Ja, früher war manches leichter. Zum Beispiel
die Wahl der Tourenbindung. Zwei,
drei relevante Modelle standen zur Auswahl,
das war’s. Aber war früher auch alles
besser? Sicher nicht. Jedenfalls nicht,
was die Skitourenbindungen betrifft. Der
Skitouren-Boom hat auch den Innovationsgeist
in der Branche neu geweckt – mit vielen
Vorteilen für Tourengeher. Je nach persönlichen
Vorlieben gibt es mittlerweile
für jeden Einsatzbereich massgeschneiderte Modelle. Mal liegt der Schwerpunkt
auf minimalem Gewicht, mal auf perfekter
Kraftübertragung. Und auch in puncto Sicherheit
und Komfort können die aktuellen
Bindungsmodelle eine Menge bieten. Tourenbindung
ist längst nicht mehr gleich
Tourenbindung, die Unterschiede sind teils
enorm. Gut, wenn man bei der Wahl Experten
wie die Tourenspezialisten von Bächli
Bergsport an der Seite hat, die sich damit
auskennen.
Klassische Rahmenbindungen ähneln in
der Bauweise Alpinbindungen. Bindungskopf
und Fersenautomat sind auf einen
Rahmen aufgesetzt, der vorne durch ein
Gelenk mit dem Ski verbunden ist. Für Aufstiege
lässt sich der Rahmen samt Bindungselementen
hinten entriegeln und in
der Gehbewegung mit der Ferse hochklappen.
Rahmenbindungen sind heute weitgehend
ausgereift. Sie besitzen alle eine von
den Alpinbindungen bekannte, normierte
Sicherheitsauslösung.
Anders als bei Rahmenbindungen sind bei
Pin-Bindungen Vorder- und Hinterbacken
nicht miteinander verbunden. Der Skischuh
wird an der Sohle vorne seitlich durch zwei
Pins fixiert. Das erlaubt am Vorderbacken
eine sehr stabile und steife Verbindung zum
Ski. Am Hinterbacken befinden sich zwei
Metallstifte, die in ein in der Schuhsohle integriertes
Metall-Insert geklickt werden. Die Sicherheitsauslösung bei einem Sturz
erfolgt bei Pin-Bindungen klassischer Bauart
in erster Linie über den Hinterbacken.
Der Vorderbacken löst dann indirekt aus,
wenn er durch eine seitliche Drehbewegung
belastet wird. Mittlerweile gibt es allerdings
auch Pin-Bindungen mit Sicherheitsauslö-
sung wie die Fritschi Diamir Vipec 12 oder
die Dynafit TLT Radical 2 ST.
Rahmenbindungen –
unkompliziert und sicher
«Waren bis vor etwa vier Jahren Rahmenbindungen
wie die Fritschi Diamir Eagle
noch Standard, hat sich das Bild mittlerweile
komplett gedreht», hat Matthias Schmid beobachtet.
Der Produktmanager bei Bächli
Bergsport ordert mittlerweile Jahr für Jahr
mehr Pin-Bindungen. «Was nicht heisst, dass wir unsere Kunden zu den LeichtbauBindungen
drängen wollen», merkt er an.
Denn auch wenn ihr Anteil abnimmt, haben
Rahmenbindungen immer noch ihre Berechtigung.
«Gerade
für Skifahrer, die mit
dem gleichen Ski mal
auf der Piste fahren,
mal auf Tour gehen
und eine Bindung mit
guter Kraftübertragung
suchen, sind Rahmenbindungen
eine gute
Wahl», weiss Schmid.
Auch Senioren, die
eventuell koordinativ
nicht mehr ganz so
fit sind, wüssten sie
wegen des unkomplizierten
Einstiegs zu schätzen. Und nicht
zuletzt sind Rahmenbindungen auch für
Freerider, die einen aggressiven Fahrstil
bevorzugen und auch mal grössere Sprünge
machen, nach wie vor die erste Wahl. Denn
beim Freeriden zählen nicht nur die puren
Z-Werte. Entscheidend
ist auch die dynamische
Energieaufnahme
der Bindung. Und
da haben die massiveren
Bindungsbacken
von Rahmenbindungen
mit stärkeren Federn
die Nase vorne. Diese
Konstruktionsweise
verhindert, dass die
Bindung bei harten
Landungen oder in heftigen
Kompressionen
aufspringt.
Pin-Bindungen –
Leichtgewichte
mit verbesserter Funktion
Die Grundidee der Pin-Bindung ist ein möglichst
leichtes Bindungssystem für Skitouren.
Um das zu erreichen, wurden ursprünglich
bewusst Kompromisse bei der Sicherheitsauslösung
und beim Bedienungskomfort
eingegangen. Doch mittlerweile haben
die Pin-Bindungen zumindest im mittleren
und gehobenen Gewichtssegment in puncto einfacher Handhabung, Sicherheit und Komfort
aufgeholt und bieten für viele klassische
Freizeittourer einen guten Kompromiss aus
attraktivem Gewicht und solider Funktion.
Also alles in Butter? Nicht ganz. Denn längst
nicht jede Tourenbindung ist mit jedem Tourenschuh
kompatibel.
Welche Bindung
passt zu
welchem Schuh?
In der Tat ist eine sorgfältige
Abstimmung
von Ski, Skischuh und
Bindung für eine zuverlässige
Funktion
enorm wichtig. Vergleichsweise
einfach
ist die Lage bei Rahmenbindungen.
Sie
sind generell sowohl mit Alpinskischuhen
(glatte Alpin-Normsohle) als auch mit Tourenschuhen
(profilierte Tourensohle) kompatibel.
Wer allerdings in einer Rahmenbindung
abwechselnd Alpinschuhe ohne und
Tourenschuhe mit Profilsohle verwendet,
sollte die Bindung jeweils neu einstellen lassen.
Denn wegen der unterschiedlichen
Höhe der Sohle (Anpressdruck) und Reibung
kann es zu massiv abweichenden Auslösewerten
kommen. Ausserdem gibt es Tourenschuhe
mit einem
verkürzten Sohlensteg
für Pin-Bindungen
(zum Beispiel Dynafit
TLT 5, TLT 6, TLT 7),
bei denen eine einwandfreie
Funktion in
Rahmenbindungen
nicht gewährleistet ist.
Etwas unübersichtlicher
ist die Lage bei
Tourenschuhen für
Pin-Bindungen. Der
Grund: Es gibt keine
klare Schuhnorm für
Pin-Systeme. Und so ist Pin-Schuh nicht
gleich Pin-Schuh. Unterschiede bestehen vor
allem in folgenden Punkten: Dicke der
Schuhsohle, Sprengung (leichte Biegung) der Sohle, Geometrie von Schuhspitze und Fersenbereich
sowie Form und Abstand der Inserts,
in die die Pins einrasten. Die Inserts
für die Pins und ihr Abstand an der Schuhsohle
sind nicht bei allen Schuhmarken und
-modellen exakt gleich. Die Abweichungen
betragen zwar nur wenige Millimeter, doch
die Auswirkungen können erheblich sein.
Rasten zum Beispiel die Pins nur minimal
weniger tief ein oder ist ihr Abstand etwas
grösser, als vom Bindungshersteller vorgesehen,
befindet sich die Bindung dadurch bereits
im normalen Abfahrtsmodus in leicht
geöffnetem Zustand. So kann es zu Fehlauslösungen
kommen. Dank langjähriger Erfahrungen
in der Praxis und bei der Montage
können die Bächli-Experten auf einen grossen
Erfahrungs-Pool zurückgreifen und so
Fehlkäufe vermeiden helfen.
Der Pin-Kompromiss:
Gewicht und Sicherheit
Pin-Bindungen mit eingeschränkter Sicherheitsauslösung
wecken bei manchen Skitourengehern
Skepsis. Natürlich bieten solche
Bindungen nicht die maximalen Sicherheitsfunktionen
einer Rahmenbindung. Eingeschränkte
Sicherheitsauslösung bedeutet
allerdings nicht: keine Sicherheit und keine
Auslösung im Fall von Stürzen. Sondern
eben nur eine eingeschränkte Funktion. Gerade
Tourer, die bergauf schnell sein wollen
und denen es auf minimales Gewicht ankommt,
gehen diesen Kompromiss bewusst
ein. Entscheidet man sich für eine solche
Bindung, sollte man sich darüber im Klaren
sein, dass man nicht mit der maximalen Sicherheit
rechnen kann. «Die sicherste Bindung
ist noch immer nicht die leichteste»,
fasst Matthias Schmid zusammen.
Je nach Konstruktion gibt es auch deutlich
spürbare Unterschiede in der Kraftübertragung
unterschiedlicher Pin-Systeme. Massstäbe
hat da die Marker Kingpin gesetzt. Das
Hybridmodell aus breit abgestütztem PinVorderbacken
und einem Alpin-Hinterbacken
erlaubt ein präzises Aufkanten wie mit
einer Alpinbindung. Die Diamir Vipec erreicht
diese Performance nicht ganz, bietet dafür
aber eine per Z-Wert definierte Sicherheitsauslösung mit einem seitlich beweglichen
Schlitten am Vorderbacken. Je breiter der
Ski und je höher damit die Hebelkräfte, desto
mehr verwinden sich herkömmlich konstru
-
ierte Pin-Hinterbauten wegen der geringen
Abstützungsbreite des Skischuhs an der
Bindung. Darunter leidet letztendlich die
Kraftübertragung. In der Praxis ist das im
weichen Schnee weniger von Bedeutung als
bei harten, harschigen Bedingungen.
Und noch aus einem weiteren Grund ist die
Abstimmung der Bindung auf die Ski wich
-
tig. Pin-Bindungen wurden ursprünglich für
eher schmale, wenig steife und leichte Ski
konstruiert. Solche Skimodelle nehmen die
bei Stürzen auftretenden Kräfte zu einem
grossen Teil auf, indem sie sich durchbie
-
gen. Die Energie wird durch Verformung abgebaut. Je steifer und schwerer ein Ski konstruiert ist, desto wichtiger wird deshalb
eine zuverlässige, im Idealfall definierte Sicherheitsauslösung vorne und hinten.
Die entscheidenden Teile
im Bindungs-Puzzle
Letztendlich gehören neben Bindung, Ski
und Schuh auch die individuelle Fitness,
das Körpergewicht, der Fahrstil und die ge
-
planten Vorhaben als wichtige Teile zu dem
Puzzle-Spiel rund um Tourenbindungen.
Erst sie ergeben ein rundes Bild. Deshalb
ist es wichtig, sich vor dem Bindungskauf
folgende Fragen möglichst detailliert und
klar zu beantworten: Was sind meine Ziele
als Tourengeher? Was ist mir dabei wich
-
tig? Wo bin ich zu Kompromissen bereit?
Will ich meine Tourenausrüstung auch auf
der Piste einsetzen? Und bin ich bereit, für eine möglichst leichte Ausrüstung Abstri
-
che bei den Auslösefunktionen hinzuneh
-
men? Der Schlüssel, so Mattias Schmid,
«ist die überlegte Abstimmung von Bin
-
dung, Ski und Schuh – denn das System ist
nur so gut wie das schwächste Glied der
Kette.» Und damit bei diesem Puzzle auch
alle Teile stimmig zueinanderpassen, hel
-
fen die Bächli-Experten mit ihrer Erfah
-
rung gerne weiter.
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