Mit der Industrialisierung begann der grosse Raubbau an der Landschaft. Klar, man wusste es vermutlich nicht besser, aber was die Natur an Schätzen freigab, wurde genommen – so wurden auch die Schweizer Moore zum Zwecke des Torfabbaus oder der Landwirtschaft regelrecht geplündert. Zudem wurden sie als unfruchtbares Land gesehen, ergo nutzlos für den Menschen. In den letzten 200 Jahren wurden so rund 90% aller Schweizer Moore durch Menschenhand vernichtet. Ein Bürgerbegehren in den 80er-Jahren setzte dem glücklicherweise ein Ende.
Moore sind nicht einfach irgendwelche feuchten Flecken in der Landschaft. Ihr Einfluss auf unser Klima und unsere Umwelt ist enorm: Die dauerhafte Feuchtigkeit des Bodens lässt abgestorbene Pflanzen zu Torf werden, dadurch bauen sie sich oft nur unvollständig ab. Durch diesen Prozess entstehen unglaubliche CO2-Speicher. Die schiere Immensität dieses Speichers ist schwer vorstellbar und wird erst im globalen Ausmass deutlich: Moore machen nur drei Prozent der weltweiten Landmasse aus, speichern jedoch einen Drittel des gesamten CO2 der Erde. Das ist doppelt so viel wie alle Wälder weltweit!
Die physikalischen Eigenschaften von Mooren sieht man schlecht von blossem Auge, doch wer genau hinschaut, entdeckt in diesen Feuchtgebieten ein komplett eigenes Universum. Schützenswerte Frösche, Vogelarten und weitere seltene Tierarten fühlen sich hier zu Hause. Aber auch die speziell angepasste Flora fühlt sich in den Ökosystemen wohl. Die Hälfte aller bedrohten Pflanzenarten finden sich in Mooren. Darunter der fleischfressende Sonnentau.
Sonnentau, Foto von Théotim THORON
Die arg in Bedrängnis gekommenen Moore unterliegen heutzutage glücklicherweise strengen Schutzmassnahmen – zumindest in der Schweiz. Weltweit wird noch immer Torf aus Feuchtgebieten abgebaut und auch hierzulande beispielsweise als Blumenerde verkauft. Also Augen auf im Gartencenter! Apropos Augen auf: Das geht am einfachsten bei einem Besuch eines Moores. Feldstecher, vielleicht zusätzlich eine Lupe und einen Führer der Region einpacken, die wasserfesten Wanderschuhe schnüren; es gibt viel zu entdecken:
- Val Frisal, Graubünden
Auf 1’900 Metern über Meer oberhalb von Brigels liegt das drei Kilometer lange Hochtal Val Frisal. Je nach Jahreszeit blüht das Moor in den unterschiedlichsten Farben.
- Hochmoor Chaltenbrunnen, Berner Oberland
Das höchstgelegene Moor Europas. Ab Meiringen geht es aufwärts, die Belohnung ist das Farbenmeer der Blumen inmitten der Bergwelt.
- Biosphäre Entlebuch, Luzern
Von der UNESCO geschützte Landschaft. Im gesamten Gebiet befinden sich 135 Moore, davon 20 Prozent aller Schweizer Hochmoore.
- Hochmoor Rothenthurm, Schwyz
Das grösste zusammenhängende Hochmoor der Schweiz. Ideal auch für gemütliche Spaziergänge.
- Jurahöhen dies- und jenseits der Grenze
Die jurassischen Hochebenen sind durchzogen von ursprünglichen Sümpfen und Mooren – hier finden Naturliebhaber ein wahres Paradies an beinahe unberührter Landschaft.
In Moorlandschaften gibt es strikte Regeln: Man bewegt sich ausschliesslich auf den markierten Wegen, übernachtet nicht im Gebiet und hinterlässt weder Spuren noch Abfall.
Wer mit Kindern unterwegs ist, findet in Mooren besonders dankbare Ausflugsziele. Einerseits sind sie oft leicht zugänglich, andererseits sind sie der perfekte Tummelplatz für kleine und grosse Entdeckungen. Wissen weitergeben ist hier das Credo. An vielen Orten finden sich zudem Naturlehrpfade, die ausführlichere Informationen zum Moor bieten.
Und wenn wir schon dabei sind, ein kleiner Wissenshappen zum Schluss: Hoch- und Niedermoore definieren sich nicht durch ihre geografische Lage, sondern durch die Speisung des Wassers. Entweder durch Regen- oder durch Grundwasser.
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