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Hinter den Kulissen der Schweizermeisterschaften im Bouldern

Simeon Brombach, Dienstag, 18. April 2023

In wenigen Monaten versammelt sich die internationale Kletterelite in Bern zur diesjährigen Weltmeisterschaft im Sport- und Paraklettern in allen drei Disziplinen. Mit der Bern to Climb Challenge sind sicher bereits einige Leser*innen mit den farbigen IFSC-Volumen in Berührung gekommen und die Werbetrommel für die Weltmeisterschaft wird weiterhin kräftig gerührt. Vielleicht habt ihr euch bei den Bouldern mit den farbigen Volumen auch schon mal gefragt, wie schwer so ein echter Wettkampfboulder eigentlich ist?

Nach den ersten beiden Qualifikationswettkämpfen im März wurden Anfang April die zwölf besten Athlet*Innen zur Schweizermeisterschaft im Bouldern in Bulle eingeladen. Das kleine Event steht in keinem Vergleich zur Weltmeisterschaft. Doch wie steht der wichtigste Boulderwettkampf der Schweiz im Vergleich zu internationalen Boulderwettkämpfen?

Um diese Fragen und mehr zu beantworten, begeben wir uns hinter die Kulissen der der diesjährigen Schweizermeisterschaft im Bouldern, sprechen mit Athlet*innen, Routsettern und den Organisator*innen des Wettkampfes.

Zug um Zug an den Bouldern

Organisiert ist ein nationaler Boulderwettkampf grundsätzlich genau gleich wie ein internationaler. In der Qualifikationsrunde werden fünf Boulder geklettert. Dabei haben die Athlet*innen genau fünf Minuten Zeit für den Boulder und danach fünf Minuten Pause. Sie dürfen bei den Versuchen keine einzelnen Züge ausprobieren, so wie man das als Freizeit-Boulderer oft in der Kletterhalle macht.

Nach der Quali starten die besten sechs Athlet*innen im Finale. Hier klettern sie hintereinander vier verschiedene Boulder, ebenfalls wieder in fünf Minuten. Wer mitgezählt hat wird merken: das sind insgesamt neun Boulder pro Kategorie. Wenn also die U18 und Elite Damen und Herren einen Wettkampf in einer Halle bestreiten, werden dafür 36 brandneue und superschwere Boulder benötigt – es wird also sehr viel geschraubt.

Hohes Niveau trotz begrenzter Ressourcen

Trotzdem sind die Athlet*innen der Meinung: Die Boulder der Schweizermeisterschaft können mit denen der internationalen Wettkämpfe gut mithalten. Seitens der Routsetter ist aber auch klar: Die Vorbereitungszeit und die Ressourcen sind auf der internationalen Bühne reichhaltiger. Für das Routsetter-Team der Schweizermeisterschaft, Plastic Fantastic, zählt aber der Team-Spirit – jeder Boulder ist Teamwork und eine Emulsion verschiedener Meinungen von allen. Für das Endresultat werden bei den Wettkämpfen dann auch mal Überstunden oder eine schlaflose Nacht in Kauf genommen.

Kommerzielles Routsetting vs. Wettkampf-Boulder

Gibt es eigentlich grosse Unterschiede zwischen kommerziellen und Wettkampfbouldern? Für Valery Fischer, Teilnehmer an der Schweizermeisterschaft und selbst Routsetter im Minimum in Zürich ist klar: In seiner Halle gibt es deutlich schwerere Boulder als die am Wettkampf. Womit sich die Boulder in Bulle von kommerziellen Bouldern abheben, sind vor allem sehr ungewöhnliche Körperpositionen, die kaum in einer normalen Boulderhalle beobachtet werden können.

Julien Clémence, diesjähriger Gewinner der Schweizermeisterschaften meint dazu, dass die Boulder an einem Wettkampf in den Bereichen der Athletik und Komplexität klar schwieriger sind als die schwersten Boulder in den kommerziellen Hallen. Um im internationalen Setting bestehen zu können, reicht es also nicht aus, nur die schwersten Boulder in verschiedenen Hallen zu klettern.

Sascha Schwob, Vize-Schweizermeister im Speed findet den grössten Unterschied nicht zwingend in der Art der Boulder, mehr im Performance-Druck, der durch den Wettkampf und die Zeitlimite entsteht.

Wettkamp-Boulder Niveau selbst erleben

Wie übersetzen sich diese Aussagen nun auf die tatsächliche Schwierigkeit eines Boulders an der Schweizermeisterschaft? Könntest du diese Boulder schaffen? Basierend auf eigener Erfahrung kann ein Wettkampfboulder der Schweizermeisterschaft mit dem höchsten oder auch zweithöchsten Schwierigkeitsgrad in den Hallen verglichen werden. Es wäre aber ein Boulder, bei dem man ungeachtet der eigenen Kraft und Erfahrung viele Versuche investieren müsste, um die geforderte Bewegung zu erlernen und umzusetzen. Oft fehlt es dem gewöhnlichen Kletterer auch an Explosivität, Koordination und Sprungkraft, um so einen Boulder zu klettern. Die Schwierigkeit am Wettkampf liegt also nicht ausschliesslich darin, den Boulder überhaupt zu klettern – vielmehr geht es oft darum, die Bewegung in den kurzen fünf Minuten überhaupt zu verstehen. Und dann die Kraft zu habe, das ganze Puzzle in einem Versuch zusammenzusetzen. Bei diesem Format lassen sich also sowohl Bewegung als auch Kraft super trainieren. Vielleicht eine gute Idee für eine eigene Trainingsvariation?

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