Es knallt, es rasselt, instinktiv drückt sich der Körper gegen den Fels. Ein dumpfer Schlag knallt gegen den Helm. Der Kopf brummt. Am Berg kommt nicht alles Gute von oben: Steine, Eisschlag oder der Karabiner des Seilpartners. Daher gehören Schutzhelme schon seit langer Zeit zur Standardausrüstung in den Bergen. Der Helm gehört zur sogenannten persönlichen Schutzausrüstung, kurz PSA, der Kategorie zwei. Definiert als Ausrüstung, die Bergsteiger vor «grossen Gefahren» bewahren soll. Die Zeiten, dass der Helm wie ein überdimensioniertes Plastik-Ei am Kopf drückte, sind glücklicherweise lange vorbei. Heute werden verschiedenste Materialien und Technologien aus der Kunststoffindustrie verwendet, die die Helme leicht und extrem robust machen. So verbaut Mammut seit diesem Jahr erstmals das in Bikeund Skihelmen längst etablierte MIPS-System in seinem Topmodell. Auch für die Puristen unter den Sportkletterern gibt es also keine Ausreden mehr.
Expertentipp: In den Bergen herrscht keine «allgemeine Helmpflicht». Experten raten aber dazu, in allen Fällen einen Helm zu tragen, in denen Steinoder Eisschlag vorkommen kann oder aber die Möglichkeit von unkontrollierten oder weiten Stürzen nicht ausgeschlossen werden kann.
«Ich hab doch schon einen Helm zum Biken, braucht es da einen zusätzlichen zum Klettern?», mag manch einer sich fragen. Die Antwort ist kurz und eindeutig: Ja! Zum einen ist ein Bergsteigerhelm kein klassischer Sturzhelm, sondern schützt von seiner Machart her gegen herabfallende Gegenstände. Im Gegensatz zu einem Velo-Helm ist er daher nicht rund herum belüftet, sondern verfügt nur über mehr oder weniger grosse Öffnungen an den Seiten. Im Zentralund Stirnbereich ist die Schale von Bergsteigerhelmen geschlossen, da hier die Hauptaufprallstellen für herabfallende Gegenstände oder Steinschlag sind. Der Kopfschutz für alpine Disziplinen muss die Normprüfung nach EN 12492 und die strengere, jedoch freiwillige UIAA-Norm 106 bestehen. Hier müssen die Helme den definierten Aufprall eines aus zwei Meter vertikal fallenden Prüfkörpers mit 5 Kilogramm standhalten. Die übertragene Energie auf den Kopf darf maximal 10 kN (EN) beziehungsweise 8 kN (UIAA) betragen, damit der Träger keine Verletzungen an Kopf und Halswirbelsäule erleidet. Ebenfalls wird die Energieaufnahme von der Seite, von vorne und von hinten gemessen. Einen Durchschlagstest mit einem spitzen Kegel aus einem Meter Höhe muss jeder Helm ebenfalls absolvieren. Ein weiterer Test prüft die Festigkeit der Bänder und Schnallen und den Halt des Helmes auf dem Kopf, wenn daran gezogen wird.
Passform
Entscheidend für den Komfort auf einer langen Tour ist die richtige Passform des Helmes, die Polsterung – und natürlich auch das Gewicht. Viele Helme gibt es in zwei verschiedenen Grössen. Für einen perfekten Sitz lassen sich die Gurte an den Ohren und am Kinn sowie das Kopfband am Hinterkopf anpassen. Nicht jeder Helm passt auf jeden Kopf, daher ist es sinnvoll, verschiedene Modelle vor dem Kauf anzuprobieren und ihn auch mit Mütze zu testen, falls ein Einsatz im Winter oder in den Übergangsjahreszeiten vorgesehen ist. Denn nur, wenn ein Helm passt und angenehm sitzt, ist er automatisch mit dabei. Denn ein Helm zuhause im Schrank schützt nicht.
Expertentipp: Man sollte verschiedene Helme in einer der zwölf Bächli Bergsport Filialen anprobieren, auf seinen Kopf einstellen und damit umhergehen. Wichtig ist, dass der Helm nicht verrutscht und dass man nach oben blicken kann, ohne dass er die Sicht einschränkt. Und: Auch mit Mütze muss der Helm gut passen, wenn man an kalten Tagen oder in Eis und Schnee unterwegs sein möchte.
Wie lange hält ein Kletterhelm?
Generell gilt die Angabe des Herstellers in der Gebrauchsanleitung, die dem Helm beiliegt oder online gelesen werden kann. Meistens wird dort eine maximale Lebensdauer von zehn Jahren ab Herstellung angegeben. Hier gibt es zweierlei zu beachten: das Datum des Kaufs und das Datum der Herstellung sind nicht dasselbe. Zweitens gilt die maximale Lebensdauer nur, solange das Produkte keine Schäden durch Stürze, Steinschlag, Chemikalien, Batteriesäure, Hitze oder scharfe Kanten erlitten hat. Nach solch einer Beschädigung muss der Helm sofort getauscht werden. Die Lebensdauer des Helmes kann sich also auf eine einzige Bergtour reduzieren!
Als Faustregel gilt: Hegt man den geringsten Zweifel an der Sicherheit eines Helms, sollte man sich einen neuen zulegen. Daher sollte der Kletterhelm regelmässig überprüft werden, jedoch mindestens einmal pro Jahr. Zur Überprüfung kann man entweder die nächste Bächli Bergsport Filiale aufsuchen oder folgendermassen vorgehen:
- Überprüfung der Kennzeichnung und des Herstellungsjahres (Aufdruck oder Aufkleber im Helm):
Hier sind die Basisinformationen aufgelistet: Hersteller, Handelsname, Typ, Modellbezeichnung, EN 12492, Herstellungsjahr und Quartal, Grösse oder Grössenbereich, CE-Kennzeichnung. Manche Hersteller haben eine spezielle Seriennummer, die sich mit Hilfe der Gebrauchsanleitung entziffern lässt.
- Sicht- und Funktionsprüfung:
Hier wird der Helm genau untersucht. Die Schnalle muss sich öffnen und schliessen lassen, die Bänder müssen verstellbar sein, dürfen sich nicht von allein öffnen. Die Befestigungen der Bänder am Helm dürfen nicht gebrochen sein und die Bänder selbst dürfen keinerlei Beschädigungen oder Schnitte aufweisen. Die Aussenschale muss von aussen und innen kontorolliert werden, dabei sollte man auf Kratzer, Deformationen, Einschlagstellen, Risse, Brandstellen und Abnutzungserscheinungen achten. Die Innenschale oder der Hartschaumeinsatz wird ebenfalls auf Risse oder Deformationen untersucht. Kommt es zu Verfärbungen durch intensive UV-Strahlung, Chemikalien oder Farben, sollte der Helm ebenfalls getauscht werden. Schaumstoffpolster sind oft abnehmbar und können gewaschen werden.
Die verschiedenen Helmtypen
Hartschalenhelme
Hartschalenhelme, wie beispielsweise der Petzl Elia, bestehen aus einer harten Kunststoffschale mit einem Tragesystem aus Bandmaterial. Bei einem Aufprall dehnen sich die Bänder und die Schale wird elastisch verformt – die Aufprallenergie wird so absorbiert. Diese Helme halten auch sogenannten Multi-Impact-Situationen stand, wie einem schwereren Steinschlag. Oft haben diese Helme einen zusätzlichen Einsatz aus EPS oder EPP im Zentrum, der zusätzlich die Aufprallenergie absorbiert.
- Vorteile: Robuste Helme, Multi-Impact-resistent
- Nachteile: schwer, oft nicht so gut belüftet
Hybridhelme
Hybridhelme, wie der Petzl Boreo, verfügen über eine harte Kunststoffschale aussen, kombiniert mit einem Hartschaumeinsatz aus EPP und/oder EPS. Die Aufprallenergie wird absorbiert, indem die Schale die auftretende Kraft verteilt und der Hart- schaum der Innenschale sich plastisch verformt. Vorsicht: Diese Helme können nach einem Aufprall äusserlich völlig intakt aussehen, durch die Aufprall- energie ist der Schaum im Inneren aber beschädigt. Unbedingt nach einem Aufprall überprüfen. Span- nend: Mammut hat seit 2018 einen Helm namens «Wall Rider» mit MIPS-Technologie im Programm, das den Kopf und speziell das Gehirn bei schrägen Aufprallszenarien besser schützt.
- Vorteile: leicht
- Nachteile: Beschädigungen im Inneren sind nicht so einfach zu sehen
In-Mold-Helme
Bei der Konstruktion dieser Helme (z. B. Black Dia- mond Vector) wird im Spritzgussverfahren der EPS- oder EPP-Hartschaum in eine Schale (meistens aus Polycarbonat) gespritzt. Die einzige Möglichkeit, die Aufprallenergie zu absorbieren, liegt bei den Helmen dieser Machart darin, dass sich der Hartschaum plastisch verformt. Etwa wie bei einem Apfel, der auf den Boden fällt: Die Schale reisst nicht ein, aber es entsteht eine braune Delle im Fruchtfleisch.
- Vorteile: leicht, gut belüftet
- Nachteile: manchmal schon nach einem leichten Treffer beschädigt, empfindlich im Rucksack oder Reisegepäck
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