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Der grosse Guide für erholsame Zeltnächte in den Bergen

Marco Peter, Donnerstag, 21. Juli 2022

Es ist ein unbezahlbares Gefühl der Freiheit, mit dem Zelt unterwegs zu sein. In unmittelbare Nähe zur Natur zu übernachten, nachts den Bach rauschen oder die Kuhglocken in der Ferne zu hören und draussen in der Wildnis einschlafen zu können, ist jedes Mal ein einzigartiges Erlebnis. In diesem ultimativen Guide erfährst du alles, was du für erfolgreiche und erholsame Zeltnächte in den Bergen wissen musst.

Ich habe schätzungsweise 60 Nächte hintereinander im Zelt verbracht, als ich vor rund 10 Jahren per Autostopp bis nach Schottland und wieder zurückgereist bin. Danach war ich süchtig nach Zelten. Es folgten mehrere weitere Trips in Europa und verschiedene Wandertouren in den Schweizer Alpen. Wenn ich draussen im Zelt übernachten kann, an einem wunderschönen Spot irgendwo hoch oben in den Bergen, mit einer fantastischen Aussicht, dann ist die Welt für mich in Ordnung. Nachfolgend fasse ich alles zusammen, was ich in dieser Zeit an Erfahrung gesammelt habe.

Es fängt sehr nüchtern an:


Planung und Vorbereitung

  • Studiere und plane deine Wanderroute genau. Verschaffe dir einen Überblick über die Dauer der Wanderetappen, die Auf- und Abstiege, Raststationen wie Alpwirtschaften oder Berghäuser. Hier setze ich schweizmobil.ch, die Karten des Bundes, Google Maps oder die gute alte Papierkarte ein. Selbstverständlich solltest du über die anstehende Wetterentwicklung Bescheid wissen und eine Vorstellung der Bedingungen auf der Wanderung haben. Die SAC-Hütten geben dir gerne Auskunft darüber, ob noch Altschnee liegt, wie viele Wanderer unterwegs sind, welche Ausrüstung diese bei sich tragen, etc.

  • Der Entscheid für die Lagerstätte wird zu Hause in der Stube gefällt und nicht oben auf dem Berg: Suche dir bereits im Vorfeld eine geeignete Stelle aus, an welcher du dein Lager aufschlagen wirst. Stelle sicher, dass die Location kein Gefälle aufweist (Topo auf schweizmobil.ch oder den Bundeskarten) und der Untergrund das Aufstellen eines Zeltes auch ermöglicht.

  • Lass dich nicht auf Test raus und vermeide Situationen, in denen du einen langen Tag mit ausgedehntem Bergwandern und beinharten Höhenmetern hinter dir hast und dann abends oben auf der Passhöhe noch lange nach einem passenden Zeltplatz suchen musst. Du wirst ungeduldig und unkonzentriert sein und eine schlechte Entscheidung treffen.

  • Mein persönlicher Tipp an dich: Installiere die Rega-App und nimm dein Smartphone mit. Digital Detox ist schön und gut, aber mach nicht den leichtsinnigen Fehler und verwechsle die Bergwelt mit der heimischen Joggingroute oder dem Fitnessstudio. Wenn es zu einem Notfall kommt, bist du auf dein Smartphone angewiesen.


Praktisch: Auf den Karten des Bundes lassen sich Sperrzonen einblenden.


Ausrüstung und Packen

  • Der Charakter deiner Tour und der Charakter deines Zeltes sollten sich decken. Das einwandige Wurfzelt aus dem Discounter hat nichts auf einer mehrtägigen Bergtour verloren.

  • Die Qualität eines Zeltes hat zwar ihren Preis, sie wirkt sich aber direkt und linear auf das Erlebnis deiner Touren aus. Leistungsfähige Zelte sind leicht, stabil und halten einiges an Regen und Wind aus. Sei bereit, die nötige Investition in ein gutes Zelt zu tätigen und du wirst nicht genug von den Mehrtägern bekommen.

  • Lass dich bei der Zeltbeschaffung beraten: Kuppel- oder Tunnelzelt, Packgewicht, Gestänge, Grösse, Saisonalität, Belüftungsmöglichkeiten, Grösse der Apsis (Stauraum), Material und Beschichtung, Wassersäule? Finde den perfekten Mix, der für dich passt.

  • Kleines, aber mitunter wichtiges Detail: Achte auf die Farbe für dein Zelt. Willst du mit Orange oder Rot auffallen oder dich lieber mit Grün oder Sandfarben tarnen?

  • Immer mit dabei habe ich Insektenschutz, mein Taschenmesser, Stirnlampe, ein kleines Erste-Hilfe-Set und eine Power Bank für das Telefon.

  • Auch mitnehmen: einen 35l-Abfallsack. Du erfährst später, warum.

Pro-Tipp: Drei oder vier Kabelbinder und etwas Schnur dabeihaben! Sollte irgendwas reissen oder brechen, kann man es damit vielleicht notdürftig reparieren. Falls dir Klebeband lieber ist, dann nimm nicht gleich die ganze Rolle mit, sondern begnüge dich mit einem Meter, den du um deine Thermosflasche oder Ähnliches wickelst.

Oberhalb von Waldgrenzen oder auf alpinen Wiesen ist das Zelten weitgehend erlaubt. Es sind jedoch Schutzgebiete und Regeln zu beachten.


Spot aussuchen und Zelt aufbauen

  • Ganz grundlegend: Es gibt Regeln. Beachte diese unbedingt. Wo du dein Nachtlager unbedenklich in der Schweiz aufbauen kannst, liest du in diesem Blogpost.

  • Was gar nicht geht, ist der Zeltaufbau in Schräglagen. Das habe ich in der frühen Phase meiner Zeltkarriere nur einige wenige Male gemacht und nachher nie wieder. Die Nächte in Schräglagen grenzen an Folter. Genau hier kommt die gute Planung wieder ins Spiel: Du hast das Topo studiert und weisst genau, wo die ebenen Stellen für deine Nacht zu finden sind.

  • Exponiere dich nicht dem Wind, sondern verziehe dich hinter Felsbrocken, Bäume oder Sträucher, wenn das möglich ist. Achte aber darauf, dass du nicht in potenziellen Felssturzzonen nächtigst. Auch davon hast du dir in der Planungsphase bereits ein Bild gemacht.

  • Ich lege jeweils grossen Wert darauf, ausser Sicht der Bergroute zu nächtigen. So geniessen alle Anderen ein ungestörtes Landschafsbild und ich werde auch weniger gestört, wenn man gar nicht weiss, dass ich hier bin.

  • Achte bei deinem Spot genau auf den Boden: Hat es scharfkantige, störende Steine? Stachelige Pflanzen? Diese werden nicht nur deine Schlafqualität beeinflussen, sondern auch die Langlebigkeit des Zeltes.

  • Ich habe für mein Zelt immer den dazugehörenden Footprint – den Unterlagsboden, dabei. Er sorgt dafür, dass mein Rucksack und die Bergschuhe in der kleinen Apsis nicht auf dem Naturboden stehen und Wasser ziehen und er schützt ausserdem den Boden des Innenzeltes. Der Footprint hat exakt die Masse meines Zeltes und ragt nicht wie eine selbst mitgebrachte Plane hervor, welche das Wasser wie ein Trichter unter dem Zelt sammeln wird.

  • Richte den Zelteingang immer in die vom Wind abgewandte Seite. So füllt sich dein Zelt nicht plötzlich wie ein Ballon und nimmt möglicherweise Schaden. Es flattert schon genug herum, da muss die Eingangslasche nicht auch noch zur Fahne werden.

  • Beim Hinuntertreiben der Heringe kommt wieder die Qualität deines Zeltes zum Zuge. Gute Heringe halten was aus und lassen dich nicht im Stich, wie es Billigheringe schon beim leichtesten Druck tun. Wenn sich die Heringlaschen an deinem Zelt verstellen lassen, kannst du versteckten Steinen im Boden sogar leicht ausweichen, ohne das ganze Zelt umpositionieren zu müssen – wenn dein Spot das überhaupt zuliesse.

  • Apropos Heringe: Falls gar nichts geht, dann werde kreativ. Nutze Steine zur Befestigung oder binde die Leinen irgendwo fest.

  • Sorge für eine adäquate Spannung des Aussenstoffes und vermeide ein Durchhängen von ebendiesem. In diesem Falle kommt es zur Berührung mit dem Innenzelt und Feuchtigkeit wird bald eindringen.

  • Die Sturmabspannung gehört aus meiner Sicht immer eingerichtet. So hat dein Zelt eine viel höhere Stabilität, wenn es zu unerwarteten Wetterwechseln kommt.

Pro-Tipp: Senkungen und Vertiefungen vermeiden. Wenn der Regen kommt, sammelt sich das Wasser in ihnen und du und dein Zelt werden womöglich geflutet.



Kurz und knackig: Zeltaufbau-Tipps von Vaude


Essen, Trinken, Schlafen

  • Egal, ob du einen Gas- oder Benzinkocher einsetzt und ganz egal, wie das Wetter ist, du solltest unter keinen Umständen in der Apsis oder gar im Inneren der Schlafkammer kochen. Eine winzige Glut reicht im schlimmsten Fall aus und dein Zelt geht in Flammen auf.

  • Für das kleine Extra-Feeling und die stilvolle Belohnung nach einem anstrengenden Aufstieg hatten wir auf einigen Touren Outdoor-Weingläser dabei. So konnten wir die Halbliterflasche Wein, die wir bei der letzten Hütte auf der Tour noch über die Gasse gekauft hatten, mit Klasse geniessen, während sich die Sonne in der Ferne hinter den Horizont senkte.

  • Mit dem Badetuch, der Jacke oder was auch immer gerade zur Verfügung stand, forme ich mir jeweils ein behelfsmässiges Kopfkissen. Einfach aufrollen, ausstopfen, zusammenknüllen und fertig.

  • Das Smartphone kommt bei mir nachts an die Power Bank, damit es für den nächsten Wandertag voll aufgeladen und bereit für fotografische Ergüsse ist.

  • Auch wenn es richtig kalt werden kann, richte den Wecker auf mitten in der Nacht oder auf den ultrafrühen Morgen, verlasse den Schutz des Schlafsacks und des Zeltes und trete hinaus unter den freien Himmel. Es wird sich dir ein Sternenpanorama bieten, das dich umhaut. Das sind die Momente auf deinen Touren, an die du dich noch lange erinnern wirst und in denen du für einen kurzen Moment eins mit dem Universum werden kannst.

Pro-Tipp «Heizsteine»: Wenn dir auf deiner Tour der Luxus eines offenen Lagerfeuers vergönnt ist, dann hole dir einen ordentlich grossen Stein und wärme ihn im Verlauf des Abends am Feuer auf. Der Stein darf keine scharfen Kanten haben. Wenn du dich in den Schlafsack verziehst, wickle den aufgewärmten Stein in Zeitungspapier (oder Badetuch oder verbrauchtes Shirt vom Wandertag) ein und nimm ihn mit ins Zelt oder in den Schlafsack. Je nach Grösse und Beschaffenheit wird er dir bis in die Nacht hinein Wärme spenden und dich behütet einschlafen lassen.

Love-Tipp für Verliebte: bei beiden Schlafsäcken die Reisverschlüsse aufmachen und die Reisverschlussläufer beim jeweils anderen Schlafsack wieder einfahren. So werden aus zwei einzelnen Schlafsäcken ein einziger grosser, der Verliebten die nötige Nähe in der Bergnacht erlaubt.


Gute Nacht!


Nachbereitung

  • Wenn du so wie ich zu jener Sorte Mensch gehörst, die es in der Frühe kaum erwarten kann, aus dem Zelt zu treten, die Welt zu umarmen und weiter zu ziehen, dann wird dein Zelt selten genügend Zeit haben, damit es die ganze Kondensationsfeuchte an der Morgensonne abdunsten kann. Du wirst es wohl oder übel feucht verpacken müssen – sowieso, wenn es über Nacht geregnet hat. Hier kommt der 35l-Abfallsack zum Zuge. Er trennt das nasse Zelt in deinem Rucksack von all den anderen Dingen und hält diese trocken.

  • Zurück zuhause unbedingt das Zelt im Garten nochmals komplett aufstellen, sämtlichen miteingerollten Dreck entfernen und es komplett austrocknen lassen. So hast du auch die Möglichkeit, den Unterboden zu betrachten und eventuelle Schäden zu entdecken. Anschliessend kannst du es verstauen, bis die nächste Tour ansteht.

  • Halte dich in der Zwischenzeit an die Pflegehinweise aus dem Fachgeschäft oder gemäss Herstellerseite.

Über Tipps und Tricks fürs Campieren am Berg könnten Bücher geschrieben werden. Meine Hinweise sollen daher als Denkanstoss gelten. Bereite dich so gut vor, wie es geht; lerne dazu, probiere aus und mach deine eigenen Erfahrungen. So wirst auch hoffentlich du bald leidenschaftlich mit Zelt, Isomatte und Schlafsack die Nächte auf schönen Gipfeln verbringen.


Über den Autor
Marco liebt es, draussen zwischen Talsohle und Alpengipfel kleine und grosse Abenteuer zu erleben. Das Schreiben ist seine Passion und er glaubt ungebrochen an die Kraft von spannenden Geschichten. Das hat er zu seinem Beruf gemacht und heute ist er digitaler Marketer und selbstständiger Contentprofi. Marco spricht fließend Digital, fotografiert leidenschaftlich, rennt, klettert, übernachtet im Zelt und seit er einen VW-Bus besitzt, besteigt er eigentlich kaum noch ein Flugzeug. 
 

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