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Gut verbunden: Karabiner und Haken

Alexandra Schweikart, Dienstag, 09. Juli 2024

Als verbindendes Element sind Karabiner im Bergsport unverzichtbar: Sie sind die entscheidende Schnittstelle zwischen Mensch, Berg und Seil. Welcher Aufwand hinter ihrer Produktion steckt und wo welche Karabinerform zum Einsatz kommt, klären wir in unserer Rubrik Expert.

Karabiner wurden schon lange vor ihrer Anwendung im Bergsport für militärische und nautische Zwecke verwendet. Auch bei Rettungsdiensten wie der Feuerwehr fanden sie Anwendung. Diese frühen Karabiner waren einfache Metallhaken mit einem Federmechanismus zum schnellen Ein- und Aushängen von Seilen oder Waffen. Heutige Bergsportkarabiner bestehen überwiegend aus Aluminium, genauer gesagt aus Aluminiumlegierungen. Aluminium besitzt ein ideales Kraft-Gewichts-Verhältnis und ist unter optimalen Nutzungsbedingungen lange haltbar. In der Industrie, in Kletterhallen oder auch bei Slackline- und Rettungssituationen kommen hingegen vermehrt Stahlkarabiner zum Einsatz. Diese sind zwar schwerer, erzielen jedoch höhere Haltekräfte und sind noch langlebiger.

Die einzigartige Funktion der Karabiner besteht darin, dass sie sich werkzeugfrei öffnen lassen und automatisch in ihre geschlossene Form zurückschnappen, wenn man sie loslässt. Dies wird entweder durch filigrane Federn oder durch die Spannung erreicht, die aus der Verdrehung des Drahtes bei Drahtschnappern resultiert.

Herstellung 

Heissgeschmiedet wird bei knapp 200 °C in Pressen, die über tausend Tonnen Kraft ausüben können.

Karabiner werden durch Heiss- oder Kaltverformung oder aus einem runden Aluminiumstab gebogen. Filigrane, gewichtsoptimierte Formen entstehen meist durch Heissschmieden, bei dem Aluminium auf hohe Temperaturen erhitzt und mit Hochdruckpressen geformt wird. Dies ermöglicht komplexe Formen mit hoher Festigkeit und minimalem Gewicht. Kaltschmieden hingegen erfolgt bei Raumtemperatur und kann die Festigkeit und Oberfläche des Endprodukts verbessern, ist jedoch in Bezug auf die Komplexität der herstellbaren Formen begrenzt. 

Nach dem Schmieden werden die Karabiner verschiedenen Veredelungsprozessen unterzogen, etwa dem Eloxieren. Dies verbessert die Korrosionsbeständigkeit und bringt Farbe ins Spiel. Anschliessend werden die Karabiner rigorosen Tests auf Festigkeit und Zuverlässigkeit unterzogen, um sicherzustellen, dass sie die strengen Sicherheitsstandards erfüllen. Der finale Zusammenbau beinhaltet das Anbringen des Schnappers, der Feder und des Drückers, gefolgt von weiteren Qualitätskontrollen.  

Auf einem Karabiner, der zum Klettern geeignet ist, sind verschiedene Markierungen obligatorisch. Dazu gehören der Herstellername, die Norm, nach der der Karabiner geprüft wurde (EN), das Prüfinstitut (CE) und die Mindestbruchlast, die der Karabiner im Test ausgehalten hat. Je höher die Werte über der Mindestanforderung liegen, desto grösser ist die Sicherheitsreserve im Fall der Fälle. 

Karabinerformen 

Historisch wurden Karabiner in ovaler Form hergestellt. Schnell kam man jedoch auf den Gedanken, dass eine Art D-Form ideal ist. D-förmige Karabiner fördern die Belastung des Karabiners in seiner stärksten Ausrichtung, indem sie Lasten zur «Wirbelsäule» des Karabiners hin zwingen. Ein Offset-D verfeinert dieses Grunddesign, indem es die obere Karabinerseite verlängert und dadurch das interne Volumen erhöht. Dies verbessert die Handhabung und die Kompatibilität mit dicken Seilen und Schlingen. Alle Karabiner, die in Expressschlingen eingesetzt werden, haben diese Grundform. Ovale Karabiner sind beliebt bei Seilarbeiten und Baumpflege, da sie mehrere Verbindungselemente, Schlingen, Seile oder Umlenkrollen aufnehmen können. Sie eignen sich auch für die Absturzsicherung und Rettungssysteme. Die runde Form sorgt dafür, dass sich alle Verbindungspunkte bei Belastung selbst zentrieren. Ihre symmetrische Form bedeutet, dass der Karabiner in jeder Ausrichtung gleich funktioniert. 

Ein HMS-Karabiner erleichtert die Anwendung einer Halbmastwurfsicherung (HMS-Knoten). Moderne HMS-Karabiner besitzen eine birnenförmige Gestalt. Beim Sichern ermöglicht die breite Kopfform des Karabiners, dass das Seil geschmeidig ausgegeben und eingeholt werden kann. Diese Form erlaubt es dem HMS-Knoten, leicht «umzuspringen», also von einer Seite des Karabiners auf die andere zu gleiten, was flüssiges Sichern gewährleistet. Das schmalere Ende des Karabiners, das sich im Standplatz oder im Anseilring des Klettergurtes befindet, soll ein ungewolltes Verdrehen verhindern. Sicherungskarabiner haben oft eine HMS-Form, sodass man ein Sicherungsgerät bequem einhängen kann. Zusätzlich besitzen sie einen Verdrehschutz. Dieser verhindert, dass sich der Karabiner beim Sichern in eine ungünstige Position dreht. Der Verdrehschutz ist entweder ein Draht, der den Karabiner am Gurt fixiert, oder ein Plastik-Clip, mit dem man die Karabineröffnung zusätzlich verschliessen kann. 

Schnapper werden in Expressen verwendet, wo schnelles Ein- und Aushängen wichtig ist. Hier unterscheidet man solide Schnapper und Drahtschnapper. Letztere haben neben dem geringeren Gewicht den Vorteil, dass sie mangels Massenträgheit beim schnellen Aufschlagen auf den Fels nicht öffnen. Ein Schnappkarabiner ist grundsätzlich genauso stabil wie ein Schraubkarabiner – solange er geschlossen bleibt. Öffnet er sich, reduziert sich seine Haltekraft erheblich. In Situationen, wo der Karabiner nicht aufgehen darf, wie beim Sichern oder im Toprope, verwendet man einen Schraubkarabiner oder noch besser einen Safebiner. Dieser verfügt über mehrere Sicherheitsmechanismen (z. B. Tri-Lock, Ball-Lock oder Twistlock) und unterbindet ungewolltes Öffnen.

Expressschlingen werden etwa seit den 1970er-Jahren genutzt. Sie revolutionierten das Sportklettern durch die Kombination von zwei Schnappern: Zum einen erleichtern sie das Einhängen, zum anderen wird die Seilreibung dank besserer Seilführung erheblich gemindert. Beim Wechsel vom Kletterhallensport zum Fels legt man sich meist den ersten Satz Expressschlingen zu. In den Voralpen reichen oft zehn Stück, während es in Spanien und Griechenland in längeren Routen bis zu 20 Haken zu klippen gilt. Expressschlingen sollten gut in der Hand liegen, mit geschmeidigen und ausreichend grossen Schnappern, um das Einklemmen der Finger zu vermeiden. Der untere Karabiner darf leicht gebogen sein, um das Einklippen des Seils zu erleichtern, und Drahtschnapper sind meist leichter als solide Schnapper. Als Faustregel gilt, dass der Karabiner, der am Fels hängt, robust und langlebig sein sollte, während der Karabiner, der das Seil hält, einfach zu bedienen sein muss. Die Länge der Schlinge kann je nach Route variieren – längere Schlingen reduzieren die Seilreibung und helfen, den Seilverlauf zu verbessern.


Klein, kleiner, Spielzeug? 

In Situationen, in denen jedes Gramm zählt, experimentieren Gewichtsfanatiker gern mit kleinen, leichten Karabinern und Expressen, denn hier lässt sich ordentlich Ballast einsparen. Mini-Karabiner gibt es als Zubehör zwar schon lange, allerdings waren diese in der Regel mit der einschränkenden Prägung «Not for climbing» versehen, da sie nicht den Bruchlastnormen entsprachen. Doch inzwischen gibt es normkonforme Drahtschnapper, die weniger als 20 Gramm auf die Waage bringen. Allerdings sind diese Mini-Karabiner so klein, dass man fast eine Lupe braucht, um den winzigen Schnapper und den schmalen Öffnungswinkel zu erkennen, und der dünne Querschnitt, über den das Seil läuft, erinnert fast an Spaghetti. 

Auch wenn sie für den Dauereinsatz im Klettergarten in puncto Handhabung und Haltbarkeit eher suboptimal sind – die geforderten Normen erfüllen sie allemal. Ihre grosse Stärke, das geringe Gewicht, spielen Leichtgewichtsschnapper bei langen Zustiegen oder im ambitionierten Alpinismus aus, wenn es auf jedes Gramm ankommt. Auch als Not- bzw. Reservekarabiner oder als Bestandteil eines ultraleichten Spaltenrettungs-Sets können die Leichtgewichte zum Einsatz kommen.    

Lebensdauer 

Viel Reibung führt irgendwann zu Einkerbungen, die das Seil gefährden können.

Aluminiumlegierungen sind theoretisch unendlich haltbar und werden mit der Alterung interessanterweise eher stabiler. Ein kleiner Schraubkarabiner, den man zum Standplatzbau verwendet, kann endlos halten, wenn man ihm gelegentlich Aufmerksamkeit schenkt, indem man ihn mit Wasser reinigt und mit Feinmechaniköl (beispielsweise Ballistol) schmiert. Karabiner, die viel Reibung ausgesetzt sind, wie Expressen, durch die ständig ein Seil läuft, oder Sicherungskarabiner, entwickeln mit der Zeit Einkerbungen. Verschmutzungen im Seil tragen wesentlich dazu bei. Solange nur ein wenig Farbe am Karabiner fehlt, besteht noch kein Handlungsbedarf. Wird die Kerbe jedoch grösser, kann sich eine scharfe Kante bilden, die das Seil gefährden könnte.

Wenn die Funktion beeinträchtigt ist und der Karabiner nicht mehr richtig schliesst, kann man versuchen, ihn zu reinigen und zu schmieren. Bei dauerhafter Verformung durch Herunterfallen oder unsachgemässen Gebrauch muss der Karabiner jedoch sofort ausgetauscht werden. Für manche Anwendungen gibt es inzwischen auch Aluminiumkarabiner mit einer robusteren Stahleinlage an der Stelle, wo das Seil durchläuft. 

 

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