Eisklettern bedingt den routinierten Einsatz von Eisschrauben. So simpel diese auch sind, bieten sie offensichtlich Raum für Innovationen. Petzl hat es durch Reduktion geschafft, eine neue Form der Eisschraube zu kreieren. Wir schauen genauer hin und zeigen, wie die mobile Eissicherung überhaupt eingesetzt wird.
Eigentlich sind Sicherungstechniken beim Fels- und Eisklettern relativ ähnlicher Natur: Ein fixer Punkt, befestigt in der Wand, der das Anbringen einer Exe erlaubt. Der grosse Unterschied ist – das dürfte klar sein – die Beschaffenheit der Wand. Ein gefrorener Wasserfall sieht morgen anders aus, als er es heute tut; der Fels bleibt, wie er ist. Mobilität und Flexibilität sind gefragt. Was beim Felsklettern der Bohrhaken, ist daher beim Eisklettern die Eisschraube. Simpel muss diese sein, schnell und intuitiv nutzbar. Daher sind Eisschrauben wahrscheinlich auch etwas Archaisches und nicht per se im Hauptblickfeld innovativer Entwicklungen. Müsste man zumindest meinen, denn Petzl hat kürzlich mit einer genialen Anpassung die Eisschraube neu definiert.
Manche Ideen und Entwicklungen sind so einfach, dass man sich unweigerlich fragt, warum vorher noch nie jemand darauf kam. Eisschrauben hatten seit jeher vier Zähne, die sich ins Eis frassen. Petzl hat reduziert und ihre Eisschrauben mit nur drei Zähnen ausgerüstet. Diese absolute Banalität sorgt dafür, dass die Schraube beim Aufsetzen nicht wackelt – wie ein dreibeiniger Stuhl. Dadurch lässt sich mehr Druck aufs Eis ausüben, das Eindrehen geht schneller und fällt leichter. Eine kleine Innovation mit revolutionärem Effekt.
Wollt ihr selbst im Eis klettern gehen, müsst ihr unweigerlich mit Eisschrauben umgehen können. Und zwar aus dem Effeff, schliesslich hängt euer Leben daran. Damit ihr darin sattelfest werdet, macht ihr die ersten Schritte idealerweise mit einem Profi oder besucht einen entsprechenden Kurs – beispielsweise bei unserem Partner Bergpunkt. Auf was ihr beim Kauf und Einsatz achten müsst, zeigen wir euch in den folgenden Absätzen.
Scharf auf Eis
Qualität geht über alles. Eine hochwertige Eisschraube hat eine glatte Oberfläche und scharfe Zähne. Das lässt sie effizient eindrehen. Raue und stumpfe Modelle kosten euch in der Wand Kraft und Zeit. Das kann unter Umständen gefährlich werden, wenn eine Schraube zügig gesetzt werden muss. Ein gutes Sortiment besteht darüber hinaus aus verschiedenen Längen. Die meisten Hersteller arbeiten mit Farbcodierungen, damit ihr die Schrauben an eurem Klettergurt voneinander unterscheiden könnt.
Scharfe Zähne sind unabdingbar: Petzl zeigt, wie eine Eisschraube richtig geschliffen wird.
In der Vertikalen ist das Setzen einer Eisschraube eine pragmatische Angelegenheit. Dennoch gibt es einige wichtige Dinge, die ihr beachten müsst. Bevor es losgeht, positioniert ihr euch: Steht möglichst entspannt, das Zuggewicht hängt am gestreckten Arm, mit dem ihr eine sauber positionierte Eisaxt greift. Die zweite Eisaxt verstaut ihr. Platziert nun die Eisschraube auf Hüfthöhe. Das ermöglicht euch einen optimalen Druck.
Keine Schraube locker
Das Eindrehen an und für sich unterteilt sich in drei Schritte: Zuerst platziert ihr die Zähne der Schraube. Mit drei bis fünf Umdrehungen drückt ihr die Schraube ins Eis, bis sie sich wortwörtlich festbeisst. Das Ganze macht ihr in einem 90-Grad-Winkel zur Oberfläche oder jedoch mit leichter Neigung gegen unten. Dreht die Schraube nicht von oben ins Eis. Auch wenn das vielleicht logisch erscheint, ihr kreiert dadurch im Falle eines Sturzes eine Hebelwirkung, die das Eis ausbrechen lassen kann.
Der kritische Teil kommt mit den ersten Umdrehungen. Achtet darauf, dass ihr die Schraube erst mit kleinen, halben Drehungen ins Eis treibt. In diesem Stadium ist ein Ausfallen noch stets möglich. Erst wenn alles sicher festsitzt, nehmt ihr die Kurbel zur Hand und dreht die Eisschraube vollends bis zum Anschlag rein. Zum Schluss klappt ihr die Kurbel ein. Voilà, eure Eissicherung ist einsatzbereit.
Rein vom Ort der Platzierung geht ihr wohlüberlegt vor. Hier kommen viele Faktoren zum Zuge, die ihr von der Felssicherung kennt. Sicherungen machen auch im Eis dann Sinn, wenn sie beispielsweise vor einer kritischen Stelle gesetzt werden. Das ist jedoch noch nicht alles, denn die Beschaffenheit der Wand spielt zusätzlich eine ausgeprägte Rolle. Eisqualität sowie -struktur, Temperaturschwankungen und nicht zuletzt das umliegende Terrain sind alles Dinge, die beachtet werden müssen. Um geeignetes Eis zu erkennen, braucht es Übung. Darum ist, wie bereits erwähnt, eine theoretische Abhandlung sämtlicher Sicherheitsaspekte des Eiskletterns nicht realistisch. Wer sich für die Praxis dennoch vorbereiten möchte, findet bei Petzl gut dokumentierte Anleitungen. Die beschriebene Technik gilt übrigens auch für Hochtouren im Eis.
Und weil wir ständig davon reden: Selbstverständlich findet ihr Eisschrauben in unserem Sortiment. Nebst dem restlichen Material, das ihr für einen erlebnisreichen, vertikalen Tag am Eis oder Fels haben müsst.
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