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Hilfe, da steckt kein Bohrhaken!

Marcel Dettling, Mittwoch, 13. Juli 2022

MSL-Klettern auf vollständig eingerichteten Routen ist eine zugängliche Sache, welche sich grösserer und grösserer Beliebtheit erfreut. Früher oder später aber wird manch einer Touren angehen wollen, die nicht vollständig mit Bohrhaken eingerichtet sind, sondern zusätzlich oder sogar hauptsächlich mit mobilen Mitteln abgesichert werden müssen. Das hat nichts mit Risiko und Adrenalinkick zu tun: viele Routen – gerade im Granit – können zuverlässig mit Cams und Keilen in Plaisir-Abständen abgesichert werden. Weitsichtige Erschliesser pflastern solche Passagen denn auch nicht mit Bohrhaken zu, denn wenn die Schöpfung nicht nur den Kletterer, sondern auch gleich noch seine Sicherheit mit eingeplant hat, so wäre es doch schade, der Natur ins Werk zu pfuschen.

MSL-Klettern auf vollständig eingerichteten Routen ist eine zugängliche Sache, welche sich grösserer und grösserer Beliebtheit erfreut. Früher oder später aber wird manch einer Touren angehen wollen, die nicht vollständig mit Bohrhaken eingerichtet sind, sondern zusätzlich oder sogar hauptsächlich mit mobilen Mitteln abgesichert werden müssen. Das hat nichts mit Risiko und Adrenalinkick zu tun: viele Routen – gerade im Granit – können zuverlässig mit Cams und Keilen in Plaisir-Abständen abgesichert werden. Weitsichtige Erschliesser pflastern solche Passagen denn auch nicht mit Bohrhaken zu, denn wenn die Schöpfung nicht nur den Kletterer, sondern auch gleich noch seine Sicherheit mit eingeplant hat, so wäre es doch schade, der Natur ins Werk zu pfuschen.

Trotz alledem, für Einsteiger und Plaisirkletterer ist die Hemmschwelle in (Semi-)Trad-Linien einzusteigen oft gross. Dieser Artikel soll eine Ermunterung dazu bieten, aber können das geschriebene Zeilen überhaupt, ohne dass sie zu risikobehaftetem Tun anstiften?!? Das ist ein Stück weit die Gretchenfrage. Es sei auch an dieser Stelle gesagt, dass zahlreiche kommerzielle Anbieter wie auch Vereine (z.B. SAC) immer wieder Angebote im Programm haben, in welchen das Clean Climbing vermittelt wird. Das ist sicherlich ein guter Ansatz, um die Grundlagen zu lernen und das erste Mal in die Praxis umzusetzen. Trotzdem, irgendwann kommt der Schritt, wo das erworbene Wissen in der freien Wildbahn umgesetzt werden soll, ohne etwas "Mut zum Risiko" und autodidaktischem "Learning by doing" wird man nicht auskommen. Welche Tipps kann man also mit auf den Weg geben?


Üben!

Wir gehen an dieser Stelle davon aus, dass der geneigte Leser eine Einführung in Form eines Kurses, Tutorials oder dergleichen genossen hat. Nun gilt es, Erfahrung zu sammeln. Idealerweise vorerst nicht gleich in der krassesten Trad-Route, sondern auf folgende Art und Weise…

  • Im Klettergarten oder auch auf vollständig mit Bohrhaken abgesicherten MSL legt man zusätzliche mobile Sicherungen. Sehr hilfreich ist es, die Placements danach mit dem Seilzweiten zu besprechen. Hätte die Sicherung gehalten? Was war gut, was hätte man besser machen können?
  • Wer schon etwas mehr Erfahrung gesammelt hat, kann nun auch damit beginnen, einzelne Bohrhaken mit mobilen Sicherungen zu ersetzen – sofern das Gelände dies zulässt, es muss ja nicht gleich an der Schlüsselstelle und/oder in Bodennähe sein! Die Ernsthaftigkeit ist beim Ersetzen von Bolts durch natürliche Absicherung selbstverständlich wesentlich grösser, doch der mentalen Komponente kommt beim Clean Climbing eben auch eine sehr wichtige Bedeutung zu.

Vertrauen aufbauen!

In Gelände "wo man sowieso nicht stürzt" über mobilen Sicherungen zu klettern ist das eine. Ihnen aber wirklich zu vertrauen, am Limit zu klettern und sich dennoch gut gesichert zu wissen, aber etwas ganz Anderes. Selbstverständlich aber ist es für die grossen Touren unabdingbar.

  • Mir persönlich hat das Aid Climbing (künstliches, bzw. Techno-Klettern) wesentlich geholfen, eine gute Beziehung zu Keilen und Klemmgeräten aufzubauen. Natürlich, das ist nochmals eine ganz eigene Disziplin und wir sprechen hier nicht von einem Versuch am El Cap, sondern davon, vielleicht einmal im Klettergarten einen Riss auf diese Weise zu versuchen! Man sollte aber unbedingt darauf achten, dabei den Fels nicht zu beschädigen, daher besser im Granit als im Kalk, in solidem Fels und an Orten, wo nicht filigrane, fürs Freiklettern wichtige Strukturen beschädigt werden können. Meine Lieblingstour dafür war immer die Route "Linda poco linda" im Klettergarten von Osogna, da konnte man sich früher nebenher auch an den Bohrhaken sichern (später wurden sie entfernt).
  • Eine zweite Möglichkeit um die Haltekraft von mobilen Sicherungen kennen zu lernen sind Stürze mit Hintersicherung – idealerweise auch im Klettergarten. Auch hier gilt wieder: bitte unbedingt Rücksicht auf den Fels nehmen und nur im soliden Gelände üben (ansonsten kann es bei abgesprengten Schuppen usw. dann auch echt gefährlich werden!).

Tourenauswahl

Irgendwann muss es aber schliesslich ernst gelten, d.h. auf eine MSL-Tour, wo man nicht mehr nur zu Übungszwecken mobile Sicherungen legt, sondern diese zwingend zu nutzen sind. Mit einer ungeeigneten Tourenauswahl kann man sich die Sache jedoch unnötig kompliziert machen…

  • Für den Beginn sicherlich hilfreich ist es, wenn die Schlüsselstellen (trotz allfälligen mobilen Möglichkeiten) gebohrt sind und man nur an einfacheren Stellen selber legen muss. Je mehr klettertechnische Reserven man aufweist, desto einfacher lässt es sich mobil sichern, bzw. je eher kann man auch einmal über eine Stelle hinwegsteigen.
  • Wenn dann schon längere Risspassagen mobil abgesichert werden müssen, so neigen gewisse Erschliesser dazu, hin und wieder "Sicherheitsbolts" anzubringen. Diese mildern die Ernsthaftigkeit oft massiv ab – ist doch daran nötigenfalls ein Abbruch der Übung möglich, man kann sich allenfalls mittels Backcleaning nochmals benötigte Cams zurückholen und nicht zuletzt gibt's auch weniger Orientierungsprobleme.
  • Andere Erschliesser (z.B. ist Michel Piola für diesen Stil bekannt) verzichten zwar konsequent darauf, an mobil abzusichernden Stelle zu bohren. Dafür sind die plattigen Passagen und die Standplätze solide und fair eingebohrt, was die Sache zumindest mental deutlich angenehmer macht.
  • Die Königsdisziplin sind sicherlich komplett cleane Touren, wo man auch für die Standplätze selber aufzukommen hat. Hier muss man sich nicht nur bezüglich dem Routenverlauf sicher sein und das nötige Gespür mitbringen, sondern es sieht auch in Sachen Rückzugsmöglichkeiten oft nicht sehr erbaulich aus. Tipp vom Autor: wenn ich eine solche Route angehe, so plane ich eine grosszügige Marge in Sachen Schwierigkeitsgrad ein und achte darauf, dass auch mit den äusseren Bedingungen (Wetter, Form, Kletterpartner) alles passt.

Es stellt sich nun natürlich die Frage, wie man eine entsprechende Tour auswählt. Kletterführer geben manchmal Hinweise, oft ist aber der wahre Charakter gar nicht so einfach aus den Angaben herauszulesen. Hier helfen Erfahrungsberichte, Blogs und persönliche Tipps weiter – und das ist vielleicht auch das Schöne am Clean Climbing. Man kann nicht nur mehr einfach im Clip & Go Konsumstil unterwegs sein, sondern muss sich etwas länger und intensiver mit seinen Projekten beschäftigen. Umso anhaltender ist in der Regel auch die Befriedigung, wenn man ein solches Unternehmen realisieren konnte.

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