Offene Stellen

Newsletter

DE | FR | IT
  1. Erlebnis
  2.  > 
  3. Blog

Zehn Gipfel in 37 Stunden: Nicolas Hojac und Adrian Zurbrügg überqueren Berner Panorama in einem Push

Bächli Bergsport, Montag, 05. August 2024

Am 29. Juli brechen die Alpinisten Nicolas Hojac und Adrian Zurbrügg in den Berner Alpen ins Ungewisse auf. 37 Stunden und 5 Minuten später haben sie als erste Seilschaft nonstop die zehn Gipfel von Eiger, Mönch, Jungfrau, Rottalhorn, Louwihorn, Gletscherhorn, Äbni Flue, Mittaghorn, Grosshorn, Zuckerstock und Breithorn überquert. Ein hochalpiner Grenzgang der Superlative, auf dem 7000 Höhenmeter und 65 Kilometer nicht die einzigen Herausforderungen waren.

Eindrücke von einer Tour, die nur für erfahrene und ambitionierte Alpinisten machbar ist (Fotos: Nicolas Hojac).

Nicolas Hojac und Adrian Zurbrügg sind sehr erfahrene Alpinisten, die im Bereich des Speedbergsteigens bereits etliche gemeinsame Projekte absolviert haben. Mit diesem Projekt wollten sie herausfinden, was in einem einzigen Push ohne Schlaf möglich ist.

Für die Überschreitung der zehn Gipfel von Grindelwald bis auf die Fafleralp im Lötschental benötigten die beiden Berner 37 Stunden und 5 Minuten. Für andere Bergsteiger wäre dies ein 9- bis 10-tägiges Unterfangen. Der erste Teil der Tour von Eiger, Mönch und Jungfrau ist den beiden Alpinisten bestens bekannt, da sie im Sommer 2022 dort bereits einen neuen Speedrekord aufgestellt hatten. Doch dieses Mal musste dies in der Nacht bei absoluter Dunkelheit vollbracht werden, was deutlich schwieriger ist und mehr Zeit beansprucht.
 

Die gekletterte Linie über die Skyline des Berner Panoramas (Breithorn fehlt auf der Aufnahme).

Hojac und Zurbrügg starteten am 29. Juli um 14:55 Uhr in Grindelwald Grund, damit sie bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel der Jungfrau stehen und im ersten Tageslicht in den abenteuerlichen zweiten Teil der Überschreitung starten konnten.

Beim zweiten Teil der Überschreitung hat es Abschnitte die nur äusserst selten begangen werden und dementsprechend auch Abenteuergelände sind. Verwechtete Grate, offene Bergschrunde, aufgeweichter Schnee und teilweise brüchige Felsen erschweren das Vorwärtskommen. Der Routenverlauf ist nicht immer offensichtlich und verlangt den beiden alles ab.

Die Müdigkeit war neben der Hitze des Tages ihr grösster Feind, dazu kommt noch die Belastung der Höhe. Über 30 Stunden im Absturzgelände unterwegs zu sein, ist mental eine grosse Herausforderung. Lediglich im Jungfraujoch und auf dem Mittaghorn gab es eine Pause von rund 20-30 Minuten. Ansonsten waren sie nonstop unterwegs.
 

Besonders herausfordernd: Bergsteigen im Dunkeln (Fotos: Nicolas Hojac).

Diese hochalpine Überschreitung ist vermutlich die längste ihrer Art, die so in den Alpen in einem Push je gemacht wurde. Vergleicht man die Zahlen mit der bekannten Spaghetti-Tour bei Zermatt, wo man 18 4000er-Gipfel in einem Stück überschreiten kann, kommt man lediglich auf 30 Kilometer und 4400 Höhenmeter. Auch eine Patrouille de Glacier, die im Winter auf Skier gemacht wird, kommt nur auf 4400 Höhenmeter und 58 Kilometer. Lediglich die Überschreitung des kompletten Wettersteingrates kommt auf 70 Kilometer und 7000 Höhenmeter. Diese ist mit dem höchsten Punkt auf der Zugspitze (2962m) jedoch deutlich tiefer.

Es war nicht der erste Versuch von Hojac und Zurbrügg dieses Projekt zu absolvieren. Bereits im Sommer 2023 haben sie einen Versuch gestartet und mussten nach dem Mönch abbrechen. Die Nullgrad-Grenze war damals auf über 5000m und der Schnee ist in der Nacht nicht mehr gefroren. Auch dieses Mal war es mit einer Nullgrad-Grenze von 4700m ziemlich warm, doch der teilweise starke Wind liess die Grate abkühlen und den Schnee gefrieren.
 

Das Vorankommen im gefrorenen Schnee war für diese Tour entscheidend (Foto: Nicolas Hojac).

Unterwegs hatten sich die beiden jeweils in den Hütten wie Ostegg und Mittellegi verpflegt. Im Jungfraujoch hatten sie zuvor ein Depot eingerichtet und auf dem Mittaghorn war ein Support-Team, dass ihnen Wasser und Nahrung für die restlichen 13 Stunden brachte. Nochmals in die Nacht zu kommen war nicht ganz einfach, da die mentale Ermüdung nochmals zusätzlich getriggert wird. Nach einem langen Abstieg vom letzten Gipfel erreichen Hojac und Zurbrügg die Fafleralp am frühen Morgen des 31. Julis um 4:00 Uhr.

Das Projekt war ein absoluter Grenzgang mit ungewissem Ausgang, wobei es immer wieder Abbruchmöglichkeiten gegeben hätte. Dass am Ende alles geklappt hat, ist nicht selbstverständlich. Trotz der sportlichen Leistung war ihr oberstes Ziel gesund wieder zurückzukommen.

 
Fakten

  • Distanz: 65.03 km
  • Höhenmeter: 7029 m
  • Anzahl Gipfel: 10
  • Benötigte Zeit: 37:05:33
  • Stil: Supported
  • Verbrauchte Kalorien: 19572 kcal

Mehr über Athletinnen und Athleten bei Bächli erfährst du auf unserer Webseite.

Weitere Beiträge

Ein Traum wird wahr: Besteigung aller 82 Viertausender der Alpen zu Fuss und per Gleitschirm

Mit ihrem Projekt XPEAKS haben sich Bächli-Athlet Chrigel Maurer und Alpinist Peter von Känel einiges vorgenommen: Ihr Ziel war es, alle 82 4000er Berggipfel der Alpen gemeinsam zu besteigen und sich dabei ausschliesslich zu Fuss oder fliegend mit dem Gleitschirm zu bewegen. Mit GPS-Livetracking und Selfies auf allen Gipfeln haben die beiden ihr ambitioniertes und erfolgreiches Vorhaben dokumentiert.

Klettertour ohne Anstehen: Sgemögna 2545 m – Nordwand 6a

Raus aus dem Stau und rein ins Abenteuer: Hoch über dem Val Redorta im Tessin wartet eine einsame Nordwand mit viel Potenzial für neue Routen. Wer den Trubel der bekannten Klettergebiete scheut und nach einer Herausforderung sucht, ist hier genau richtig.

Von K2, Breithorn und anderen Barrieren: Nicole Niquille im Interview

Nicole Niquille war die erste Bergführerin mit Schweizer Pass und an den höchsten Bergen der Welt aktiv. Seit einem Unfall vor genau 30 Jahren sitzt sie im Rollstuhl. Im Interview spricht sie über modernes Höhenbergsteigen, Barrierefreiheit am Berg und im Alltag – und warum das Breithorn für sie heute schöner ist als früher.

Die Eroberung der Bergliteratur

Kann ein Holländer das «Bergbuch der Bergbücher» schreiben? Ja, findet unser Bergbuch-Rezensent Markus Rottmann, der beim «Unendlichen Gipfel» auf jeder Seite nicken musste.

40 Tage, 600 Bohrhaken - neue Route «Sully» am L’Argentine

Mit beeindruckender Hartnäckigkeit erschliessen Claude Remy und Jean-Michel Pauchard am L’Argentine eine neue Route. Über die Kunst, den Felsen zu seinem Vergnügen zu nutzen.

Wegweiser Tierra del Fuego - Feuerland im Dornröschenschlaf

Solo und in nur fünf Tagen erschloss Roger Schäli im Herbst 2022 eine neue Route am Roda Val della Neve. Wo? Falls ihr noch nie vom Roda Val della Neve gehört habt – macht euch keinen Kopf! Das ging mir nämlich genauso, als mich Tom Bärfuss – ein guter Kletterfreund aus dem Engadin – für eine gemeinsame Mehrseillängentour im Bergell anfragte.

Sitzt gut: Das müsst ihr über Klettergurte wissen

Er ist das Verbindungsglied zwischen Körper und Seil. Nebstdem er zur elementaren Sicherheitsausrüstung gehört, muss der Klettergurt auch Anforderungen an Ergonomie und Funktionalität gerecht werden. Diese sind je nach vertikaler Disziplin unterschiedlich. Daher nehmen wir die vielen Facetten der Gurte unter die Lupe und zeigen, welches Modell für euer nächstes Kletterabenteuer geeignet ist.

Tollkühn und hartgesotten: Die Bergvagabunden der 20er- und 30er-Jahre

Die 1920er- und 1930er-Jahre war die Zeit der Münchner Bergvagabunden. Es waren blutjunge, tollkühne und hart gesottene Bergsteiger, welche alpinistische Höchstleistungen vollbrachten. Sie fuhren mit den Rädern von München in die Alpen, schliefen in Heuspeichern oder unterm freien Himmel, kletterten im vertikalen Felsen oder stiegen durch brusthohen Schnee. Geld hatten sie keines, Zeit hatten sie reichlich. Ob die Vagabunden es wollten oder nicht, ein ganz bestimmter Kamerad war immer Teil der eigenen Seilschaft: der Tod.

Passende Inhalte

Kommentare

Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar schreiben