Ihr eröffnet bald eine Boulderhalle in Baden. Wie kam es dazu?
Kevin: Das war eigentlich ganz simpel. Da es in Baden noch gar nichts in Richtung Klettern gibt, kam mir der Gedanke einer eigenen Boulderhalle. Mit Dimitri, den ich vom Routenbau im Kletterzentrum Gaswerk in Schlieren kenne, war ich im privaten Boulderraum am trainieren – da sprach ich ihn auf die Idee an. Am gleichen Tag kam eine Nachricht von ihm zurück: «Ja machen wir das jetzt?»
Wisst ihr noch, wie aus der Idee ein echtes Projekt wurde?
Kevin: Wir haben von Anfang an damit begonnen, nach einem Gebäude zu suchen. Wir hatten ambitionierte Absichten, wollten jedoch nichts erzwingen. Dimitri hat schliesslich über einige Ecken von einer leerstehenden Halle auf dem ehemaligen Ferro-Areal erfahren. Von diesem Zeitpunkt an haben wir Vollgas gegeben – Businessplan, Vermieterkontakt, Finanzierung und vieles mehr nahmen Formen an. Ende letztes Jahr, als wir die Bank und einen ersten grossen Investor ins Boot holen konnten, wurde es wirklich ernst. Von einem Tag auf den anderen war das Projekt nicht mehr fiktiv.
Eine eigene Boulderhalle. Das klingt, gerade wenn man selber leidenschaftlich klettert, durchaus romantisch. Nun seid ihr jedoch Firmeninhaber, ihr müsst euch um Dinge kümmern, die weit weg vom Bouldern sind. Hat das euren Blickwinkel auf das Projekt verändert?
Kevin: Nur bedingt. Wir waren schon vorher Angestellte in einer Kletterhalle, da kamen wir teilweise bereits mit den geschäftlichen Aspekten des Betriebs in Berührung, was durchaus seine Vorteile hatte. Zudem habe ich eineinhalb Jahre in einer Bank in verschiedenen Abteilungen an der Front sowie im Marketing und der Kommunikation gearbeitet. Das gab mir einen gewissen nüchternen Einblick in den Finanzierungsbereich.
Dimitri: Bei mir ist es ähnlich. Ich bin gelernter Möbelschreiner mit Erfahrung in der Planung und Umsetzung von Ausstellungen. Dieser Background half uns, die konzeptuellen und baulichen Schritte des Projekts von Anfang an realistisch anzugehen. Kevin und ich ergänzen uns ideal mit unseren Expertisen und Aufgaben.
Dennoch, so ein Bauvorhaben ist sicherlich nicht immer einfach?
Dimitri: Natürlich. Nach jeder guten Nachricht kommt immer gleich eine schlechte. Wir sehen das aber stets als Herausforderung. Es sind schlicht Probleme, die wir lösen müssen.
Kevin: Genau, unser Job ist es, gute Ideen voranzutreiben und Herausforderungen zu meistern. Man darf sich von nichts unterkriegen lassen. Manchmal sind wir down, aber nach einer Nacht drüber schlafen kommt die Energie zurück. Es gibt aber auch Tage, an denen völlig unerwartet alles klappt. Das motiviert. Es gibt grössere und kleinere Hürden, aber irgendwie schafften wir es immer. Wir haben zudem ein super Umfeld mit Freunden, Kollegen und Familie, die uns immer wieder unterstützen.
Könnt ihr uns eine konkrete Herausforderung aus eurem Alltag nennen?
Dimitri: Da war zum Beispiel die Kanalisation. Erst hiess es, dass alles in Ordnung sei, doch dann kam plötzlich der Einwand, dass die Rohre nach Löchern untersucht werden müssen. Prompt wurden solche entdeckt, was für uns bedeutete, dass Sanierungsarbeit anfallen würde.
Kevin: Wir fanden schliesslich jedoch heraus, dass die Arbeiten auf die Kappe des Vermieters gehen. Das hat die Sache gleich wieder relativiert. Zumindest aus finanzieller Sicht.
Wie sieht denn der momentane Stand auf eurer Baustelle aus?
Dimitri: Die baldige Eröffnung wird Realität, aber es gibt noch einiges zu tun. Zum Beispiel werde ich noch den Empfangstresen bauen und auch im Bistro fällt noch einiges an.
Kevin: Viele Kleinigkeiten wie Elektroinstallationen sind auch noch offen. Und auch die IT ist gefordert. All unsere Systeme wie die Kasse, die Aboverwaltung und so weiter sollen einwandfrei funktionieren, wenn wir öffnen. Die Wände sind jedoch fertig, hier werden nun noch die Matten verlegt.
Ihr habt als Standort eine alte Industriehalle gewählt. Wie nutzt ihr diese?
Dimitri: Wir wollten unbedingt, dass die Halle in ihrer Architektur und Ästhetik ihre Wirkung beibehält. Das Gebäude hat eine kräftige Ausstrahlung mit einzigartigen Rundungen und lichtspendenden Dachfenstern. Der ganze Raum muss atmen können, darum haben wir beim Ausbau auf viel Platz geachtet. Alles ist so gebaut – von den Boulderblöcken bis zur leichten Lichtaufhängung – dass die Halle noch immer so wahrgenommen wird, wie sie ursprünglich war.
Kevin: Genau. Das spiegelt sich auch im Verhältnis vom Platz auf der Matte zu den Boulderflächen wieder. Wir haben eine riesige Fläche, das wollten wir nutzen. Wir hätten noch wesentlich mehr Kletterwände reinbauen können, es würde dann aber für unsere Besucher schnell zu eng werden, man würde sich nicht mehr wohlfühlen. Durch unser Konzept können Gäste auch mal eine ganze Trainingseinheit an einem Block oder Sektor bleiben, ohne anderen permanent im Weg zu stehen.
Dimitri: Trotzdem haben wir den Platz natürlich ausgenutzt. Dies jedoch vor allem in der Höhe. Auf unseren Blöcken sind Galerien eingerichtet, die begehbar und mit Brücken verbunden sind.
Ihr sprecht die Boulderfläche und die Blöcke an. Was erwartet Boulderer diesbezüglich?
Kevin: Unser Ansatz war es, die Wände simpel zu halten. Durch den Trend, immer grössere Griffe und Volumen zur Verfügung zu haben, macht es aus unserer Sicht keinen Sinn, zu viele Strukturen vorzudefinieren. Wir arbeiten daher in erster Linie mit unterschiedlichen Neigungswinkeln der Wände. An denen wird es Routen in allen Schwierigkeitsgraden haben. Zudem haben wir Bereiche für verschiedene, individuelle Ansprüche gebaut. So haben wir eine Trainingswand geschaffen, die Athleten und Profis anspricht. Auch eine Kurswand ist vorhanden. Diese kann für Teilnehmende abgesperrt werden. Der grösste Teil ist aber schon durchmischt, damit sich die Gäste austauschen können.
Dimitri: Wir haben darüber hinaus einen Kraftbereich und einen Calisthenics-Park gebaut. Diese befinden sich teilweise auf 1den Galerien – wo übrigens auch zusätzlich gebouldert werden kann. Man kann hier also gut und gerne eine ganze Session verbringen.
Bei allen baulichen Aspekten: Was ist eure Vision fürs Bouba?
Kevin: Wir möchten die grösste Sportcommunity in Baden aufbauen. Bouldern ist der Kern, wir wollen jedoch auch weitere Berührungspunkte fördern – beispielsweise durch andere urbane Sportarten wie beispielsweise Yoga. Wir können uns aber auch ganz andere Angebote vorstellen. Wir haben einen riesigen Aussenbereich, auf dem wir Ideen in Richtung Food Festival umsetzen könnten.
Dimitri: Egal ob Anfänger oder Profi, die Zusammengehörigkeit mit komplett fremden Menschen ist beim Bouldern sehr ausgeprägt. Ich weiss noch, als ich mit dem Sport begann, sah ich Kevin, der damals schon seit Jahren aktiv und im Nationalteam war, wie er superharte Routen mit einer umgehängten Gewichtsweste kletterte. Da wurde mir klar, was überhaupt alles im Klettersport möglich ist. Wenn Einsteiger Athleten zusehen können, motiviert das. Daher ist die erwähnte Zusammengehörigkeit und Durchmischung so wichtig. Dieses Gefühl wollen wir im Bouba vermitteln.
Habt ihr bereits Pläne für die erwähnten Zusatzangebote?
Kevin: Zuerst soll sich der Boulderbetrieb etablieren, er ist unser Kerngeschäft. Wenn wir merken, dass die Nachfrage vorhanden ist, dann stecken wir natürlich alles rein, um ein gewünschtes Angebot zu etablieren oder zu erweitern.
Das Wichtigste zum Schluss: Wann ist die grosse Eröffnung?
Dimitri: Dieses Jahr liegt sicherlich drin.
Kevin: Auf jeden Fall spätestens dann, wenn wir die Schulung für unsere Kaffeemaschine im Bistro erfolgreich abgeschlossen haben.
Kevin Huser
Der Widener klettert seit 17 Jahren – früher sogar für die Nationalmannschaft im Sportklettern. Auch beruflich lässt ihn der Sport nicht los: Während mehrere Jahre arbeitete er als Routenbauer.
Dimitri Canonica
Seit 5 Jahren klettert der gelernte Schreiner aus Dietikon. Seinen beruflichen Werdegang bringt er mit seiner Arbeit als Routenbauer in Einklang.
Mehr Infos zur Boulderhalle Baden findet ihr unter www.boulder-baden.ch.
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