Offene Stellen

Newsletter

DE | FR | IT
  1. Erlebnis
  2.  > 
  3. Blog

Clariden & Tödi Südwestwand

Chris Moser, Mittwoch, 10. April 2019

Den Tödi besteigt man im Winter für gewöhnlich auf zwei gängigen Routen. Normalerweise geht man die Tour in zwei Tagen, sportliche ZeitgenossInnen bewältigen die Bergfahrt an einem Tag. Und dann gibt es eben noch die Spinnervariante. Dabei wird vor dem Tödi zuerst noch der Clariden mitgenommen, und anschliessend durch die Südwestwand direkt auf den Tödi geklettert.

Motivation

Den Tödi 3614m besteigt man im Winter für gewöhnlich auf zwei gängigen Routen. Aus dem Glarnerland, via Fridolinshütte und Bifertengletscher, oder aus dem Büdnerland durch das Val Russein und über die Gliemspforte Pkt. 3254m. Normalerweise geht man die Tour in zwei Tagen, sportliche ZeitgenossInnen bewältigen die Bergfahrt an einem Tag.

Und dann gibt es eben noch die Spinnervariante. Dabei wird vor dem Tödi 3614m zuerst noch der Clariden 3267m mitgenommen, und anschliessend durch die Südwestwand direkt auf den Tödi geklettert. Um Logistikprobleme auszuschliessen, wählten wir als Start- und Endpunkt Tierfehd. As simple as this.

Die Tödi Südwestwand ist an und für sich schon ein richtig grosses Kaliber. Die Wand misst ungefähr 1200 Höhenmeter und ist durchgehend 45-50 Grad steil. Da die sie relativ abgelegen ist, wird eine Besteigung meistens in zwei Tage aufgeteilt, mit Start von der Claridenhütte 2451m oder der näher gelegenen Planurahütte 2947m. Die Schwierigkeiten sind stark von den Verhältnissen abhängig. Bei guten Firnverhältnissen mit Trittschnee ist es nicht viel mehr als luftiges Schneestapfen, bei zunehmender Ausaperung wird man gezwungen einige brüchige Felsbänder zu queren, was die Angelegenheit dann wesentlich ersthafter erscheinen lässt. Für unser enchaînement spekulierten wir mit mehr oder weniger gutem Trittschnee.

Tour

Start in Tierfehd Pkt. 806m um 06:20 Uhr Sommerzeit. Die Zeitumstellung fand ich der Nacht auf heute statt, somit war ein derart später Start gut zu verantworten. Der Wegweiser zeigte 4.5 Std. bis zur Fridolinshütte, 4.5 Std. bis zur Claridenhütte und 6.5 Std. bis zur Planurahütte. Doch nebst den Hütten wollten wir zusätzlich noch zwei kleine Gipfel mitnehmen, soviel zu unserem Tagesprogramm.

Zügig schritten wir über die historische Pantenbrugg, und erreichten wenig später den Wegweiser bei Sandwiti Pkt. 1082m. Unterdessen hatten wir Licht, und fanden somit auf Anhieb die potentielle Ideallinie durch den steilen Wald hinauf Richtung Rietbödeli. Wir folgten dazu mehr oder weniger der Bachrunse.

Etwas absteigend gelangten wir in der Folge hinunter zum Walenbach und Altenoren, und konnten in der Folge ohne Umwege zum Gletscherchopf Pkt. 2359m und zur Claridenhütte 2451m ansteigen. Bis hier hatten wir selber gespurt, doch nun brauchten wir bloss noch der Clariden-Autobahn zu folgen. Es ging auch nicht lange, bis wir die ersten Clariden-Aspiranten ein- und überholten. Sie fragten sich bestimmt, weshalb die beiden Flitzer einen Helm trugen und zwei Eisgeräte mitführten. Brauchte man solch Gerät wirklich für den Clariden 3267m? Wir ignorierten jegliche Kommentare und schritten schwungvoll voraus.

Die letzten Meter waren aufgrund der recht hohen Pace relativ zäh, doch Dank einer guten Spur erreichten wir nach 3.5 Stunden bereits das Gipfelkreuz. Wir genossen für einen Moment die wunderbare Aussicht auf die umliegenden Berggipfel. Der Tödi 3614m, König des Glarnerlandes, überragte sie alle, und dieser war nun unser nächstes Ziel. Rasch und direkt fuhren wir nach Süden zum Claridenhorn hinab, um mit viel Speed auf den Hüfipass Pkt. 2942m zu gelangen.


Die Planurahütte 2947m links (östlich) umfahrend gelangten wir schliesslich auf den Sandfirn, und die Höhe haltend erreichten wir wenig später bereits den Sandpass Pkt. 2780m. Wuchtig ragte nun der Tödi 3614m mit seiner eindrücklichen Westwand vor uns auf, und sogleich fing das Herz an zu klopfen. Waren wir den Anforderungen wirklich gewachsen? Zuviel denken sollte man in so einem Moment nicht, sondern besser handeln! Also fuhren wir vom Sandpass Pkt. 2780m steil hinab nach Gondas 2450m, wo wir bequem an den Wandfuss querten (die Querung vom Sandpass unter dem Chli Tödi hindurch errachteten wir als zu umständlich).

Nun hatten wir sie direkt vor uns, die Tödi Westwand, zwischen uns uns dem Gipfel lagen satte 1200 Höhenmeter. Die Route war mehr oder weniger gut einzusehen, und die Verhältnisse schienen ebenfalls passabel zu sein. Die Flanke präsentierte sich durchgehend schneebedeckt, was die Begehung vereinfachen würde. Da ein Skiaufstieg hier kaum mehr Sinn machte, montierten wir sogleich die Steigeisen, nahmen die Pickel zur Hand und machten uns auf zum Marsch Richtung Gipfel.

Die ersten Höhenmeter ging es noch moderat zu und her, doch schon bald steilte die Wand auf, und wir befanden uns im 45° steilem Gelände. Der Schnee war hartgefroren und perfekt gangbar, so kamen wir gut vorwärts. Sicher lag es auch am vorgegebenen Tempo von Stephan. Kurz vor der ersten Querung nach rechts gelangten wir auf Trittspuren, welche vom Chli Tödi 3076m rüberführten, die Wegfindung durch den Felsriegel wurde uns somit abgenommen. Bis auf eine kurze Stelle konnten wir den Felsriegel alles im Trittschnee umgehen, und schon bald befanden wir uns auf den riesigen Firnpanzer, welcher geradewegs nach oben zog.


Das zwischenzeitliche Hochgefühl, dass wir die Wand nun bereits im Sack hätten, legte sich schon bald wieder, denn es wurde noch einmal richtig anstrengend, und die Höhe setzte uns langsam aber sicher zu. Während die Sommerroute nach links auf den Westgrat führte, folgten wir der Winterroute gerade hinauf zu den markanten Türmen. Das Gelände war nun gegen 50° steil und der Schnee hart, was uns auf die Frontzacken wechseln liess. Die Exposition war beachtlich, unter uns ging es 1000m in die Tiefe. Zwischen den Türmen hindurch galt es ein Felsband aus abwärtgeschichtetem, brüchigem Gestein zu überwinden, etwas unangenehm aber letztendlich unschwierig. Anschliessend war der Weg frei, und wir konnten nach kurzer Zeit, zuletzt rechtshaltend, auf den Südgrat aussteigen. Wir hatten es geschafft, die Wand war bezwungen, und wir gelangten in wenigen Schritten zum Gipfelkreuz.

Obschon äusserst kurzweilig, benötigten wir dennoch etwas mehr als zwei Stunden für die Wand; vor allem nach oben hin wurden wir stets langsamer und mussten die eine oder andere, kurze Verschnaufpause einlegen. Doch nun hatten wir uns eine längere Pause verdient. Der Gipfel war unterdessen nur noch schwach bevölkert, die meisten Tödi Aspiranten waren bereits wieder auf dem Rückweg oder schon beim Bier. Wir genossen die Ruhe und freuten uns riesig über die bisher sehr erfolgreiche Tour. Ich verspürte nun leichte Kopfschmerzen und Übelkeit, dagegen half leider nur Abschied nehmen und möglichst rasch in tiefere Lagen vorzudringen. Schnell gelangten wir über den Bifertengletscher hinab zu den Gletscherbrüchen. Den oberen Bruch konnten wir zu Fuss durchqueren, ohne die Steigeisen zu montieren. Der Wind, welcher den Schnee über das blaue Gletschereis fegte, sorgte für eine wunderschönes Naturschauspiel. Für den unteren Bruch brauchten wir die Ski dann nicht mehr abzuziehen. Anschliessend ging es zügig hinunter nach Hintersand, und nach einem kurzen Gegenanstieg gelangten wir via Vordersand und Sandwiti zurück zum Ausgangspunkt in Tierfehd. Fazit: Das war eine riesen Kiste heute - einfach nur wow! Den Tödi 3614m über die Südwestwand zu besteigen, und vorher noch rasch den Clariden 3267m mitzunehmen, dies in eine schöne Rundtour zu verpacken und in 8 Stunden durchzumarschieren - viel mehr war in Sachen Skibergsteigen nicht mehr möglich! Von der Planung bis zur Ausführung hatte alles so geklappt wie wir es uns vorgestellt hatten. Es war eine Tour der Extraklasse und die Krönung eines tollen und erlebnisreichen Winters!

Facts:

  • Route: Tierfehd - Pantenbrugg - Sandwiti - Rietbödeli - Altenoren - Gletscherchopf (Claridenhütte) - Claridenfirn - Clariden - Hüfipass - Planurahütte - Sandpass - Gondas - Tödi SW-Flanke - Tödi - Bifertengletscher - Tentiwang - Hintersand - Vordersand - Sandwiti - Pantenbrugg - Tierfehd. 
  • Distanz: 35km - Höhenmeter: 3720m 
  • Ausrüstung: Rennski, 2 Paar Skifelle, Steigeisen (Stahl), 2 Eisgeräte, Klettergurt, 2 Eisschrauben, 20m Reepschnur, Helm, 2 Paar Handschuhe, Wärmejacke, Verpflegung.

Die Zeiten:

  • Start Tierfehd Pkt. 806m um 06:21 Uhr. 
  • Zwischenzeit Clariden 3267m um 09:52 Uhr. 
  • Zwischenzeit Sandpass Pkt. 2780m um 10:28 Uhr. 
  • Zwischenzeit Gondas 2450m um 10:49 Uhr. 
  • Zwischenzeit Tödi 3614m um 13:09 Uhr. 
  • Ankunft Tierfehd Pkt. 806m um 14:38 Uhr. 
  • Total mit Pausen: 8:17 Std

Weitere, spannende Touren im Gebiet:

  • Gemsfairenstock 2972m & Piz Cazarauls 3063m: klick
  • Chammliberg 3214m & Clariden 3267m (Südwestwand-Couloir): klick
  • Chli Schärhorn 3232m (NE-Flanke) und Gross Schärhorn 3297m: klick
  • Clariden 3267m, Bocktschingel 3068m & Tüfelsjoch 2919m: klick!

Weitere Beiträge

Bächli Race Team sponsored by Dynafit - Saison 2018/19

Das Bächli Race Team, zusammengesetzt aus sechs Mitarbeitenden von Bächli Bergsport, kann auf eine lange und erfolgreiche Saison 2018/19 zurückblicken. Ein Bericht.

Formtest mitten in der Weltelite - Skitourennen Mezzalama

Am 28. April 2019 fand im italienischen Mezzalama eines der sechs grössten Skitourenrennen der Saison statt. Neben der Gesamtdistanz von 40 Kilometern und über fast 4000 Höhenmetern, forderten vor allem der meist starke Wind und die Kälte die Teilnehmenden heraus. Die X-Alps-Team`s rund um Paragliding-Weltmeister Chrigel Maurer und Patrick von Känel belegte mitten im Feld von Weltklasse Athleten den ausgezeichneten 24. Sowie 108. Rang.

Tödi Südwestwand

Der Tödi ist unbestritten der Big Boss der östlichen Urner und Glarner Alpen. Ebenso wenig Zweifel gibt es, dass die Challenge Tödi-in-a-day ins Palmares eines jeden ambitionierten Skialpinisten gehört. Dabei wird fast immer die Route von Norden ab dem Tierfehd gewählt. Eine weitere, begehrte aber deutlich seltener begangene Tour am Tödi stellt die Südwestwand dar.

Flumserberge Rundtour

Training für gemeinsame Skimo-Rennen brachte Chris und Urs auf die Flumserberger Rundtour. Fazit: Eine awechslungsreiche und aussichtsreiche Tour, lediglich eine Stunde von Zürich entfernt.

UNESCO erklärt den Umgang mit der Lawinengefahr zum immateriellen Kulturerbe

Die UNESCO hat den Umgang mit der Lawinengefahr in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Ein Einblick in die Geschichte und ein Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen in der Lawinenprävention beim Bergsport.

Digitale Skitourenplanung der nächsten Generation

Skitourenguru ist ein fester Begriff in der Schweizer Skitourenszene. Für den Winter 2018/19 bietet die Plattform mit einer neuen Methode verbesserte und umfangreichere Möglichkeiten zur Tourenplanung. Wie in der Vergangenheit werden 1’000 Routen in der Schweiz täglich mit einem Risiko-Indikator bewertet. Hinzu kommt nun eine schweizweite Bewertung des gesamten Geländes.

Patrouille mal zwei - das Bächli Race Team

Vor zehn Jahren wurde das Bächli Race Team gegründet. 2018 bringt die «Betriebssportgruppe» erstmals zwei Skizüge bei der
legendären Patrouille des Glaciers an den Start. Ein Interview mit Patrik Herrmann.

Pizzo Campo Tencia und Pizzo Forno bei Faido

Chris Moser über seine jüngste Tat bei Faido im Tessin. Zwei Gipfel, 30.4 km, 3100 Höhenmeter, 7:32 Stunden.

Passende Inhalte

Kommentare

Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar schreiben