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Himmelwärts: Last Stop Leukerbad

Franz Thomas Balmer, Donnerstag, 28. Dezember 2023

Eine dolomitenähnliche Felskulisse, aussichtsreiche Dreitausender und heisse Quellen: Leukerbad im Wallis punktet mit lohnenswerten Skitouren und entspanntem Après-Ski. Ein Wochenende mit Wiederholungsfaktor.

Es riecht nach Frühling, als wir unsere Skier schultern und durch Leukerbad gehen. Dabei kann ich mich nicht sattsehen an der markanten Gemmiwand, die vor uns hinter den Häusern liegt. Schon im frühen Mittelalter stellte der Gemmipass eine wichtige Verbindung zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis dar. 

Allerdings galt die Felswand oberhalb von Leukerbad lange Zeit als unüberwindbar. Kein Wunder: Sie fällt fast senkrecht ins Tal. Und dies über 600 Meter. Sie hat schon Goethe und der Beginn von Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichte «The Final Problem» inspiriert. Was für ein Anblick. Ein Hauch der Dolomiten.

Der alte Dorfteil von Leukerbad mit dem Bronze-Brunnen ist ein beliebtes Fotomotiv.

Wir schlendern weiter, vorbei am Geisstrog – ein beliebtes Fotosujet im alten Dorfteil Leukerbads. Der Bronze-Brunnen erinnert an das einfache Leben anno dazumal. Bis in die 50er-Jahre hat jeweils ein Hirtenbub rund 100 Ziegen der Einheimischen gehütet.

Es ist kurz vor neun Uhr. Wir stehen vor der Gemmibahn und nehmen die erste Bahn des Tages hoch. Seit 1957 führt diese Luftseilbahn direkt auf die Passhöhe; 2012 wurde sie erneuert. Die kleine Kabine katapultiert uns vom Frühling zurück in den Winter auf 2268 Meter über Meer.


Auf den Spuren von Thomas Hinchcliff

Der Gemmipass ist noch nebelverhangen. Unser Skitourenabenteuer startet. Wir schalten unsere LVS-Geräte ein und schnallen die Skier an für eine erste kleine Abfahrt bis zum Jägerboden. Anfellen. Über Nacht ist Neuschnee gefallen. Zwar nur ein paar wenige Zentimeter. Aber genug, sodass alles frisch überzuckert ist. Die Sonne kämpft sich durch die Nebelschwaden – und scheint immer stärker zu werden.

Schon jetzt wird klar, es wird ein Blue-Bird-Tag. Gut, haben wir reichlich Sonnencreme aufgetragen. In gemütlichem Tempo überqueren wir westlich die Lämmerenebene. Bald kommt eine erste kleine Schlüsselstelle: ein Steilaufschwung, bei dem eine saubere Spitzkehrentechnik wichtig ist.

Links: Die Skitour startet mit einer ersten kleinen Powderabfahrt direkt ab der Gemmibahn. Rechts: Auf dem Wildstrubel Mittelgipfel.

Danach wählen wir die Route weiter ins Tal hinein Richtung Wildstrubel Mittelgipfel, unser Tagesziel. Die Erstbesteigung erfolgte übrigens 1857 durch die Engländer Thomas W. Hinchcliff und Bradshaw Smith mit ihrem Führer Zacharie Cachat aus Chamonix.


Rundumsicht bis zum Mont Blanc

Das erste Wegstück bis zum Wildstrubelgletscher ist eher flach bis leicht ansteigend. Weit hinter uns liegt immer noch die Nebelwand. Passend dazu summe ich die Melodie der Schweizer Band Taxi von 1977: «Ich nimme no en Campari Soda. Wiit under mir liit’s Wolkemeer». Schritt für Schritt gewinnen wir an Höhe. Die Zivilisation scheint ganz weit weg zu sein. Nur das meditative Klick-Klack der Bindung ertönt bei jedem Schritt. Die Frühlingssonne brennt erbarmungslos nieder, der Schweiss rinnt. 

Auf ca. 2700 Meter über Meer wechseln wir auf den Gletscher des Wildstrubels, vorbei an blauschimmernden Gletscherspalten. Die grössten Spalten sind gut sichtbar, die kleineren eingeschneit, deshalb verzichten wir auf das Anseilen. Von anderen Tourengehern hat es bereits eine gute Spur. 


Powder-Rausch kombiniert mit einem Traumpanorama: Kein Wunder, ist das Gemmigebiet ein beliebtes Skitourenziel.

Je höher wir aufsteigen, desto hochalpiner wird die Landschaft. Uns pfeift ein kühler Wind um die Ohren auf den letzten Metern zum Gipfel. Die Luft wird dünner, die Fernsicht dafür umso besser: Beim Gipfelkreuz auf dem Wildstrubel Mittelgipfel erwartet uns ein gewaltiges Panorama. Sogar der Mont Blanc mit seinen 4808 Meereshöhe zeigt sich in der Ferne. Durchatmen. Denn das Beste kommt erst noch. 

Nach zwei Seiten fällt der Wildstrubel steil ab; im Südosten befindet sich der Wildstrubelgletscher. An der Südflanke liegt die Ebene des Glacier de la Plaine Morte. Wir ziehen die Skifelle ab und wechseln von der Sonnen- auf die Skibrille. Zeit für die Action.

Und zwar bergabwärts. Eine Traumabfahrt mit Pulverschnee mit einer schönen Steilstufe beim Gletscherabbruch auf ca. 2'850 Meter belohnt alle Strapazen des Aufstiegs. Wir sind gut in der Zeit und machen einen Abstecher zur Lämmerenhütte SAC. Sie thront auf einem natürlichen Balkon über dem Gemmigebiet.


Die beliebte Lämmerenhütte wurde im Winter 1990 von einer Staublawine zerstört. Kurz darauf wurde daneben die neue Hütte mit einem massiven Lawinenkeil erbaut.

Die Hüttenwarte Barbara und Christian Wäfler bewarten die Lämmerenhütte an mindestens sechs Monaten im Jahr. Punkto Kulinarik setzen sie dabei auf regionale Produkte. Zeit für eine Walliser Aprikosenwähe und ein Glas Rivella. Wir lassen den Blick streifen in die Bergwelt. Für einen Moment scheint die Zeit stehenzubleiben. Bergzeit von seiner schönsten Seite. Von der Hütte aus blicken wir auf ein mögliches Tourenziel für morgen: das Daubenhorn.

Der breite Gipfelhang bietet rund 600 Tiefenmeter Abfahrtsspass, sieht aber leider schon sehr verspurt aus. Plötzlich ein Krachen. Etwas weiter weg von der Hütte donnert eine kleine Lawine über die Felswand. Zum Glück ist niemand in der Nähe. Es ist kurz nach drei Uhr. Wir machen uns auf den Weg zurück zum Gemmipass.


Die Herkunft des Namens Gemmi ist übrigens umstritten. Eine Deutung besagt, dass sich der Name wahrscheinlich aus dem Lateinischen «Gemini», zu Deutsch «Zwillinge» ableitet, aufgrund des ähnlichen Aussehens der Berge Rinderhorn und Altels. Wie auch immer: Nach einer kurzen Abfahrt kommen wir wieder zurück zur Fläche, wo wir die Skitour gestartet haben. In bester Langlauf-Manier stöckeln wir die Strecke zurück. Puuh! Ganz schön anstrengend. 

Doch dann kommt alles plötzlich ganz anders. Wo eben noch Sonne war, ziehen dichte Wolken auf, die bedrohlich näherkommen. Wie schnell das Wetter in den Bergen umschlagen kann, ist immer wieder faszinierend – und wird häufig unterschätzt.

Für den letzten Aufstieg hinauf zur Gemmibahn müssen wir nochmals die Felle aufziehen. Bloss keine Zeit verlieren, denn ein Sturm zieht auf. Jetzt geht alles sehr schnell. Der Wind peitscht uns gnadenlos ins Gesicht. Ich ziehe mir die Kapuze über den Kopf, die Sicht wird immer schlechter. Ich fühle mich ein bisschen, als würde ich blind in der Antarktis herumwaten.


Die letzten 50 Höhenmeter werden regelrecht zu einer Tortur. Der Wind wird immer stärker. In meinen dünnen Handschuhen, die den ganzen Tag bei dem Traumwetter fast zu warm waren, werden meine Finger immer kälter. Und ich denke an meine Fausthandschuhe im Rucksack. Aber jetzt nochmals anhalten und sie aus meinem Rucksack kramen, möchte ich nicht. Im Gegenteil. Es motiviert mich, noch schneller berghoch zu laufen. 

Mit jedem Schritt nach vorne gewinnen wir an Höhe – und das Ziel kommt näher, auch wenn wir es noch nicht sehen können. Endlich. Die Umrisse der Gemmibahn zeichnen sich ab wie ein verschwommenes Gemälde. Fast geschafft! Im geschützten Gondelhaus streifen wir die Kapuzen zurück – und das Lächeln kehrt zurück. Die Bahn bringt uns vom Wintersturm sicher zurück ins Tal. Ab zum gemütlichen Teil.


Die genüssliche Seite Leukerbads

Kein Halligalli, keine Eskalation: Après-Ski in Leukerbad ist dezent und gepflegt. Wir machen es uns bequem auf einem Ledersofa. Vor uns auf dem Tisch eine kalte Walliser Platte mit Trockenfleisch und Käse. Es ist der Auftakt für die kulinarische Seite Leukerbads. Auch später am Abend beim Nachtessen bleiben wir bei Fleisch.

Es muss nicht immer ein Fondue mit Fendant sein. Passend dazu wählen wir einen Rotwein der renommierten Weinkellerei Adrian und Diego Mathier – einer der besten Grand Crus des Wallis. Kein Wunder: gute Säure, wenig Tannine. Dafür beerig-fruchtig mit schöner Vanillenote. Das Leben kann so schön sein.

Zeit zum Entspannen: Die Walliser Alpentherme liegt direkt am historischen Dorfplatz.

Ein kalter Wind weht durchs Dorf, als wir das Zimmerfenster am nächsten Morgen öffnen. Die Sturmlage hält an. Definitiv kein Skitourenwetter. Das Daubenhorn muss wohl warten. Halb so wild. Mit der Walliser Alpentherme haben wir eine Schlecht-Wetter-Alternative zur Hand. Es vergehen übrigens 40 Jahre, bis das versickerte Bergwasser sich in den Tiefen mit Mineralien anreichert und als 51 Grad Celsius heisses Thermalwasser wieder heraussprudelt.

Unsere Muskeln entspannen sich, die Gedanken schweifen. Was bleibt, sind die Eindrücke von einer genussvollen Skihochtour über wilde Gletscher in hochalpiner Szenerie ohne Tempo-Stress und Hektik. Und natürlich das wohlige Gefühl der heissen Quellen sowie der langanhaltende Vanillegeschmack des Walliser Grand Crus. Ein Wochenende für alle Sinne.


Nützliche Informationen

  • Anreise: Leukerbad ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossen: Die SBB fährt bis nach Leuk, von dort gibt es eine Busverbindung bis nach Leukerbad.
  • Übernachtungstipp: Lämmerenhütte SAC, Tel. +41 27 470 25 15, laemmerenhuette.ch Von Mitte Februar bis Anfang Mai und Mitte Juni bis Mitte Oktober bewirtet. Unbedingt im Vorfeld Platz reservieren.
  • Detaillierte Infos zum Thema Ski Touring: Leukerbad.ch und Skischule-Leukerbad.ch 
  • Bergführer Leukerbad: Philipp Werlen 
  • Bergbahnen: Mehr zu den Bergbahnen Torrent und Gemmi hier


Gewinn Leukerbad Wintercards oder Eintritte ins Thermalbad Leukerbad

Pulverschnee oder Thermalwasser? Wenn dir beide Aggregatszustände von H2O gleichermassen gefallen, dann setze Leukerbad auf deine Liste der Wunschdestinationen. Und das Beste: Wenn du auf unserem Post auf Instagram oder Facebook einen Kommentar hinterlässt, mit wem du die Auszeit in Leukerbad geniessen würdest, kannst du 10x die Winter Card Leukerbad und 10x Eintritte ins Thermalbad Leukerbad gewinnen. Das Gewinnspiel läuft vom 10.01.2024 bis 24.01.2024 um 23.59 Uhr, der oder die Gewinnerin wird zufällig aus allen Kommentaren ausgelost.

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind Personen über 18 Jahre mit Wohnsitz in der Schweiz. Zu gewinnen gibt es 10x die Winter Card Leukerbad (Wert je CHF 84, bei der Winter Card Leukerbad gilt Dynamic Pricing und der Wert der Wintercard kann daher variieren) und 10x Eintritte ins Thermalbad Leukerbad (Wert je CHF 37). Die Gutscheine können vor Ort eingelöst werden, unter Berücksichtigung der AGB der My Leukerbad AG. Sie können nicht in bar ausgezahlt werden. Um zu gewinnen, müssen Teilnehmende den Beitrag zum Gewinnspiel auf Instagram oder Facebook zwischen dem 10.01. und 24.01.kommentieren und uns sagen, mit wem sie eine Auszeit im Leukerbad machen möchten. Der oder die Gewinnerin wird am 25. Januar 2024 im Laufe des Tages nach dem Zufallsprinzip ausgelost und per Antwort auf den Kommentar und zusätzlich per Direktnachricht benachrichtigt. Wird der Gewinn nicht innerhalb von 72 h in Anspruch genommen durch Antwort auf die Direktnachricht, wird neu ausgelost. Der Gutschein wird dem Gewinner oder der Gewinnerin digital zugestellt. Das Gewinnspiel wird in keiner Weise von Instagram / Facebook gesponsert, unterstützt oder organisiert. Ansprechpartner und Verantwortlicher sind Bächli Bergsport AG für das Gewinnspiel und My Leukerbad AG für den Gewinn selbst.


Weitere mögliche Tourenziele rund um den Gemmipass:

1) Daubenhorn

Östlichster Gipfel in der Runde der hervorragenden Skiberge über der Lämmerenhütte mit spektakulärem Tiefblick auf Leukerbad. In Verbindung mit der auf der Landeskarte namenlosen Varnerschneide nördlich des Tschajetuhorns lange Abfahrt ins Rhonetal.

  • Schwierigkeit: WS- (mässig)
  • Dauer: 3 h
  • Aufstieg: 800 hm
  • Max. Höhe: 2942 m
  • Alle Infos zur Tour hier: Daubenhorn Tour auf dem SAC Tourenportal

2) Wildstrubel Mittelgipfel

Beliebtes Skitourenziel von der Lämmerenhütte oder von der Engstligenalp. Die sanften Hänge im Süden oder die rassige Abfahrt durch das NNW-Couloir ins Ammertentäli bieten für Skifahrer jeden Niveaus etwas.

  • Schwierigkeit: L+ (leicht)
  • Dauer: 3.5 bis 4 h
  • Aufstieg: 1050 hm
  • Max. Höhe: 3242 m
  • Alle Infos zur Tour hier: Wildstrubel Tour auf dem SAC Tourenportal

3) Schwarzhorn (Lämmeren)

Der Gipfel liegt ganz auf Walliser Boden auf der französisch-deutschen Sprachgrenze oberhalb Aminona in der Region Montana. Das Schwarzhorn überragt mit hohen, unzugänglichen Felswänden das Dorf Leukerbad. Gegenüber liegen Torrenthorn sowie Rinderhorn, Altels und Balmhorn. Im Norden verlockt der breite Wildstrubel zur Besteigung, vor allem auf dem direkten Weg via Lämmerenhütte und Lämmerengletscher. Im W überragt es den Glacier de la Plaine Morte, und gegen S bietet es einen freien Blick auf die Walliser Hochalpen.

  • Schwierigkeit: ZS- (ziemlich schwierig)
  • Dauer: 2.5 bis 3.5 h
  • Aufstieg: 830 hm
  • Max. Höhe: 3104 m 
  • Alle Infos zur Tour hier: Schwarzhorn Tour auf dem SAC Tourenportal

4) Gesicherte Touren-Tipps für Einsteiger

Das Wallis mit seinen 45 Viertausendern ist eines der beliebtesten und anspruchsvollsten Skitourenziele der Schweiz. Was vielleicht weniger bekannt ist – auch Skitoureneinsteiger kommen voll auf ihre Kosten. Insgesamt 15 Destinationen bieten gesicherte Strecken, auf denen erste Skitourenerfahrungen ganz ohne alpine Gefahren gesammelt werden können. Alle Infos zu den Tourenskirouten im Wallis findest du auf der offiziellen Website.


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