Die Pistencarver bleiben im Keller, ihr wollt aber dennoch euren Skihunger stillen? Gemischt mit der Sehnsucht nach Ruhe und Freiheit in den Bergen? Wie soll das denn gehen? Mit Skitouren!
Viele Annehmlichkeiten des alpinen Skifahrens fallen dabei jedoch weg - keine Lifte, natürliche Gefahren sind zu beachten und neues Equipment will beherrscht werden. Dafür gewinnt ihr an Naturerlebnis, Freiheit, Stille und nicht zuletzt hoffentlich an fantastischen Abfahrten durch stiebenden Powder. Trotz allem kann die Skitourenwelt gerade für Einsteigerinnen oder Einsteiger überfordernd wirken. Wir verschaffen daher einen Überblick. Ein Starterkit sozusagen.
In einem anderen Blogbeitrag ging es um die Wintervorbereitung im Allgemeinen. Wer also wissen möchte, wie die Skis gewachst und Daunenjacke gepflegt wird, schaut am besten in diesen Artikel rein.
Die Ski
Ohne zwei Latten an den Füssen geht natürlich gar nichts. Im Gegensatz zu alpinen Ski spielen bei den Tourenskis andere Faktoren eine wichtige Rolle. Denkt daran, dass ihr nicht nur abwärts unterwegs seid, sondern auch Aufstiege bewältigen müsst. Weniger Gewicht zahlt sich dabei aus: Ein guter Kompromiss sind rund 3 Kilogramm pro Paar.
Falls ihr sowieso eher aufstiegsorientiert seid, dann macht ein Ski mit schmaler Taille Sinn. Für eine genussvollere Abfahrt investiert ihr dahingegen lieber in ein breiteres Model, das euch mehr Fläche und somit mehr Auftrieb im tiefen Schnee gewährt. Ein gutes Zwischending ist eine Skibreite bis ca. 95 mm unter der Bindung.
Ähnliches gilt für die Länge: Ein kürzerer Ski ist aufstiegsfreundlicher, in der Abfahrt kommt ihr mit längeren Ski auf eure Kosten. Rechnet dabei ungefähr minus respektive plus 10 cm eurer Körpergrösse. Natürlich spielt auch der Shape eine Rolle. Gerade an tief verschneiten Tage hält euch ein Rockershape an der Oberfläche.
Für aktuelle Modelle haben wir euch übrigens ein Skirating zusammengestellt, nach dem ihr euch grob orientieren könnt.
Die Bindung
Vorneweg: Es gibt zwei Grundarten von Tourenbindungen. Pin und Rahmen. Letztere ähnelt am ehesten einer Alpinbindung, ist jedoch etwas schwerer. Wir fokussieren uns daher auf die Pinbindung. Grob gesagt sind schwerere Modelle stabiler und oft auch bezüglich Auslösung sicherer. Eine Rennbindung bringt 200 Gramm auf die Waage. Diese Leichtgewichte verzichten dann aber auch auf Komfort und Sicherheit.
Für den Einstieg ist eher eine solide Bindung mit sicherer Auslösung ideal. Sie wird auch einklappbare Steighilfen mit verschiedenen Höhenstufen haben, damit ihr die Höhe eurer Ferse dem Neigungsgrad des Hanges anpassen könnt. Banal aber wichtig: Gewicht von Ski, Bindung und Schuh sollten aufeinenander abgestimmt sein. Investiert beispielsweise nicht in eine ultraleichte Bindung, wenn ihr einen schweren Ski oder Schuh habt.
Die Skischuhe
Ihr kennt das bestimmt vom Alpinskifahren: Drücken die Schuhe, ist der Tag ruiniert. Selbiges gilt natürlich auch fürs Touren. Wichtigstes Credo sollte also sein, dass euch der Schuh passt. Ansonsten ist das Verschlusssystem relevant. Wie viele Schnallen es sein sollen, hängt von eurer Präferenz ab. Weniger davon bedeutet mehr Bewegungsfreiheit (und weniger Gewicht), dafür in der Abfahrt weniger Stabilität.
Ein weiterer Punkt ist die Sohle. Tourenschuhe haben eine griffige Sohle wie Bergschuhe, müsst ihr doch eventuell Stücke zu Fuss gehen können. Beispielsweise vom Skidepot auf den Gipfel.
Die Felle
Ohne Fell kein Aufstieg. Diese bestehen typischerweise aus einer Mischung von Mohair und Kunstfasern; das lässt euch angenehm auf dem Schnee gen oben gleiten und verhindert ein Zurückrutschen.
Felle werden auf euren Ski aufgeklebt. Keine Angst, sie lassen sich jeweils rückstandslos entfernen. Damit die Länge und Taillierung stimmt, lasst ihr eure Felle am besten von einem Profi zuschneiden – zum Beispiel bei uns in einer Filiale. Das muss einmal gemacht werden, dann seid ihr parat für den Aufstieg.
Auch dazu gehören sogenannte Harscheisen. Diese montiert ihr bei hartem Schnee unter der Bindung. Sie greifen seitwärts des Skis in den Schnee. Je nach Bindung sehen diese etwas anders aus. Weil man zu Hause in der Regel noch nicht weiss, ob es auf der geplanten Tour Stellen mit hartem Schnee geben wird, gehören Harscheisen immer in den Rucksack.
Die Bekleidung
Ihr werdet schnell merken, dass eure gefütterte Jacke oder gar der Kombianzug, die ihr auf der Piste anhabt, auf einer Skitour nicht praktisch ist. Sie wird dem schweisstreibenden Aufstieg mit dem Wechsel zur windig-kalten Abfahrt nicht gerecht. Idealerweise kleidet ihr euch nach dem Schichtenprinzip.
Die erste Schicht ist eure Unterwäsche – zum Beispiel aus Merinowolle. Sie liegt direkt auf der Haut und hat die Aufgabe, Feuchtigkeit nach aussen abzuleiten. Das hält euch warm und trocken. Schliesslich kommt die Isolierschicht, die dem weiteren Feuchtigkeitstransport dient. Ihre grösste Aufgabe ist jedoch die Isolation, sprich, sie soll euch warmhalten. Das kann beispielsweise eine Softshell- oder Primaloftjacke sein. Letztendlich tragt ihr die Wettschutz-Schicht, die euch vor Wind, Schnee und Regen schützt. Hier kommen in der Regel Hardshelljacken zum Einsatz. Weitere Infos zum Schichtenprinzip gibt es hier.
Zum Schichtenprinzip eine kleine Ergänzung: Ihr müsst nicht stur danach gehen. Mal werdet ihr mehr brauchen, mal weniger. Das dürfte aber hoffentlich gesunder Menschenverstand sein.
Vergesst auch die kleinen Details nicht: Beim Aufstieg werdet ihr kaum einen Helm mit Skibrille tragen. Ihr werdet also froh um eine Mütze und eine Sonnenbrille sein. Auch ein paar leichte Handschuhe sind im Aufstieg vorteilhaft.
Der Rucksack
Theoretisch könnt ihr irgendeinen Rucksack bepacken, in der Praxis macht ein tourenspezifischer Rucksack jedoch Sinn. Das vor allem auch aus sicherheitstechnischen Gründen.
Vor dem Kauf solltet ihr entscheiden, ob ihr in einen Lawinen-Airbag investieren wollt oder nicht. Der höhere Preis und das zusätzliche Gewicht können Leben retten. Nachdem ihr diese grundlegende Frage geklärt habt, gibt es einige wichtige Details, die ihr weiter beachten müsst.
Essenziell ist, dass eure Lawinensicherheitsausrüstung schnell griffbereit ist. Für Schaufel und Sonde gibt es in modernen Rucksäcken spezifische Fächer. Achtet darauf. Weiter sollte euer Rucksack die Möglichkeit einer Skibefestigung haben. Das werdet ihr, falls ihr mal zu Fuss gehen müsst, zu schätzen wissen.
Zu guter Letzt kommt es auf die persönliche Präferenz drauf an. Achtet darauf, dass der Rucksack anständig sitzt und er bequem ist. Macht euch Gedanken darüber, wie viel Fassungsvolumen er haben soll und welche Zusatzoptionen für euch relevant sind (zum Beispiel integriertes Trinksystem). Ein Tagesrucksack hat idealerweise ein Fassungsvolumen von 25 bis 30 Litern.
Alles, was übrigens mit der Ausrüstung zu tun hat, könnt ihr auch von unseren Bergsportberaterinnen und -beratern in Erfahrung bringen. Sie helfen euch gerne weiter – bucht am besten einen persönlichen Beratungstermin.
Die Lawinenausrüstung
Ohne LVS, Schaufel und Sonde solltet ihr auf keine Skitour gehen. Wir haben für euch die Geräte in einem separaten Blogbeitrag beleuchtet.
Foto © Mammut
Die Tourenplanung und Lawinenbeurteilung
Seid ihr ausgerüstet? Gut, dann kann es losgehen. Die ersten Touren mahct ihr sicher geführt. Besonders, wenn euer Ziel es irgendwann sein sollte, selbständig Touren zu unternehmen, werdet ihr euch immer mehr mit der der Tourenplanung auseinandersetzen.
Lernt, wie man das Lawinenbulletin liest, das Wetter interpretiert und wie ihr Gefahren auf der Landkarte einschätzen könnt, damit ihr bereits zu Hause eine optimale Tour auslesen und planen könnt. Das Credo dabei heisst: Üben, üben, üben.
Autodidaktisch werdet ihr viel Theorie lesen können, es ist jedoch unabdingbar, dass ihr mit professioneller Führung an die Praxis herangeleitet werdet. Kurzum: Geht auf geführte Touren, besucht Kurse und Ausbildungen, ihr werdet so am schnellsten und solidesten lernen und habt die grösstmögliche Sicherheit.
In unserem Programm Bächli on Tour und bei unserem Partner Bergpunkt findet ihr solche Touren und Ausbildungen. Wir empfehlen sie wärmstens.
Spannende Links zur Tourenplanung, die ihr euch merken solltet, sind folgende:
- Schweizerische Lawinenforschung
Aktuelles Lawinenbulletin, Ausgabe jeweils um 17 Uhr.
- Whiterisk
App und Website mit der aktuellen Lawinensituation und verschiedenen Karten zur Tourenplanung.
- Skitourenguru
Portal, bei dem ihr schnell abschätzen könnt, welche Touren bei der aktuellen Situation machbar sind.
- Gipfelbuch
Tourenportal mit vielen Berichten zu den aktuellen Verhältnissen.
- SRF Meteo
Wettervorhersage mit zuverlässigen Prognosen.
- Landi Wetter
Wetterprognose von Landi. Vielleicht nicht ganz offensichtlich, aber da der Service vor allem für Landwirte gemacht wird, ist vor allem der Niederschlagsradar sehr effizient.
- Bergfex
Schneeprognose: Wo fällt wieviel Schnee in den nächsten Tagen.
Der Start
Jetzt geht es ans Eingemachte. Auf die Ski und den Gipfeln entgegen. Hierbei gilt wieder: Übung macht den Meister und die Meisterin. Wer unerfahren ist, schliesst sich einer routinierten Gruppe an oder zieht mit einem Bergführer los. Experimente haben beim Skitouren – am Berg sowieso – nichts verloren. Auch alleine unterwegs sein ist keine gute Idee. Geht also stets konservativ vor.
Vor dem Aufstieg macht ihr zuerst einen LVS-Check. Sind die Geräte in Ordnung, lasst ihr sie im Sendemodus. Unterwegs sieht man kein LVS. Es ist immer von mindestens einer Kleidungsschicht überdeckt oder in einer mit einem Reissverschluss geschlossenen Hosentasche, die nur für das LVS reserviert ist. Laufende elektronische Geräte wie Handys sollten möglichst weit entfernt vom LVS getragen werden.
Die Technik
Mit den Fellen an den Ski lauft ihr nicht, ihr gleitet. Hebt die Füsse nicht an, sondern zieht die Ski über den Untergrund. Tendenziell versucht ihr eher grosse Schritte zu machen, der Druck bleibt auf der Ferse und nicht etwa auf den Zehen
Auch wenn ihr geübte Skifahrer oder im Sommer viel zu Fuss unterwegs seid: Lasst euch nicht täuschen, die Bewegungen und der Energieverbrauch sind beim Skitouren anders. Versucht ruhig und gleichmässig zu gehen.
Irgendwann wird ein Hang so steil werden, dass ein Richtungswechsel nur mit der berühmten Spitzkehre möglich sein wird. Diese ist in drei einfachen Schritten erklärt:
- Drückt beide Stöcke in den Hang, damit ihr sauber und stabil steht. Den bergseitigen Ski dreht ihr dann wie ein Scheibenwischer in die neue Richtung.
- Verlagert euer Gewicht auf den gedrehten Ski und schaut, dass ihr stabil steht. Nun habt ihr genügend Zeit für den schwierigsten, letzten Schritt.
- Stützt euch auf die Stöcke ab, hebt den zweiten Ski an und schwingt respektive kickt ihn ebenfalls in die neue Richtung. Das braucht etwas Übung und ist in steilerem Gelände oder in tiefem Schnee schwieriger.
Deshalb empfiehlt es sich, die ersten Versuche nicht unbedingt in einem 40 Grad steilen, neu verschneiten Couloir zu üben. Sucht euch eine flache Stelle und probiert einfach.
Über das Skitourengehen könnten Bücher geschrieben werden – was auch tatsächlich gemacht wurde, in unserem Shop findet ihr jede Menge davon. Die Themengebiete reichen dabei von Lawinenkunde über Technik und Planung. Wichtig ist nicht per se, welche (verlässliche) Quelle ihr lest, sondern dass ihr euch mit der Thematik beschäftigt.
Dieser Einstieg ist daher keinesfalls vollständig. Wir hoffen jedoch, dass wir etwas Licht ins Dunkel bringen konnten und freuen uns, den Einen oder die Andere demnächst auf Tourenski unterwegs zu sehen.
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