Meine erste Erfahrung mit Winter-Campieren machte ich 2016 auf einer Skitour in den Schweizer Alpen. Die grosse Bannalper Rundtour wollten wir mit einer Nacht im Zelt etwas anders angehen und so wie viele dachte auch ich mir, dass das eine ziemlich eisige Unternehmung werden würde. Nach der Tour kann ich sagen, ich habe weniger gefroren als in mancher Sommer- oder Herbstnacht. Aber fangen wir von vorne an.
Wer in der Schweiz campieren möchte, egal ob Sommer oder Winter, muss im Vorfeld zunächst einmal überprüfen, ob am geplanten Platz das Zelt aufschlagen werden darf. Ausführliche Informationen findet ihr in einem anderen Blogbeitrag. Das geht am einfachste mittels www.map.geo.admin.ch mit dortiger Suche nach Wildruhezonen, Jagdbanngebieten und Nationalparks in denen das Campieren verboten ist.
Habt ihr euch vergewissert, dass ihr am gewünschten Ort euer Zelt aufschlagen dürft, geht es ums Material. Neben den Verbotszonen gilt es im Hochgebirge die Naturgefahren mit in die Planung miteinzubeziehen – insbesondere im Winter. Lawinen, Eis- und Felsschlag sind unbedingt zu beachten. In der Praxis bedeutet dies, dass der Zeltplatz wenn möglich nicht direkt unterhalb von Steilhängen oder in deren Auslaufzone liegen darf. Auch in der Nähe von Hängegletschern, sogenannten Seracs, gilt es grossräumigen Abstand zu halten, da abgebrochene Eisbrocken je nach Gelände 100 Meter und mehr rollen können.
Zeltkonstruktion und Ausrüstung
Bei der Bauweise von Zelten unterscheiden wir grundsätzlich in zwei groben Kategorien: Einwand- und Doppelwandzelte. Dabei haben die Doppelwandzelte, wie der Name vermuten lässt, zwei Wände: Ein Innen- und ein Aussenzelt. Das hat den Vorteil, dass sich auch bei klirrender Kälte weniger Raureif infolge des Kondenswassers der Atemluft bildet. Dafür sind sie aufgrund Ihrer Konstruktion schlechter gegen Wind geschützt.
Einwandzelte haben nur eine Zeltwand. Dabei solltet ihr darauf achten, dass jederzeit die Belüftungsschlitze geöffnet sind, denn bei geschlossenem Reisvserschluss sind diese quasi luftdicht. Die Einwandzelte weisen aufgrund Ihrer Konstruktion eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Wind auf. Die Bildung von Raureif haben wohl alle Einwandzelte gemeinsam.
Bei der Konstruktion von Zelten wird zudem noch zwischen Kuppel-, sowie Tunnelzelten respektive Mischformen unterschieden. Wobei gerade Tunnelzelte auf alpinen Unternehmungen weniger eine Rolle spielen. Bei Kuppelzelten überschneiden sich die Zeltstangen und bieten so aus verschiedenen Richtungen Schutz gegen Wind und Wetter.
Benutzt ihr ein Zelt im Winter, dann achtet darauf, dass euer Zeltplatz über ausreichend Schneeauflage verfügt, damit ein Loch ausgehoben werden kann. So umgeht ihr das Windproblem und habt bessere Chancen auf eine warme Nacht.
Im Winter werdet ihr zweifelsohne mit normalen Heringen nicht sonderlich stabile Schlafverhältnisse zustande bringen. Dementsprechend sei euch geraten, hier etwas Anderes zu organisieren. Neben Skistöcken, Ski und Eispickeln gibt es spezielle, längere Heringe oder Sandsäcke von Exped.
Was sonst noch in den Rucksack gehört
Mitunter das wichtigste Ausrüstungstool ist die Isomatte, denn die ausreichende Isolation gegen den kalten Untergrund bestimmt massgeblich, ob eure Nacht angenehm wird oder nicht. Dafür geben Hersteller den sogenannten R-Wert an. R steht dabei für Widerstand. Er wird von 1 bis 6 eingeteilt, R Werte über 6 sind meist Spezialanfertigungen für Polarexpeditionen. Ein R-Wert von 1 bis 1,5 isoliert nur bis plus 7 grad, ab einem R-Wert von 2,5 befinden wir uns im negativen Temperaturbereich (bis minus 5) und fürs Wintercamping lohnt sich eine Matte mit einem R-Wert von 5 bis 6 (minus 17 bis minus 22 Grad). Ein Beispiele für eine passende Matten ist die Exped-Isomatten Ultra 3R M.
Zuletzt kommen wir zum Schlafsack. Wer hier im Winter Freude haben möchte, sollte sich einen Daunenschlafsack zulegen, der einen Komfortbereich bis deutlich in den Minusbereich aufweist. Dabei gibt es Optionen von Mammut, Exped, Mountain Equipment und anderen Herstellern. Ich empfehle Daunenschlafsäcke, da diese im Packmass deutlich kleiner bei gleicher Wärmeleistung als Synthetikmodelle sind.
Wer alle Grundausrüstungsgegenstände zusammen hat, braucht nur noch ein paar kleine Helferlein. Für ein gemütliches Kissen empfehle ich einen kleinen, wasserdichten Sack, der mit einer nicht-benutzten Jacke oder Handschuhen gefüllt wird. Für besonders kalte Nächte empfehlen sich einmal benutzbare Wärmepads. Diese gibt es von verschiedenen Herstellern, zum Beispiel von the Heat Company und in den Socken platziert fühlt sich auch die noch so kalte Nacht gleich viel wohliger an.
Wer im Winter Zelten gehen möchte, braucht einiges an Material, dementsprechend muss die Rucksackgrösse angepasst werden. Ich empfehle hier Rucksäcke mit mindestens 40 Litern, meiner Erfahrung nach eher mehr. Ein guter 4-Saison-Rucksack zum Zelten ist der Mammut Ducan Spine 50-60L mit Extrafach für den Schlafsack und genügend Platz für all eure Ausrüstungsgegenstände. Beim Packen gilt es, schwere Gegenstände möglichst unten im Rucksack zu deponieren.
Bei Nächten mit Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt gehören Getränke in den Schlafsack, um zu vermeiden, dass diese gefrieren. Selbiges gilt für Nahrungsmittel, welche wasserhaltig sind.
Mit all diesen Tools steht einer kuschligen Nacht auch im Winter nichts mehr im Wege und wer einmal im Winter in den Schweizer Alpen campieren war, wird mit der richtigen Vorbereitung gerne wieder losziehen. Dieses Setup kann auch in der Zwischensaison auf Hochtouren genutzt werden, wenn ihr keine Lust auf einen überfüllten Winterraum einer Hütte hat. Vorgängig gilt es sich jedoch zu informieren, ob am betreffenden Platz gezeltet werden kann. Falls noch Fragen offen sind, schaut doch mal in einer Bächli Filiale vorbei und lasst euch persönlich beraten.
Über den Autor:
Maximilian Gierl, gebürtig aus Deutschland, ist hauptberuflich als Arzt in der Schweiz tätig. Er besitzt das international Diploma of Mountain Medicine und hat mit Ausbildungen in diversen Fachbereichen den Titel „Praktischer Arzt“ inne. In der Freizeit ist er mehr als 200 Tage in den Bergen unterwegs, sei es zu Fuss, am Fels oder auf Ski. Neben diversen 4000ern in den Alpen hat er auch in Nepal Höhenluft geschnuppert und berichtet über Touren und Know-How in Wort und Bild auf dem Bächli-Bergsport Blog sowie seiner Website.
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