Was für uns pure Freude und Freizeit ist, bedeutet für andere oft Stress und Störung – die Rede ist von der Tierwelt, denn in ihren Lebensraum dringen immer wieder Tourengänger ein. Wie du deine Tour ganz einfach anhand von vier Regeln richtig planst, stellen wir dir im Blog vor – und noch ein paar interessante Fakten über die heimische Tierwelt!
Regel 1: Respektiere Wildruhezonen und Wildschutzgebiete
Hand auf’s Herz – hast du auf deiner Abfahrt immer im Blick, wo vor dir eine Wildruhezonen oder ein Wildschutzgebiet liegt? Eigentlich ist es ganz einfach, sind diese Karten doch mit einem Klick online verfügbar. Diese Zonen im Blick haben solltest du nicht nur zum Schutz der heimischen Arten, sondern auch deines Portemonnaies. Aber zuerst: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen den beiden Zonen? Kurz zusammengefasst:
Wildruhezonen sind Gebiete, die einen Rückzugsort für viele verschiedene Tiere bieten. Man unterscheidet in empfohlene (in Karten gelb markiert) und rechtsverbindliche (rot markiert) Zonen.
Wildschutzgebiete haben den Schutz einiger ausgewählter Arten und ihrer Lebensräume im Fokus. Sie sind immer rechtsverbindlich (rot in Karten markiert).
Empfohlene Wildruhezonen sind in den Karten gelb, rechtlich bindende rot markiert. Tafeln weisen vor Ort auf die Gebiete hin. Quelle: Swisstopo und natur-freizeit.ch
Beide dienen also als Rückzugsort der Tiere, in der sie möglichst ungestört den Winter überstehen sollten. Während Tourengänger in den Bergen temporär Entspannung und Freude suchen, «müssen» Wildtiere in der Natur den ganzen Winter leben – daher haben ihre Bedürfnisse Vorrang.
Eine Flucht vor einem plötzlich sehr schnell nahenden Skifahrer durch den tiefen Schnee verbrennt sehr viel zusätzliche Energie, die bei einem ohnehin knappen Nahrungsangebot im Winter im schlimmsten Fall zu Krankheit und Tod führen kann.
Flucht im Winter verbraucht an sich schon Energie – je tiefer der Schnee, umso höher der Verbrauch. Quelle: natur-freizeit.ch
Was viele ebenfalls nicht wissen – laut Jagdgesetz (Abschnitt 7) kann das absichtliche Hinaustreiben von Tieren aus Schutzgebieten sogar zu einer Freiheitsstrafe führen und das «Missachten von Massnahmen zum Schutz vor Störungen» eine Busse bis 20.000 Franken nach sich ziehen. Es lohnt sich also doppelt, diese Gebiete weiträumig zu meiden.
Übrigens lassen sich die entsprechenden Zonen ganz einfach mit einem Klick auf die Layer in den Apps von Swisstopo oder White Risk einblenden – und damit schon bei der Vorplanung berücksichtigen.
Regel 2: Bleib im Wald auf den bezeichneten Wegen & Routen
Gerade im Winter brauchen Touren mehr Vorbereitung – Lawinenlage, Schneebericht und fehlenden Markierungen wie im Sommer sei Dank. Während Schneeschuhläufer noch ausgewiesenen Trails folgen können, müssen sich Skitourengänger noch genauer mit Gelände und Routenlage auseinandersetzen – und das braucht eine gründliche Vorbereitung. Dabei sollten unbedingt auch die Schutzgebiete in den Karten berücksichtigt und «No-Go-Zones» definiert werden.
Startet man nun auf die Tour, ist die Verlockung gross, dabei einfach einem vorgespurten Aufstieg zu folgen – das ersetzt jedoch nicht das eigenständige Mitdenken. Folge den eingezeichneten Routen und verlasse diese nicht – vor allem nicht im Abstieg oder der Abfahrt.
Oft fällt das Wort «Gewöhnung» – aber hast du schon mal vom Thema «Sensitivierung» gehört? Beides sind Gegensätze: Während sich Tiere z.B. rund um Hütten und viel begangene Wege an gleichartige, konstante und relativ häufige Störungen, denen sie gut ausweichen können, gewöhnen können, kann bei bestimmten Störungen das Gegenteil der Fall sein.
Sensitivierung bezeichnet eine immer weitere Flucht bis hin zur Aufgabe des Überwinterungs-Standortes. Oft wird dies durch mehrfache, unvorhersehbare Störung von oben wie plötzlich schnell auftauchenden Skifahrern ausgelöst – meist von diesen gänzlich unbemerkt. Besonders stark können Tiere gemäss dem Verein «Natur & Freizeit» durch folgendes Verhalten gestört werden:
- Eine unübliche, nicht vorhersehbare Route (z. B. querfeldein statt auf dem Weg)
- Überraschungseffekt (z. B. hohe Geschwindigkeit oder unerwartetes Auftauchen um Geländekanten);
- Annäherung von oben (Skifahrer, Snowboarder, Gleitschirmflieger);
- lärmende Gruppen;
- Menschen mit Hunden
Quelle: Kampagne «Respektiere deine Grenzen – Schneesport mit Rücksicht» von «Natur & Freizeit».
Regel 3: Vermeide sensible Bereiche wie Waldränder und schneefreie Flächen
Unabhängig vom Schutzstatus kannst du mit deinem Verhalten dazu beitragen, Tiere im Winter so wenig wie möglich zu stressen – egal ob als Wintersportler, Winterwanderer oder Fotograf. Dabei hilft die Faustregel: «Je näher an waldigem Gebiet, desto eher störst du Wildtiere».
Oberhalb der Baum- und Strauchgrenze solltest du nur felsige oder schneefreie Flächen meiden, denn hier suchen Tiere oft nach Nahrung. Im Wald dagegen solltest du unbedingt auf den offiziellen Routen bleiben. Dies gilt übrigens umso mehr, wenn du in der Dämmerung unterwegs bist – denn gerade zwischen Tag und Nacht und zwischen Wald und offenem Gelände sind Tiere besonders gern unterwegs. Das Trichterprinzip vom Verein «Natur & Freizeit» hilft beim Verständnis.
Beim Trichterprinzip wird der Bewegungsspielraum, den du nutzen kannst, ohne Wildtiere zu stören, mit abnehmender Höhe bei der Abfahrt bzw. beim Abstieg enger. Quelle: natur-freizeit.ch
Regel 4: Hund dabei? Führe ihn an der Leine – und fliege Drohnen mit Bedacht
Für alle, die einen Vierbeiner mit auf Tour oder auch beim Winterwandern mitnehmen – diese müssen in Schutzgebieten angeleint sein. Und auch sonst empfiehlt es sich, vor allem Hunde mit starkem Jagdtrieb an der Leine zu führen.
Wenn du dagegen die Winterlandschaft gern aus der Vogelperspektive betrachten möchtest, beachte, dass hier die gleichen Einschränkungen bezüglich Schutzgebieten wie für Wintersportler gelten. Drohnen werden oft als Greifvögel interpretiert und können daher gerade bei kleineren Tieren, aber auch bei Gemsen einen Fluchtreflex auslösen. Denn auf dem Speiseplan von Steinadlern stehen unter anderem auch Gamskitze – und zwischen Drohnen und Adlern können Gemsen nicht wirklich unterscheiden. Prüfe also gut, wo du deine Drohne einsetzt und welchen Stress sie auslösen könnte.
4 Winter-Fakten über die heimische Tierwelt
Steinböcke produzieren im Winter nicht etwa mehr Wärme oder essen einfach mehr – im Gegenteil. Sie senken die Körpertemperatur und Herzschlagrate in den kalten Nächten und können so Temperaturen bis -35 Grad aushalten. Tagsüber halten sie sich an sonnigen Hängen auf, um sich wieder aufzuwärmen. Dabei hilft ihnen auch ihr dunkler gefärbtes Winterfell.
Bartgeier brüten im Winter und wärmen ihre Eier bis zu -30 Grad mit «Daunenhosen», einem dichten Daunenkleid unterhalb der Deckfedern. Das Junge wird in der ersten Zeit von Kadavern ernährt. Sie überwintern in einem Horst in felsigem Gelände.
Diesen vier Tieren begegnet man in den Bergen – hoffentlich nur aus der Ferne. Sie alle überwintern bei eisigen Temperaturen und müssen dafür ihre Energiereserven schonen.
Schneehühner überwintern in ihrem weissen Winteroutfit – sie wechseln drei bis vier Mal im Jahr das Federkleid. Zu längeren Ruhezeiten und bei grosser Kälte ziehen sie sich in isolierte Schneehöhlen, ähnlich Iglus, zurück. Diese Höhlen geben sie bei Stress fluchtartig auf, was zu ihrem Tod führen kann. Als einzige Vogelart leben sie Sommer wie Winter ausschliesslich oberhalb der Baumgrenze und sind daher beim Tourengehen besonders zu beachten.
Murmeltiere überwintern im Bau im Boden – und in der Grossfamilie. Im sogenannten «Schlafkessel», einem mit 12 bis 16 kg Heu ausgestatteten Nest, liegen die Jungtiere in der Mitte, umringt von den älteren Tieren. Sinkt ihre Temperatur zu tief oder wird der Bau zu kalt, unterbrechen ältere Tiere ihre Starre und wärmen den Kessel mit ihrer nun erhöhten Körpertemperatur, um die Jungtiere auf der überlebenswichtigen Temperatur zu halten. Noch ein Fun Fact: Die Alttiere im Murmeltierbau wecken alle 2 Wochen den ganzen Bau, indem sie beginnen zu zittern. Dann lösen sich alle kurz aus ihrer Starre – um dann wieder weiter zu schlafen.
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