Annapurna 1, Nordwand... Dieser Berg erweist seinem Ruf wirklich alle Ehre! Welch ein Monster! Welch eine Schönheit!
Inzwischen habe ich schon so manche Berge gesehen, aber diese Masse aus Fels und Eis ist zugleich majestätisch und einschüchternd! Hmmm... Wo geht denn der Weg lang??... Wenn man geradewegs vor diesem unendlich grossen Gletscher steht, fragt man sich wahrlich, wo man denn da irgendwo durch kommen wird? Mit Dawa Sangay Sherpa unterwegs zu sein, der bereits zwei Mal auf dem Gipfel gestanden hat, ist schliesslich recht beruhigend.
Solche grossen Berge benötigen eine sorgfältige Vorbereitung. Da darf man nichts vergessen... Der vergangene Winter in der Schweiz war gerade ausreichend um alles vorzubereiten: Von der Suche finanzieller Mittel, über das Training, bis zur Vorbereitung des Materials, das ist ein Vollzeitjob!
Das Training, wohlwissend, im Gleichgewicht mit Regeneration, ist unabdingbar. Man muss in guter körperlichen Verfassung starten, insbesondere erholt und idealerweise mit einigen zusätzlichen Kilos, welche in den Bergen als Reserven dienen, quasi wie die Murmeltiere. Der Sauerstoffmangel ist dafür verantwortlich, dass der Körper an all seinen Reserven zehrt, wodurch auch ein beachtliches Schmelzen der Muskelmasse erfolgt. Sébastien, mein Coach von SportQuest, sagte mir: "Du bist wohl die einzige Frau, die ich trainiere, die Kilos rauf haben möchte!".
Die Suche nach finanziellen Mitteln, das heisst, ein Budget für drei Expeditionen pro Jahr, ist ebenfalls eine Stressquelle und viel Arbeit. Ein besonderes Dankeschön all den Personen und Gesellschaften, die mir das Vertrauen schenken und ohne die dieses allen voran menschliche Abenteuer, herausfordernd und solidarisch in Bezug auf die Aktionen von Terre des hommes und Recco, nicht stattgefunden haben könnte. MERCI euch allen.
Die Mittel zusammengesammelt, das Training beherrscht, bleibt noch die Ausrüstung und das Material der Expedition. Die Genauigkeit dieser Vorbereitungen wird den Unterschied zwischen "Komfort" und Sicherheit in den Bergen machen. Nochmals, nichts vergessen. Um zusätzliche Gebühren für Übergepäck zu begrenzen, lasse ich jetzt das Gross des technischen Materials in Kathmandu und Sangay bringt diese direkt nach Islamabad für die Expeditionen in Pakistan. Die Wetterbedingungen, die Härte des Lebens in den Basislagern und insbesondere der Lager in den Höhen sind die Gründe, dass das Material keine sonderlich gute Behandlung erfährt und somit jährlich zu erneuern ist. Des Weiteren wäre da die Nahrung für die Lager in den Höhen, das ganze Photomaterial, Video, Batterien, Ladegeräte, Dekoration für mein Zelt, usw... nichts vergessen...
Aber kommen wir zurück zum Annapurna. Am 3. April sind wir für unsere erste Akklimatisationsrunde aufgebrochen. Der Zustieg zum Camp 1 erfolgt schliesslich über den Felssporn auf der rechten Seite, wodurch ein erstes Plateau erreichbar ist, ein schöner Aufstieg, abwechslungsreich und ziemlich schwierig. Am Folgetag um zu Camp 2 zu gelangen, ist es erforderlich die grosse Ebene zu überqueren um zu einem kleinen, zentralen Sporn zu gelangen, und um 500 Höhenmeter später in Mitten der Gletscherabbrüche ein zweites Plateau zu erreichen, so dass zu den Zelten des Camp 2 aufgestiegen werden kann. Zwei lange Tage und wir erreichen die Höhe von 5500m, die Höhe des Kangchenjunga Basislagers... wohl gesagt, wir sind noch nicht oben angekommen!
Ausnahmsweise findet das Puja Ritual, das normalerweise vor dem ersten Aufstieg in die Höhe praktiziert wird, gerade nach unserer ersten Rotation statt. Dies ist äusserst selten, da der Glaube und Aberglaube der Sherpas es prinzipiell ablehnt, vor der Puja einen Fuss in die Berge zu setzen. Aber das Wetter und der Kalender haben anders entschieden und letztlich ist alles gut verlaufen bei dieser ersten Runde.
Noch ein oder zwei Tage des Ausruhens und das Ziel wird sein in Camp 3 zu schlafen...
16. April, seit einigen Tagen zurück von unserer zweiten Rotation, wo wir zwei Nächte in Camp 2 verbracht haben, auch, wenn wir nicht zu Camp 3 gehen konnten, ist die gute Nachricht, dass es einer Top-Seilschaft gelungen ist, eine Route am "Holländersporn" zu begehen, die seit vielen Jahren nicht wiederholt wurde. Eine technische Route, aber für mein Empfinden ziemlich "safe" im Rahmen der Komplexität dieses Geländes. Bei unserer Rückkehr im Basislager feierten wir das nepalesische Neujahr (Jahr 2076) mit einem super Buffet, das alle Teams des Basecamps versammelte, danke den Köchen! Das war spitze! Maya Barsakho Subha Kamana! Happy New Year !!
28. April, zurück auf diesen Gipfel, denkwürdiger Aufstieg
Vom Basecamp waren wir am 20. April mit Sangay direkt ins Camp 2 gestiegen. Yan hatte uns ein Schön-Wetterfenster angekündigt. Aufgrund mangelnden Windes und einer senkrecht stehenden Sonne ist das Vorankommen im weichen und tiefen Schnee schwierig und gefährlich.
Erste schlechte Überraschung, unser Zelt in Camp 1 ist stark verformt. Wir benötigen mehr als eine Stunde um es zu schliessen und um unsere Sachen im Lager wiederzuerlangen.
Nach 1300 Höhenmetern, Camp 2. Wir haben das Zelt abgebaut und waren somit richtig froh, dass unsere Sachen in Sicherheit waren, hingegen wurden zwei andere Zelte zerstört. Plattform wiederhergestellt und Zelt wieder aufgebaut, konnten wir uns schliesslich ausruhen. Am 21. bei Sonnenaufgang starten wir die lange Etappe in Richtung Camp 3. Wir haben den Schnee bis zu den Knien und das Vorankommen ist langsam bis zum "Holländersporn". Der Geländekessel ist majestätisch, jedoch bei genauerem Hinsehen furchteinflössend. Ein Gefühl von russischem Roulette kommt beim Passieren zwischen Lawinen und Gletscherabbrüchen auf. Auf dem Grat, selbst wenn dieser teils sehr zugespitzt ist, sind wir sicherer. Und da im Himalaya nichts niemals gewonnen ist, bleibt noch ein enormer Serac von der Grösse mehrerer Gebäude am Ende des Grates zu bezwingen, bevor Camp 3 auf 6550m erreicht wird! Die Etappe am 22. ist dann etwas "moderater", aber die Rucksäcke wiegen schwer und die Höhe ist gegenwärtiger. Das Camp 4 auf 7050m befindet sich in einer Mulde des Gletschers, schwierig das Zelt da aufzustellen. Endlich gegen 15 Uhr ist es aufgestellt, wir trinken und essen ein wenig und versuchen zu schlafen. Wir entschliessen uns um 22 Uhr in Richtung des Gipfels aufzubrechen. Eine erste gigantische Eismauer gibt sogleich den Ton an, dann folgen lange, lange Stunden in tiefem Schnee, die nicht mehr enden wollen. Das Pusten des leichten, kalten Windes reicht, um unsere Spuren in wenigen Minuten wieder zu bedecken. Die ersten Sonnenstrahlen sind mehr als willkommen. Die Wiederaufstiege und Überquerungen der Gipfelhänge sind ebenfalls endlos...
Am späten Morgen erreichen wir den Fuss der "Franzosenrinne". Der Zweifel hat die gleiche Höhe wie der Schnee, den es zu Spuren gilt um das Couloir zu eröffnen und es stehen noch 200 Höhenmeter bevor. Dies gelingt uns vier Stunden später!! Juhuuu, so schön, der Gipfel!! Was wir in 17 Stunden aufgestiegen sind, steigen wir in 4 Stunden wieder hinab, andere benötigen mehr als 8 Stunden. Unfähig zu essen, aber überglücklich brechen wir mit Sangay in unserem Zelt in Camp 4 zusammen. Am nächsten Tag erreichen wir nach 8 Stunden mit all unserem Gepäck auf dem Rücken das Basislager 2850 Höhenmeter tiefer. Der Abstieg durch den grossen, tiefen Schnee muss rassig gehen... es ist gefährlich... aber das ist uns gleich, wir haben den Gipfel in der Tasche. Im Basislager angekommen, blicke ich zum Gipfel und ich sage ihm: "Salut!! Never again!!".
Zurück in Kathmandu, das ist die Rückkehr in die Zivilisation, den Komfort, ein Bett, eine Dusche, Verbindungen, Freunde, Familie, Glück.
Bei einem Kaffee mit meiner Freundin Billi Bierling, Verantwortliche für Himalayan Database, bekam ich die Statistik des Annapurnas verkündigt: Ich bin die 15. Frau auf dem Gipfel Annapurna 1 (8091m), die erste Französin, die erste Schweizerin und... die erste Kanadierin... Ich lasse euch die bevorzugte Nationalität auswählen, unterdessen bin ich sehr stolz auf mich.
Einige Tage Erholung in Pokhara, anschliessend in Kathmandu mit manch leckeren DhalBath, gaben mir etwas Energie zurück!! Und unmittelbar danach, wo ich doch gerade schon akklimatisiert bin... könnte doch eine kleine Tour auf den Kangchenjunga wagen.....? ... Dies wäre für mich der dritte Versuch auf den dritt höchsten Berg der Erde, dessen höchster Punkt sich auf 8585m erstreckt, nach dem Everest und dem K2... Start zum Basislager am 6. Mai. Fortsetzung folgt...
Zweifel bestanden bis zum Gipfel. Bereits in Kathmandou, bevor es los ging, fing ich mir eine Lebensmittelvergiftung ein, die mich 24 Stunden mit übelsten Bauchschmerzen im Griff hatte und ich entleerte mich wie ein armes Huhn! Das war der Vorabend der Hochzeit meiner Freundin Futi Sherpa, um nicht zu sagen, das Fest war leider ohne mich gelaufen.
Im Basislager angekommen, erkältete ich mich und die Bronchien dankten es mir mit einem mühsamen Husten, dass mir bald die Lunge rauskommen wollte... Am 9 Mai, als Sangay und ich die Sachen zum Camp 1 auf 6250m trugen hatte ich nicht die grosse Form... Ein Ruhetag und das passende Fenster kündigt sich an, am 11. machen wir uns direkt zu Camp 2 auf den Weg. Ein hübscher Durchfall ist an diesem Morgen zu Gast, das beruhigt mich so ganz und gar nicht. Der Wind in der Höhe bei Camp 2 ist ziemlich stark, so dass die Meisten entscheiden einen Tag im Camp 2 zu bleiben. Wir entscheiden mit meiner japanischen Freundin Naoko und unseren Sherpas, bis zum Camp 3 weiterzugehen. Bereit eine Etage aufzusteigen und je höher, desto besser für den Körper zum Akklimatisieren. Am 13. setzten wir den Aufstieg zum Camp 3 auf 7350m fort. Über 6 Stunden brauchten wir, um dies zu erreichen... Eine echt anstrengende Etappe mit verdammt schweren Rücksäcken...
Mit einem Mal änderten Naoko und der Chilene, mit denen wir den Gipfel besteigen wollten, ihre Meinung und ziehen es vor die Nacht des 14. abzuwarten. Sangay und ich verzichteten darauf, zu zweit loszuziehen, sondern wir entscheiden uns ebenfalls für den Zwischenstopp in Camp 4.
Der Start ist für den 14. um 17 Uhr vorgesehen. Um noch eins drauf zu setzen: ich musste alles erbrechen, was ich mühsam zu mir genommen hatte... Ich mache mich trotzdem auf den Weg... Während der Nacht ist dann Sangay an der Reihe, dass alles, was er geschluckt hatte, ihm wieder hochkommt. Manche Passagen, wo ich schon letztes Jahr unterwegs gewesen war, erkenne ich wieder und ich realisiere, dass der Weg noch lang ist... Oberhalb von 8000m nehmen wir die zweite Felspartie in Angriff, bei 8400m sind wir an jenem Ort, wo wir 2018 umgekehrt waren... Sangay geht voraus und er lässt mir keine andere Wahl, ich steige weiter... Wir passieren steiles, gemischtes Geländer!!!... Dieser letzte Abschnitt ist kein Geschenk, nicht nachdenken, einfach klettern... Und doch: Welche ein Geschenk! ...Welch Geburtstagsgeschenk!!! Nach zwei Versuchen eine riesen Freude die beiden Füsse um 7.15 Uhr nach 14 Stündigen Aufstieg auf dem Gipfel dieses heiligen Monsterberges zu setzten.
Es ist kalt auf dem Gipfel. Nach einigen Minuten ist der Fotoapparat gefroren und wir müssen absteigen. Gegen 13 Uhr sind wir zurück wir in Camp 4... Happy Birthday lady 80000 !!!
Die erste Französin, die erste Schweizerin und... die erste Kanadierin... und die 21. Frau überhaupt auf dem Gipfel des Kangchenjunga gemäss Himalayan database. Der Zweifel wurde besiegt, Champagner!!!
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