Berge und ihre sensiblen Effekte auf den Klimawandel werden von nationalen Beobachtungsnetzwerken analysiert. GLAMOS untersucht beispielsweise die Schweizer Gletscher, während PERMOS den hiesigen Permafrost-Zustand beobachtet. Die bereitgestellten Informationen sind ein wertvoller Beitrag über alpine, klimarelevante Veränderungen, die nicht zuletzt Bergsteigenden, Wandernden und dergleichen zugutekommen. Die Problematik: Es fehlt oft an Echtzeitinformationen.
«Zeitnahe Informationen aus Berggebieten fehlen dort, wo keine dauerhaften Messstationen installiert sind», erkannte Alexia Massacand, Klimaforscherin sowie Gründerin von MountaiNow, und führt weiter fort: «Einmal jährlich an bestimmten Messpunkten vor Ort zu forschen ist mit hohem Aufwand verbunden». Ein weiteres Problem sei, dass die Bergregionen wesentlich empfindlicher auf den Klimawandel reagieren und Auswirkungen auf den Menschen schnell zur reellen Gefahr werden können. «Während die globalen Temperaturen im 20. Jahrhundert auf Meeresniveau um 0,74 Grad anstiegen, erhöhten sie sich auf ungefähr 1'000 Meter über Meer um rund 2 Grad», so Massacand.
Jeder und jede kann forschen
Auf einer praktischen Hochtour kam Massacand dann auch eine kreative sowie einfache und effiziente Lösung in den Sinn. Während der Hitzewelle 2015 war Massacand auf einem Gletscher unterwegs und musste etliche Spalten umgehen, die wenige Tage zuvor noch nicht erkennbar waren: «Uns dämmerte es, dass wir uns gegenseitig über aktuelle Bedingungen und Gefahren informieren mussten, sonst würde das Bergsteigen zu gefährlich werden». Die Idee von MountaiNow war geboren.
Die Vision war denkbar simpel. Menschen informieren andere Menschen darüber, was sie in den Bergen beobachten. Der einfachste Weg dazu? Fotos mit dem Smartphone schiessen und auf einer gemeinsamen Plattform teilen. Das ist denn auch das Grundprinzip von MountaiNow: Eine simple App mit tagesaktuellen Bildern, die auf einer Karte verortet werden und somit die Wissenschaft unterstützen.
Citizen Science nennt sich das Konzept hinter der Datensammlung. Laien recherchieren, melden Beobachtungen und teilen diese. Dabei werden die Beiträge letztendlich mit professionellen Messungen abgeglichen und beurteilt. Userdaten werden dabei anonymisiert. Das Vorgehen ist denkbar einfach: Verdächtig viele Spalten im Gletscher? Einfach ein Foto knipsen. Eis- oder Felssturz beobachtet? Kurzerhand mit der Kamera draufhalten – schon wird aus der Bergtour ein wissenschaftliches Projekt.
Werdet Teil der Testphase
Als Startschuss lancieren Massacand und ihr Team die sogenannte Beobachtungskampagne 2021. Noch bis zum 30. September werden als Pilotprojekt hauptsächlich Beiträge aus den Regionen am Aletsch-, Zinal-, Trientgletscher sowie von der Diavolezza gesucht. Ob simples Foto von der Landschaft oder detailliertere Beschreibungen von Schneehöhen und -beschaffenheit sind dabei gleichermassen erwünscht.
Mit wenigen Schritten könnt ihr bei der Kampagne mitmachen:
- Ladet die kostenlose MountaiNow App für iOS oder Android auf euer Smartphone.
- Schiesst Fotos und stellt eure Beobachtungen online. Fokussiert euch wenn möglich auf Landschaften, Steinschläge, Gletscherschmelze und -seen, Schneehöhe, Seracs oder Eislawinen.
- Idealerweise kommen die Fotos aus den erwähnten Testregionen.
Gebt euer nächsten Bergtour nebst persönlichen Erlebnissen einen Mehrwert – damit eure Erinnerungsfotos nicht nur auf eurem Instagram-Profil landen, sondern einen wertvollen Beitrag für die Wissenschaft leisten.
Infos zu MountaiNow
Die App MountaiNow ist gratis, in vier Sprachen verfügbar (Deutsch, Französisch, Italienisch sowie Englisch) und deckt den gesamten Alpenraum ab. Mit der Beobachtungskampagne 2021 wurde ein Pilotprojekt gestartet, das von MeteoSchweiz mitfinanziert wird. Weitere Informationen gibt es unter www.mountainow.net oder direkt in den Filialen von Bächli Bergsport
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