Prolog
Der Mont Blanc ist mit 4808m der höchste Berg der Alpen sowie von Frankreich. Er zählt zu den 7 summest of the Alps und ist der letzte dieser 7 Berge, welche ich noch nicht erklommen habe. Vor 2 Jahren hatte ich versucht, alle Gipfel innerhalb eines Monats zu besteigen. Aufgrund heftiger Schneefälle hatte ich damals an Dufourspitze und Mont Blanc erst gar keinen Versuch gewagt. Die 5 anderen Gipfel (Vorder Grauspitz, Zugspitze, Triglav, Gran Paradiso, Gross Glockner) hatte ich jeweils als Tagestour erklommen.
Vorbereitungen
Nachdem ich im März die Dufourspitze erreicht hatte wollte ich nun den Mont Blanc noch angehen. Aufgrund mangelnder Zeit und wechselhaftem Wetter kam hier auch nur die Eintagesvariante in Frage. Dies würde eine konditionelle Herausforderung werden und ein schöner Abschluss meines Projektes und einer tollen Skitourensaison. Der Mai schien hierfür der beste Monat zu sein, in den letzten Jahren hatten sich die Tage um den 15 Mai als ideal herausgestellt. Glücklicher Weise hatte ich den 15 Mai frei und die Wetterprognose war vielversprechend. Beim Mont Blanc ist nicht der wolkenlose Himmel entscheidend, sondern es gilt ein besonderes Augenmerk auf die Windgeschwindigkeiten zu legen. Auf dieser Höhe bringen 10 km/h Windgeschwindigkeit deutlich niedrigere Temperaturen mit sich, zudem ist der Bossesgrat zum Teil sehr schmal. An Ostern hatte uns diese Tatsache davon abgehalten, überhaupt erst loszugehen. Für den 15. Mai waren nun 30 km/h für den Gipfel prognostiziert, somit absolut im vertretbaren Rahmen. Zudem wusste ich, dass bereits am 13 Mai der Gipfel als Tagestour erreicht worden war.
Fehlte nur mehr die Akklimatisation. Da ich mich schonen wollte, verzichtete ich am Wochenende davor darauf, ins Wallis zu hetzen und einen 4000er zu erklimmen und vertraute darauf, dass die Galenstock Besteigung sowie einige Stunden am Titlis am 13.05.2019 ausreichen würden. Da ich Tags zuvor arbeiten musste, machte ich mich erst um 17:00 Uhr von Luzern aus auf den Weg nach Chamonix und las auf dem Weg dorthin einen Kollegen auf. Um kurz nach 8 erreichten wir den Col des Montets und nach ein paar Fotos und kurzer Pasta-Party fielen wir um 22:00 Uhr ins Bett.
Der Tag erwacht (noch nicht)
Tagwache ist um 02:00 Uhr und nach kurzem Frühstück machen wir uns um 2:22 Uhr auf den Weg zum Parkplatz La Cerro am Tunnelportal. Um 03:13 ist alles parat und mit geschulterten Skis geht es mit Turnschuhen im Schein der Stirnlampen hinaus in die Dunkelheit. In unzähligen Kehren erreichen wir nach 30 Minuten La Para und folgen anschliessend dem Weg bis wir auf 1800m genug Schnee vorfinden. Hier machen wir Schuhdepot und wechseln auf Skischuhe, lassen die Ski jedoch noch am Rucksack, da der gute Trittschnee mit teilweise vorhandener Spur ein rasches und energiesparendes Vorwärtskommen ermöglicht. Leider reisst beim Aufstieg über die steilen Schneefelder das Drahtseil des Boaverschlusses meines Scarpa Alien RS, nach kurzem überlegen beschliesse ich, dass ich auch ohne Schnürung im vorderen Schuhteil sicher den Berg wieder hinunterkommen würde. Wir erreichen nach knapp 2h die alte Bergstation und folgen von dort auf den Ski den vorhandenen Spuren bis zur Autobahn, welche von der Aguille du plan kommt. Die blaue stunde setzt die majestätischen Berge in ein bezauberndes Licht während wir in Richtung Les glacieres schreiten.
Meinem Kollegen unterläuft hier ein Missgeschick. Beim Wechsel auf die Windjacke hatte er das Steigeisenfach nicht richtig verschlossen und bei einer der Abrutschpassagen purzelt neben den Harscheisen auch eine Trinkflasche den Berg unwiederbringlich hinab. Janu, dann muss es halt so gehen. Die Jonction präsentiert sich perfekt eingeschneit während im Hintergrund die aufgehende Sonnen Mont Blanc und Dome du Gouter in ein kitschiges rosa Licht taucht. Allerdings zeugen die Windfahnen von mehr als 30 km/h Wind…
Nach der Jonction folgen wir einer guten Spur hinauf zur Hütte. Hier macht sich bei mir jedoch bereits der mangelnde Schlaf und eine leichte Erkältung bemerkbar. Mein Kollege muss immer wieder auf mich warten, ich versuche jedoch, meinen Puls nicht über 150 schnellen zu lassen um für den Bossesgrat genügend Reserven zu haben. In nicht enden wollenden Spitzkehren vorbei an eindrücklichen Spalten und Seracs erreichen wir zunächst das Petit Plateau und nach einem weiteren Aufschwung das Grand Plateau.
Während wir uns nach oben arbeiten zwingen einem Windböen in steter Regelmässigkeit, beide Skistöcke in den Boden zu rammen um nicht umgeblasen zu werden. Dank Wärmesohle im Skischuh bleiben mir zumindest kalte Füsse erspart, an den Händen tuts ein dicker Unterhandschuh gepaart mit winddichten Oberhandschuhen.
Vom Grand Plateau zieht die Spur nach rechts hinauf zum Vallot-Biwak. Bereits 50 m unterhalb des Col du Dome herrscht ein konstanter Wind von mindestens 40 Km/h mit böigen Spitzen bis sicher 70 km/h. Konstante Windfahnen am Bossesgrat deuten auf noch höhere Windgeschwindigkeiten weiter oben hin.
Am Grat hatten wir zuvor kaum einen Menschen gesehen, das Skidepot ist jedoch gut gefüllt, dementsprechend haben sich die meisten Anwärter im Biwak verschanzt. Mein Kollege wird mir dies später bestätigen. Wir waren uns am Grand Plateau schon einig, dass wir den Gipfel bei diesen Verhältnissen nicht in Angriff nehmen würden. Während er sich im Biwak kurz aufwärmen ging machte ich bereits am Skidepot kehrt. Stimme hatte ich bereits kaum mehr dank der Höhe und die mangelnde Akklimatisation machte sich ebenfalls bemerkbar.
Aufgrund meiner Taktik den Puls tief zu halten hielt sich immerhin die Beinschwere in Grenzen und so genoss ich schon einmal die ersten 400hm Pulverabfahrt um in windstilleren Gefilden auf Alex zu warten. Bis hinab zur Hütte fanden wir immer wieder guten Pulverschnee, jedoch galt es die Augen offen zu halten um nicht von einer der zahllosen Spalten verschlungen zu werden.
Aufgrund des Windes hatte sich die Temperatur auch auf Höhe der Jonction nur unwesentlich verändert, somit ging es auch auf dem Weg zurück ohne Seil. Die niedrigen Temperaturen minimierten neben dem Risiko auch den Abfahrtspass ab 2600m. Von Auffirnen keine Spur, lediglich die letzten 200 hm kam etwas Firngenuss auf. Nach dem Wechsel zurück zu den Turnschuhen folgten wir dem Wanderweg zurück zum Parkplatz, erwartungsgemäss war dieser deutlich länger als am Morgen…
Fazit
Eine grossartige Tour für die man allerdings eine entsprechende Kondition braucht. Es lohnt sich also, den Winter über regelmässige Skitouren von mehr als 2500 hm zu absolvieren und, wenn möglich im Vorfeld für eine ausreichende Akklimatisation zu sorgen. Die Tour auf 2 Tage zu verteilen ist dennoch nicht weniger lohnend, doch war es für mich die Challange, als Tagestour auf dem Dach der Alpen zu stehen. Und selbstverständlich werde ich einen neuen Versuch starten, sobald Verhältnisse, Wetter und mein Terminplan es zulassen. Das nächste mal dann auch ohne angeschlagenen Gesundheitszustand. Als Tipp empfehle ich für solche Touren, wärme Einlagesohlen in die Skischuhe zu tun, um Erfrierungen sicher zu vermeiden.
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.
Kommentar schreiben