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Grosse Rucksäcke für lange Touren: Worauf du achten musst

Nadine Regel, Montag, 29. April 2024

Ob grosse Skidurchquerung, ein Biwakwochenende oder mehrwöchiges Trekking: Grosse Vorhaben brauchen grosse Rucksäcke. Wir schauen mit unserem Rucksack-Experten Lukas Imhof auf den aktuellen Rucksackmarkt ab 30 Liter Volumen aufwärts.

Der Kauf des richtigen Rucksacks ist in etwa so individuell wie die Auswahl des richtigen Schuhs. Was bei den Schuhen die Passform am Fuss ist, stellt beim Rucksack die Rückenlänge, das Tragesystem und das allgemeine Tragefühl dar. «Wenn jemand zu uns in die Bächli-Filiale kommt, fragen wir zuerst: Für welchen Einsatzzweck benötigen Sie den Rucksack?», sagt Bächli-Einkaufsleiter Lukas Imhof. Die Antwort bildet die Grundlage für die anschliessende Beratung. Den Allrounder, der wirklich alle Einsatzbereiche abdeckt – von Tageswanderung über Bikeausflug, Fernwanderung bis hin zur Skidurchquerung – gibt es nicht.

«Ich habe bestimmt 20 Rucksäcke zu Hause», sagt Lukas Imhof, obwohl der Trend zu polysportiven Modellen gehe, fügt der 45-Jährige hinzu. Das gelte aber eher für Modelle unter 30 Liter Fassungsvolumen, die man auf Tagestouren zum Biken, Wandern und Klettern einsetzen kann. Ab einem Volumen von 30 Litern aufwärts werden die Einsatzbereiche zunehmend konkreter und die Anforderungen an den jeweiligen Rucksack spezifischer. 

Imhof nennt ein Beispiel: In die Filiale kommt ein Bergsteiger, der schon seit 20 Jahren seinen alten Alpinrucksack nutzt. Am nächsten Wochenende hat er einen Bergführer gebucht, um mit ihm aufs Bishorn, einen Viertausender im Wallis, zu steigen. Er wünscht sich einen neuen Rucksack, mit dem er seine komplette Ausrüstung für die Tour und die Hüttenübernachtung verstauen kann. «Für diesen Zweck eignet sich ein Rucksack mit 35 Litern Volumen», sagt Lukas Imhof. Für die Tour benötigt er Steigeisen mit Packsack, Verpflegung, Ersatzwäsche, einen Hüttenschlafsack, Handschuhe, Hardshell-Hose und -Jacke sowie das komplette technische Material wie Gurt, Karabiner, Eispickel und Eisschrauben. 

Beispiel: Das Modell Peak 35 von Ortovox bietet verschiedene Packmöglichkeiten
 

Das Feature-Set von Alpinrucksäcken ist auf die Fixierung von technischem Material ausgelegt. Das Seil findet dabei Platz unter der Deckeltasche und lässt sich dort mit einer Schlaufe befestigen, den Eispickel bringt man aussen am Rucksack an. Alpinrucksäcke sind zudem schmaler geschnitten, um Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Mit ähnlichen Features warten auch Skitourenrucksäcke auf, die zusätzlich Befestigungsmöglichkeiten für Skis und eine extra Kammer für die Lawinensicherheitsausrüstung benötigen. Beliebte Marken in dem Bereich sind Ortovox, Exped und die französische Marke Blue Ice, die extrem technische Rucksäcke herstellt.

Netz- oder Kontaktrücken? 

Der Einsatz bestimmt auch eine andere essenzielle Frage beim Rucksackkauf: Welches Rückensystem soll es sein? Zur Auswahl stehen grundsätzlich zwei Arten. Der Netzrücken eignet sich eher für leichteres Gelände, geringere Traglast und Volumina bis zu maximal 50 Litern. Dieser Rucksacktyp hat am Rücken eine Wölbung, die die Luftzirkulation erleichtern und Staunässe durch Schwitzen verhindern soll. Weil der Rucksack nicht ganz eng am Körper anliegt, verlagert sich der Schwerpunkt etwas nach hinten, was die Lastenkontrolle erschwert. Wandert man so auf einem Grat oder in anderweitig exponiertem Gelände, kann man schneller aus dem Tritt geraten. 

Der Kontaktrücken hingegen liegt möglichst eng am Rücken an und ist bei Kletterrucksäcken, aber auch grossen Trekkingrucksäcken verbreitet. Die Ventilation ist bei diesen Rucksäcken zwar schlechter, aber sie eignen sich für den Einsatz in schwierigem Gelände und sind durch ihre gerade Rückenform leichter zu packen. Hersteller haben auch für diese Form Belüftungsmöglichkeiten entwickelt, zum Beispiel durch gepolsterte Bahnen, den Einsatz von Meshgewebe oder durch die Polsterung mit Leerzellen. «Rucksäcke ab 50 Liter haben in der Regel nur noch Kontaktrücken», sagt Lukas Imhof.  

Links: Rucksack mit Kontaktrücken. Rechts: Rucksack mit Netzrücken.
 

Hochvolumige Rucksäcke ab 40 oder 50 Liter haben noch ein anderes Feature, das die Kaufentscheidung beeinflusst: die Rückenlänge. Bei kleinen Rucksäcken gibt es meist zwei Rückenlängen, eine normale Variante und eine Short-Variante, die die Bedürfnisse von «90 Prozent und mehr unserer Kundinnen und Kunden abdecken», sagt Imhof. Bei grösseren Modellen lohnt es sich, die perfekte Rückenlänge zu wählen, die man entweder über ein Stufensystem oder eine Schiene verstellen kann. 

«Die falsche Rückenlänge versaut einem die Tour, weil sich das auf die Physiologie und den ganzen Bewegungsablauf negativ auswirkt», sagt Bächli-Experte Imhof und gibt ein Beispiel: Ein Ehepaar wünscht Beratung für einen Trekkingrucksack. Sie planen ein einwöchiges Trekking durch den Sarek-Nationalpark in Schweden, bei dem sie ihre komplette Ausrüstung inklusive Verpflegung selbst tragen müssen und autark unterwegs sind. Das bedeutet, sie haben ein Zelt dabei, das etwa zwei Kilogramm wiegt, einen Kocher, Brennmittel, Proviant, Wechselkleidung, Schlafsäcke und Isomatten. Diese ganze Ausrüstung muss getragen werden. Lukas Imhof rät in diesem Fall zu einem 70- bis 80-Liter-Rucksack. Marken wie Gregory, Bach und Osprey haben in diesem Bereich komfortable Modelle im Sortiment.

Wo man Gewicht sparen kann 

Neben dem Volumen und der passenden Rückenlänge ist auch ein leistungsfähiges Tragesystem wichtig, das mit guten Hüftflossen beginnt. Ein Grossteil des Rucksackgewichts tragen beim Wandern nämlich die Hüften. Zusätzlich spielen Lastenkontrollriemen eine wichtige Rolle, um die Last mal näher am Körperschwerpunkt oder mal weiter weg tragen zu können. Speziell in schwierigerem Gelände sollte das Gewicht näher am Körper liegen, um eine Balance beim Gehen herzustellen und die Lasten effizient kontrollieren zu können. Darauf kann man auch mit dem richtigen Packen einwirken. 

Leichte Dinge gehören ganz unten in den Rucksack, die Daunenjacke und den Schlafsack stopft man als Erstes hinein. Auf Höhe der Schulterblätter werden die schweren Sachen transportiert, also technische Ausrüstung, Kocher, Gas, Wasserflaschen und Hygieneartikel.
 

Ein Grossteil des Rucksackgewichts wird von den Hüften getragen.

Wie in so vielen Berg- und Outdoorsportbereichen ist auch im Trekkingbereich der Ultraleicht-Trend nach wie vor stark im Kommen, sagt Ausrüstungsspezialist Lukas Imhof, «das ist in allen Kategorien spürbar». Der Trend kommt aus den USA vom Thru-Hiking, also dem wochen-, teils monatelangen Backpacking auf den bekannten grossen US-Fernwanderwegen Pacific Crest Trail, Appalachian Trail und Continental Divide. «Leute, die diese Trails machen, sind Gewichtsfetischisten», sagt Imhof. Dieses Mindset beginnt aber nicht erst bei der Wahl der richtigen Ausrüstung, sondern bei der Frage, auf was man alles verzichten kann. 

Als Lukas Imhof vor 25 Jahren einige Monate autark in Alaska unterwegs war, legte er vor seinem Aufbruch alles aus, was er mitnehmen wollte und fragte sich: Was brauche ich wirklich? Das empfiehlt er jedem. Nur an sicherheitsrelevanter Ausrüstung wie Wetterschutz und Erste-Hilfe-Set sollte man nicht sparen.

Auch beim Rucksack haben die spezialisierten Hersteller, wie etwa Hyperlite Mountain Gear, das Gewicht optimiert. «Dabei läuft es auf ein Material hinaus: Dyneema», sagt Imhof. Hinter dem Markennamen verbirgt sich ein Material, das bei minimalem Gewicht eine sehr hohe Strapazierfähigkeit und Reissfestigkeit bietet. Die hochtechnischen Ultraleichtmaterialien lassen sich nicht einfärben, deswegen sind Dyneema-Rucksäcke meist schwarz oder weiss. Die puristischen Rucksäcke bestehen oft aus einem Packsack mit Rolltopverschluss, haben meist keine oder nur wenige Befestigungsschlaufen und kommen mit simplen Tragesystemen und fixen Rückenlängen aus. Die Schweizer Marke Exped trägt mit ihrer Produktlinie Lightning dem Ultraleicht-Trend Rechnung, spart aber zum Beispiel beim Tragesystem nicht am Komfort, sodass die Rucksäcke nicht wie Konkurrenzprodukte unter 1000 Gramm wiegen. 

  • 1) Fixierungen: Unnötige Details summieren sich schnell: Wer nur wandern geht, braucht weder Helm- noch Pickelhalterungen am Rucksack. An seitlichen Kompressionsriemen kann man (fast) alles befestigen, sie verkleinern zudem ungenutztes Volumen. Einige Deckeltaschen lassen sich abnehmen und als Daypack verwenden.
  • 2) Richtig packen: Ins Bodenfach gehört voluminöse, nicht zu schwere Ausrüstung wie Schlafsack, Isomatte oder Reservekleidung. Es sollte zudem immer gut gefüllt sein, damit das Innengestell stützend wirken kann. Nah an den Rücken gehören schwere Gegenstände und Getränke, mit Kleidung füllt man Zwischenräume und stabilisiert Kleinkram. Die zentrale Frage beim Packen lautet: Wann muss ich ran?
  • 3) Hüftgurt: Die Hüften tragen rund drei Viertel der Last, der Hüftgurt sollte daher im Gegensatz zum Brustgurt stramm sitzen. Richtig platziert ist ein Hüftgurt dann, wenn sein oberes Drittel über dem Beckenkamm liegt. Wer viel mit dem Handy fotografiert, sollte im Laden testen, ob es in die Hüftgurttasche passt.
  • 4) Lastenkontrollriemen: Mit ihnen justiert man den Anstellwinkel des Rucksacks und damit auch, wie eng die Last am Körperschwerpunkt liegt – je näher, desto mehr Kontrolle. In leichterem Gelände lockert man sie zur Entlastung der Schultern etwas, aber nie so, dass die Schultergurte nicht mehr aufliegen.

Beim Thema Nachhaltigkeit setzen die Hersteller, wie auch in anderen Bereichen der Outdoorindustrie, auf alternative Imprägnierungen anstatt des umweltschädlichen PFC und auf wiederverwertete Materialien, zum Beispiel aus PET-Flaschen. Mit Bezug auf soziale Standards setzt beispielsweise Deuter bei seinen Rucksackmodellen auf das Gütesiegel Fair Wear, das bei Arbeitsbedingungen klare Richtlinien vorschreibt. 

«Das nachhaltigste Produkt ist aber immer noch das langlebigste», sagt Lukas Imhof und verweist auf interne Initiativen bei Bächli. Das fängt schon dabei an, den Rucksack nach dem Einsatz zu säubern. Beim Design der Rucksäcke achten Hersteller zudem darauf, dass «sämtliche Schnallen und Riemen» ersetzt werden können, ohne dass man den Rucksack «aufschneiden» muss. «Ersatzteile finden sich auch in den Bächli-Filialen oder sind in kürzester Zeit bestellbar», sagt Lukas Imhof. Im Fokus des Bergsportspezialisten Bächli steht auch, Reparaturen möglichst in der Schweiz umsetzen zu können, ohne die Produkte erst zum Hersteller schicken zu müssen. 

Zu diesem Zweck kooperiert Bächli beispielsweise mit Werkstätten im Land, die über die entsprechende Expertise verfügen. «Dafür braucht man besonderes technisches Know-how und Maschinen», erläutert Lukas Imhof. Und wie eingangs erwähnt: Ein gut sitzender Rucksack beschert dem Träger oder der Trägerin langfristig Freude. 

«Wir laden alle dazu ein, ihren Rucksack bei uns in der Filiale zu probieren», sagt Lukas Imhof. Sobald es technisch wird, Rückenlänge und Feature-Set entscheidend werden, sollte man den Rucksack probetragen, mit Stopfmaterial und Gewichten, damit die Erfahrung möglichst authentisch ist. Denn: Nicht jeder Rucksack passt auf jeden Rücken.

Leichter Langläufer 

Separates Bodenfach, elastische Seitentaschen, Zusatzvolumen, abnehmbares Deckelfach, verstellbare Rückenlänge, satte Polsterung: Unverkennbar ist der Aircontact Lite 45+10 SL von Deuter als Rucksack für lange Wander- und Trekkingtouren konzipiert. Zentral ist dabei das Rückensystem aus Alurahmen und offenporigem Funktionsschaum, das den Schwerpunkt nah am Körper hält, durch Pumpeffekte bei jeder Bewegung aber auch gut belüftet ist. Die SL-Variante ist mit kürzerem Rücken, schmäleren Schulterträgern und konischen Hüftflossen an die weibliche Anatomie angepasst. Unterfächer für Wertsachen und Nasswäsche, eine Hüftgurttasche und diverse Befestigungsoptionen für Helm, Stöcke oder Pickel machen die Ausstattung komplett – und das bei einem verblüffend niedrigen Leergewicht. 

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Riesiger Rotator 

Ob Sarek-Durchquerung, Island-Trekking oder Balkan-Erkundung: Wenn die nächste Verpflegungsoption mehrere Tage Fussmarsch entfernt ist, geht nichts über Volumen. Mit 75 Litern bietet der Baltoro 75 von Gregory mehr als genug davon, mit 25 kg Zuladung wird er spielend fertig. Damit das auch für seinen Träger gilt, dafür sorgt das Free Float Tragesystem, bei dem Schulter- und Hüftgurt beim Gehen mitrotieren und die Last so ideal verteilt. In Sachen Ordnung und Organisation punktet der Baltoro 75 mit «Vollaustattung», auch eine Regenhülle ist integriert. Feine Details wie die Sonnenbrillenhalterung, die grossen RV-Taschen am Hüftgurt oder der seitliche Trinkflaschenzugriff gewährleisten zudem, dass man den Rucksack möglichst wenig absetzen muss. Das robuste Aussenmaterial aus hochgradig dichtem und reissfestem Nylon hält auch langen Strapazen stand. 

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Kleines Multitalent 

Der Peak 35 von Ortovox verfügt über 35 Liter Volumen. Mit der stark auf alpine Ansprüche zielenden Ausstattung wie Halterungen für Pickel, Helm, Ski und Seil oder einem Steigeisenfach mit Abtropflöchern ist der Peak 35 ein idealer Rucksack für Hochtouren. Aber auch für mehrtägige Hüttenwanderungen eignet sich der Peak 35 perfekt. Der nah anliegende Vollkontaktrücken sorgt für beste Lastenkontrolle und ist mit Swisswool gepolstert – die kann viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne dass sich der Rücken nass anfühlt. Wer gern Ordnung im Rucksack hat, wird mit dem Peak 35 glücklich: Eine RV-Tasche am Hüftgurt, ein doppeltes Deckelfach, zusätzliches Frontfach bieten viele Optionen. Zugriff bietet der Peak 35 als Toploader oder per umlaufendem Frontreissverschluss.

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Gut zu wissen

  • Unsere Pflegeanleitung für Rucksäcke unterstützt eine längere Lebensdauer der Produkte
  • Bei Bächli on Tour kannst du an geführten Hoch- und Trekkingtouren teilnehmen
  • Hier findest du grosse Rucksäcke ab 60 Liter Fassungsvermögen
     

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