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Charmant und mit Leidenschaft: Drei fabelhafte Berghotels in Graubünden, im Berner Oberland und im Tessin

Peter Hummel, Donnerstag, 06. Juni 2019

Ganz charmant, aber nur knapp ein Dutzend Zimmer – für einen Betriebswirtschaftler rentieren sich solche Hotels kaum. Doch mit klarem Fokus, einer nachhaltigen Vision und jeder Menge Engagement sind selbst kleine Häuser erfolgreich. Wir stellen Ihnen drei fabelhafte Unterkünfte im Bündner und im Berner Oberland sowie im Tessin vor.

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MEDELINA, CURAGLIA
SANFTE VISION IM VAL MEDEL


Bringt Leben ins Val Medel: Das Hotel Medelina bereichert auch mit kulturellen Veranstaltungen das Dorfleben.

Ankommenden Gästen erscheint Curaglia als erstaunlich intaktes Bündner Oberländer Bergdorf: mit Dorfladen und drei Hotels – fast ein Luxus für den kleinen Ort an der Passstrasse zum Lukmanier. Hier hält heute kaum mehr jemand, es gibt kaum eine «touristische Infrastruktur». Doch der Schein trügt: In den vergangenen 50 Jahren hat die Gemeinde mehr als die Hälfte ihrer Einwohner verloren, derzeit leben noch 386 Menschen im Ort, im vergangenen Jahr musste die Schule geschlossen werden. Doch es gibt zum Glück eine Gegenbewegung, angetrieben von einem guten Dutzend «Auswärtiger», die zum Beispiel eine Käserei installierten, um die Milch aus der althergebrachten Ziegenhaltung wieder im Ort verwerten zu können. Rico Tuor aus Disentis gilt hier fast als Einheimischer. Und das half ihm, um für die Umnutzung des aufgegebenen Alten- und Pflegeheims zu einem Hotel Investoren zu gewinnen. Mit seiner Partnerin Livia Werder eröffnete er vor gut zwei Jahren die Medelina.

Das Haus liegt am oberen Rand von Curaglia mit Ausblick auf das Dorf, das Val Medel, einem Seitental der Surselva, und die umliegenden Gipfel. Der einheimische Architekt Conrad Pally hat ihm ein neues Gesicht gegeben. Massivholz aus hiesiger Arve, Lärche und Fichte verleiht eine charmant behagliche und helle Ambiance, in der sich die Gäste sofort wohlfühlen. Eine Besonderheit sind die Flechtdecke und die puristischen Stühle von Schreinermeister Robert Bundi aus Surrein. Diese fanden so guten Anklang, dass sie hier nun auch verkauft werden. Es gibt 15 Hotelzimmer, jedes einem anderen lokalen Handwerk, Kultur- oder Naturthema des Val Medel gewidmet. Im Restaurant «Marenda» stellt Aluis Albin das Abendmenü vor. Dann folgen die Rechauds – alle Speisen werden in Schüsseln serviert. Auf den Tisch kommen selbstverständlich vor allem Produkte aus der Region. Nach dem Essen locken weder Ausgang noch TV, dafür «Egliada», die Bibliothek. Sie bietet Einsichten in die vielfältige Geschichte der Region um das Val Medel und Anregungen für zahlreiche Unternehmungen. Im Bildungs- und Kulturraum «Arcun» gibt es Seminare, Kurse und Retraiten, aber auch öffentliche Veranstaltungen. Denn Rico Tuor tritt in der Medelina mit dem Anspruch an, mit kulturellen Anlässen auch das Dorfleben zu bereichern.

Seit der letztjährigen Wahl zum Gemeindepräsidenten fehlt ihm nun zwar etwas die Zeit dafür, doch sein Anliegen ist dadurch nur noch gewachsen. Er will so die abgeschiedene Talschaft aus ihrer Isolation holen. Es sei sein persönlicher Beitrag im Kleinen, was der Region im Grossen verwehrt blieb: 2016 schmetterte nämlich das Stimmvolk in den Gemeinden hüben und drüben des Lukmaniers die Schaffung des Parc Adula ab. Zur grossen Enttäuschung von Tuor, der im Projektteam als Regionalentwickler tätig war. Denn auch drei Jahre später ist Rico Tuor von der Vision des sanften Tourismus und vom nötigen Wandel überzeugt: «Immer mehr Touristen suchen genau solche Orte. Und die Landschaft des Val Medel erzählt unzählige Geschichten der bäuerlichen Kultur – vom Bergackerbau, von den historischen Verkehrswegen und vom traditionellen Handwerk. Wir müssen lernen, unsere Kultur in Wert zu setzen, ohne daraus Folklore zu machen.»

Info:
Das Medelina am Rande des Gebiets Lukmanier-Greina-Sumvitg ist ein idealer Ausgangspunkt für alpine Berg- und Skitouren. Wer nicht ganz so hoch hinaus will, kann im Sommer mit Geissherz.ch ein Trekking mit Packziegen machen oder ein Lamatrekking zur Versorgung der befreundeten Medelserhütte. Bei Hudelwetter kann selber Frischkäse hergestellt oder das Waldkino in der Academia Vivian besucht werden (ein Mehrzwecksaal oberhalb des Dorfes, der in einer vom Orkan Vivian verursachten Waldschneise errichtet wurde). Winters bieten sich mehrere Schneeschuhrouten im Ort oder Langlauftouren in der Surselva an.

medelina.ch

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CASA MARTINELLI, MAGGIA
DAS BESTE AUS BEIDEN WELTEN


Altes Zollhaus mit modernem Anbau: Zentral einsam liegt die Casa Martinelli am Dorfausgang von Maggia.

Im Jahr 2008 wollte Monika Gmür ihrem Leben nochmals eine Wende geben: Sie verliess das sichere Heim am Zürichsee und klapperte das ganze Tessin ab, um ein Haus für ein kleines Hotel oder eine Pension zu finden. Nach langem Suchen verliebte sie sich in ein Zollhaus aus dem 17. Jahrhundert: die Casa Martinelli, ein solitärer Bau zwischen Brücke und Kirche am Dorfausgang von Maggia in Traumlage. Allerdings gehörte das Haus den Ordensschwestern von Don Guanella, die normalerweise keine Liegenschaften veräussern. Da es aber schon seit 20 Jahren leer stand, machten sie für Monika Gmür eine Ausnahme. Jedoch brauchte es noch den weiteren Glücksfall, dass ihr ein Baumeister den Kontakt zu Luigi Snozzi vermittelte, der an diesem Objekt ebenfalls Gefallen fand. Nach einer ersten Planung war klar, dass diese Casa, so stattlich sie erschien, zu klein war für ein Hotel. Der berühmte Tessiner Architekt entwarf einen puristischen Annex als Kontrast. Nach vier Jahren Bauzeit und Sanierung war die neue Casa Martinelli parat: Mit acht grosszügigen Zimmern im Neubau und zwei Einzelzimmern im Altbau, in dem sich auch der stimmungsvolle Frühstücksraum und die Bibliothek befinden. Im Gewölbekeller darf man sich jederzeit mit Tranksame und Maggia-Spezialitäten bedienen – und sich daran im grosszügigen Garten delektieren.

Zu Beginn musste Monika Gmür allerdings erfahren, dass auch mit den reputierten Namen Martinelli (ein eingesessenes Maggia-Geschlecht) und Snozzi das Geschäft nicht von alleine läuft. «Erst als ich das Etikett ‹Boutique-Hotel› beifügte, hat es Klick gemacht», berichtet die Hotelchefin. Gewiss profitiere sie auch noch von einem anderen Namen, gesteht Monika Gmür: Ihr Vater war der bekannte Autor Hans Gmür. Und selbst bringt sie ein breites Kontaktnetz aus der Deutschschweiz mit. Doch die Promis kommen heute aus dem Maggiatal, respektive aus der ganzen Welt: Denn sie beherbergt seit Jahren die Stars des «Vallemaggia Magic Blues» Festivals, wie Joan Armatrading, Nazareth, Status Quo oder dieses Jahr Philipp Fankhauser und Ten Years After. Auch der kulturaffine Bundesrat Alain Berset logierte hier schon auf dem Weg zu einem Auftritt. Geschätzt wird die ruhige Unterkunft auch von Gästen des Locarno Film Festivals, die sich nach dem mondänen Trubel ins Maggiatal zurückziehen können. «Die zentrale Lage mitten im Maggiatal bietet eben die Annehmlichkeit, die Natur und die Berge geniessen zu können, und zur Abwechslung doch schnell in Ascona oder Locarno zu sein, um einem der Festivals beizuwohnen», sagt die charmante Gastgeberin. So haben sie eben «The best of both worlds»!

Info:
Direkt von Maggia aus kann man einen Rundgang durch die Dörfer Moghegno und Lodano, den Auenwald entlang der Maggia und über zwei moderne Hängebrücken machen. In Maggia selber und weiter hinten im Tal wandern (Canyoning light). Im Val Bavona und im Val Lavizzara, den hinteren Ästen des Valle Maggia, sowie um die beiden Stauseen Robièi und Sambuco gibt es anspruchsvolle Wanderungen.

casa-martinelli.ch

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LE PETIT RELAIS, SAANENMÖSER
ZWEI-STERNE-LUXUS


Mehr als zwei Sterne: Das Petit Relais ist eine familienfreundliche Unterkunft für Biker und Wanderer.

Der Name ist ja neckisch: Er ist zum einen eine Anspielung auf all die Relais und Grand Hotels, die sich im Saanenland in seltener Dichte finden. Le Petit Relais will aber genau einen Kontrapunkt dazu setzen: Als einziges «Nur-2-Sterne-Hotel» weit und breit ist es besonders exklusiv. Saanenland Tourismus ist froh, dank diesem Haus in dieser Kategorie überhaupt eine Unterkunft anbieten zu können, und zudem noch eine sehr empfehlenswerte. Gerade preisbewusste Familien und junge Paare lockt es an, nur wenige «Sterngucker» hält es ab …

Der einfache Stil und die französische Bezeichnung liegen quasi in der Familie: Die Eltern von Solveig Lanz Kernen führten den Betrieb rund 35 Jahre als «Ferienkolonie Le Refuge». Immerhin steckt hinter der Bezeichnung noch eine weitere Idee: «Weil das Hotel just am höchsten Punkt der Nationalen Velolandroute 9 liegt, soll es für die Radler auch eine Relaisstation im hergebrachten Sinne sein – ein Etappenhalt», sagt Solveig, die selbst aktive Bikerin ist. Auch wenn die Velotourer noch nicht dominieren, das Le Petit Relais ist ein zertifiziertes Bikehotel mit der nötigen Infrastruktur – und einem Whirlpool, um die müden Beine zu entspannen.

Doch das 2-Sterne-Hotel funktioniert nur dank seines schlanken Betriebs: Thomas Kernen und seine Frau Solveig schmeissen das ganze Hotel mit elf Zimmern quasi alleine, Aushilfen werden nur hinzugezogen, falls Not am Mann ist. Einen einzigen Abstrich gibt es beim Service: Auch beim Abendmenü gilt Selbstbedienung. Nach den Salaten gibt es ein Buffet mit grossen Töpfen auf heissen Platten, an dem sich die Gäste frei bedienen können. An der Qualität soll’s deswegen keinesfalls fehlen – Köchin Solveig bereitet alle Speisen frisch und sehr kreativ zu. Und die Gastfreundschaft der Besitzer ist sowieso überdurchschnittlich. «Dieser unkomplizierte Verköstigungsstil wird vor allem von Familien ausserordentlich geschätzt», erzählen die beiden. «Abgesehen davon, dass er preiswert ist, kann jeder so viel schöpfen, wie er mag.» Gut aufgehoben fühlen sich Familien aber auch dank der geräumigen Familienzimmer, der in die Lounge integrierten Spielecke und dem kleinen Spielplatz. Zudem sorgt Hotelierssohn Janne dafür, dass es den kleinen Gästen nie an einem Spielgefährten fehlt!

Info: Direkt von Maggia aus kann man einen Rundgang durch die Dörfer Moghegno und Lodano, den Auenwald entlang der Maggia und über zwei moderne Hängebrücken machen. In Maggia selber und weiter hinten im Tal wandern (Canyoning light). Im Val Bavona und im Val Lavizzara, den hinteren Ästen des Valle Maggia, sowie um die beiden Stauseen Robièi und Sambuco gibt es anspruchsvolle Wanderungen.

Info:
Die Gastgeber sind versierte Biker und helfen gern Routentipps weiter. Zudem gibt es an der nahen Hornfluh einen Klettergarten sowie einen kurzen Klettersteig der Kategorie S1. Rund um Saanenmöser gibt es zahlreiche Bike- und Wandertouren, für Familen besonder spannend sind die Geocaching-Touren rund um Saanenmöser.

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