft oder einen steiferen Sohlenaufbau, und ist daher ideal für leichtes alpines Gelände. Wird der Untergrund felsiger und steiniger, benötigt man einen robusten und langlebigen Wanderschuh mit einer torsionsfesten Sohle, der auch in Geröll genügend Schutz und Stabilität bietet. Die Grenzen zum Bergsteigen können fliessend sein. 

«Auf blau-weiss-blauen Routen ist man im Bereich Alpinwandern, und da braucht man auf einem vereisten Schneefeld vielleicht schon Steigeisen», gibt Nanzer zu bedenken. In diesem Fall sollte man einen Bergschuh mit entsprechend steifer und gerader Sohle wählen. Die Torsionssteifigkeit der Sohle ist eines der Kriterien für die Einteilung von Schuhen in die Kategorien A bis D – auch überschneidende Bezeichnungen wie B/C sind möglich. Wander- und Trekkingschuhe liegen im Bereich A/B bis B/C.

Spätestens hier wird klar, warum Sneakers ein No-Go für Bergwanderungen sind.

Neben der Wegbeschaffenheit hängt die Wahl des Wanderschuhs auch von der eigenen Trittsicherheit und dem Gewicht des Rucksacks ab. «Wer etwas weniger trittsicher ist, dem empfehle ich einen tendenziell stabileren Schuh», sagt Nanzer. Gleiches gilt für längere Wanderungen in anspruchsvollem Gelände. «Je länger man in unebenem Gelände unterwegs ist, desto stärker wird die Fussmuskulatur beansprucht und die Eigenstabilität des Fusses nimmt ab», so Nanzer. Schuhe mit einem höheren Schaft und einer torsionssteiferen Sohle sorgen hier für die nötige Stabilität. 

Das Tragen eines schweren Rucksacks verlagert zusätzlich den Körperschwerpunkt nach oben. Nanzer vergleicht das mit dem Bau eines Hochhauses: Je höher ein Haus wird, desto wichtiger ist ein solides Fundament. Auf Wanderschuhe übertragen heisst das: «Je schwerer der Rucksack, desto stabiler muss der Schuh sein», rät Nanzer.

Mehr Stabilität geht in der Regel mit einem höheren Eigengewicht der Schuhe einher: Bei den Damen reicht die Spanne von 510 Gramm beim leichtesten Mid-Schuhpaar bis zu 1530 Gramm beim Yukon Leder von Hanwag, einem hohen Schuh für anspruchsvolle Bergwanderungen und lange Trekkingtouren. Bei den Herren ist die Spanne noch grösser und reicht von 480 bis 1900 Gramm. Das Gewicht sollte aber nur dann als Auswahlkriterium herangezogen werden, wenn der Schuh für den geplanten Einsatzbereich stabil genug ist, rät der Schuhexperte. Innerhalb desselben Einsatzbereiches unterscheide sich das Gewicht der Modelle ohnehin meist nur geringfügig.

Eine steifere Sohle bedeutet übrigens nicht zwangsläufig ein schlechteres Abrollverhalten. Je nach Modell sind die Sohlen von Wanderschuhen mehr oder weniger stark gewölbt. «So kann man trotz steifer Sohle gut abrollen», sagt Nanzer. Wanderschuhe mit einer geraderen Sohle und einer zusätzlichen «Climbing Zone» – einem meist profillosen Abschnitt mit einer klaren Kante im vorderen Bereich der Sohle, wie sie etwa der Zodiac TRK GTX von Scarpa aufweist –, ermöglichen hingegen ein präziseres Antreten in felsigem Gelände.

Auf Alpinwanderwegen ist neben stabilen Schuhen auch immer Trittsicherheit gefragt.

Eine Frage des Materials

Beim Obermaterial kann man zwischen Schuhen aus Glattleder, Rauleder wie Nubuk oder Velours und synthetischem Material wählen. «Jedes dieser Materialien hat seine Vorteile», betont Nanzer. Synthetik ist leicht, genügsam in der Pflege und trocknet schnell. Leder hingegen ist sehr robust und bei richtiger Pflege sehr langlebig und wasserabweisend. Allerdings trocknet Leder, wenn es einmal nass geworden ist, nur langsam und Kratzer sind schnell sichtbar. «Ich persönlich finde Nubukleder am besten: Es ist robust, gut wasserabweisend, langlebig und pflegeleicht», verrät Nanzer. Letztlich ist die Entscheidung eine persönliche: Wenn es auf das Gewicht ankommt, ist meist ein Schuh aus Synthetik die richtige Wahl, wenn Stabilität und Langlebigkeit im Vordergrund stehen, dann Glattleder. Das von Nanzer bevorzugte Nubuk- oder auch Veloursleder liegt hinsichtlich Gewicht, Robustheit und Pflegeaufwand etwa in der Mitte. 

Teilweise werden die Materialien bei den Schuhmodellen auch kombiniert: So kommt das robuste Leder im unteren Bereich des Schuhs zum Einsatz und wird durch Einsätze aus dem leichteren Synthetik- Textil am Schaft ergänzt. Wer auf den klassischen Lederschuh-Look nicht verzichten möchte, jedoch auf das Material tierischen Ursprungs, der findet mit dem Superalp V-Light GTX von AKU ein entsprechendes Modell.

Gegen Regenwetter und nasse Bedingungen schafft eine wasserdichte und dampfdurchlässige Membran Abhilfe, die in den meisten Wanderschuhen zu finden ist. Wird ein reiner «Schönwetterschuh» gesucht, rät Nanzer allerdings zu einem Schuh ohne Membran. In diesen schwitzt man vor allem bei warmen Temperaturen weniger. Wer generell zu schwitzenden Füssen und Blasen oder Druckstellen neigt, ist zudem mit einem Schuh mit Lederinnenfutter gut beraten. Leder hat von Natur aus Poren, durch die Feuchtigkeit – eine mögliche Ursache für Blasen – in Form von Wasserdampf entweichen kann. «Deshalb geht der Trend in letzter Zeit wieder etwas mehr zu Lederschuhen», verrät der Schuhexperte. 

Auch bei «besonderen» Füssen, wie zum Beispiel bei einer Fehlstellung des Grosszehenballens (Hallux valgus), sind Lederschuhe mit Lederfutter zu empfehlen. Denn das Material passt sich der Fussform gut an und lässt sich bei Bedarf gut ausweiten. Der Tatra II Bunion Leder W von Hanwag ist so gefertigt, dass er im Ballenbereich zusätzlichen Platz bietet.

Beim Queren von Bächen hilft auch die beste Goretex-Membran nicht mehr: am besten die Schuhe ausziehen! ;-)

Auf den Fuss geschnitten

Die Leistenform – also das dreidimensionale Modell des Fusses, auf das der Schuh zugeschnitten wird – ist für die Passform eines jeden Schuhs entscheidend. Sie bestimmt nicht nur die Breite eines Schuhs, sondern auch den Platz für den Rist nach oben. Jeder Hersteller verwendet eigene Leisten, die sich von Modell zu Modell unterscheiden können. «Jeder Fuss ist anders: Am besten probiert man verschiedene Modelle in unseren Filialen an», empfiehlt Nanzer. 

Ein optimal passender Wanderschuh sollte nirgends drücken und ausreichend Platz für den Fuss bieten, aber speziell im Fersenbereich möglichst fest sitzen. Unabhängig von dem Leisten wählt man Wanderschuhe in der Regel mindestens eine Nummer grösser als die Fusslänge. So hat der Fuss auch beim Bergabgehen genügend Platz nach vorne. Dies lässt sich leicht überprüfen, indem man die Einlegesohle herausnimmt. Der Fuss wird mit der Ferse hinten bündig darauf gestellt. «Nach vorne sollte noch etwa eine Daumenbreite Platz sein», gibt Nanzer als Richtwert an. Neben dem Leisten beeinflussen auch die Dehnbarkeit des Obermaterials sowie eine mögliche Membran und ein Geröllschutzrand am Übergang zur Sohle die Passform geringfügig. 

«Ich empfehle, immer zehn bis 15 Minuten mit den Schuhen am Fuss herumzulaufen, um den Sitz und die allgemeine Passform zu überprüfen», so der Schuh-Experte. Auch mögliche Druckstellen des Schuhs lassen sich so meist schon erkennen. Ein guter Zeitpunkt für den Schuhkauf ist übrigens der Nachmittag oder Abend. Der Grund: Morgens nach dem Aufstehen sind die Füsse am kleinsten, im Laufe des Tages läuft man sie sozusagen warm und sie werden etwas grösser.
 

Individuelle Anpassungen empfohlen

Hat man ein passendes Modell gefunden, kann man den Sitz des Schuhs noch durch den Tausch der Innensohle optimieren. Die meisten Wanderschuhe sind ab Werk mit einer eher neutralen, flachen Innensohle ausgestattet. Hat man zum Beispiel ein hohes Fussgewölbe, kann eine Sohle mit zusätzlicher Stütze angenehmer sein und den Fuss vor allem beim Bergabgehen zusätzlich im Schuh fixieren. «Das kann einen grossen Unterschied machen», sagt Nanzer und empfiehlt, schon beim Schuhkauf verschiedene Sohlen auszuprobieren. 

Aber auch bei Problemen mit Blasen oder Schmerzen an der Fusssohle kann eine andere Einlegesohle helfen, ebenso wie eine Variation der Schnürung. Schnürt man den Schuh am Schaft etwas lockerer, hat man mehr Bewegungsspielraum. Das kann vor allem bergauf angenehm sein. Vor dem Bergabgehen macht es Sinn, den Schuh generell etwas fester zu schnüren, um nicht nach vorne zu rutschen. «Insbesondere bei Problemen lohnt es sich, mit der Schnürung zu experimentieren», rät Nanzer. Zusätzlichen Halt in der Ferse erhält man etwa, indem man die Schnürsenkel von oben nach unten durch die Tiefzughaken führt.
 

Richtig pflegen 

Nach der Tour sollte der Schuh immer gelüftet und getrocknet werden, am besten mit herausgenommener Einlegesohle – das beugt auch der Geruchsbildung vor. Ist ein Schuh richtig durchnässt, helfen ein elektrischer Schuhtrockner oder das Ausstopfen mit Papier. Auf keinen Fall sollte ein Schuh zum Trocknen auf die Heizung oder den Ofen oder in die pralle Mittagssonne gestellt werden. Die Hitze schadet dem Material, vor allem Leder. Ist der Schuh von aussen verschmutzt, sollte er mit Wasser und Bürste, bei starker Verschmutzung mit Reinigungsschaum, abgebürstet und anschliessend neu imprägniert werden. 

Bei Schuhen aus Synthetik- und Nubukleder verwendet man etwa ein Spray. Schuhe aus Glattleder pflegt man hingegen am besten mit Wachs. Das dunkelt zwar die Farbe etwas ab, spendet dem Leder aber Feuchtigkeit und hält es so geschmeidig wie möglich. «Ich putze meinen Schuh nach jeder Wanderung», sagt Nanzer. Gegen eine Verschleisserscheinung hilft aber auch die beste Pflege nichts: Bei der sogenannten «Hydrolyse» verhärtet sich die Zwischensohle des Schuhs, wenn sich nach meist vielen Jahren im Einsatz oder auch nach langer Lagerung ohne Gebrauch alle Weichmacher verflüchtigt haben. In der Folge löst sich meist die Sohle vom Schuh. 

Ob ein Schuh auch in diesem Fall wieder besohlt werden kann, hängt von der Machart des Schuhs ab: Klebegezwickte Schuhe können wieder besohlt werden, gestrobelte Schuhe nicht. Auskunft darüber, um welche Schuhe es sich handelt, können die Fachleute in den Filialen geben. Die Kosten für eine Neubesohlung liegen zwischen 160 und 220 Franken. «Das lohnt sich, wenn der Schuh gut eingelaufen ist und vorher gut gepflegt wurde», sagt Nanzer.

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