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Hochtouren im Herbst

Fabian Reichle, Mittwoch, 23. September 2020

Im Oktober ist die Hochtourensaison eigentlich vorbei. Eigentlich. Mit sorgfältiger Planung und mitspielenden Bedingungen können sich manche Gipfel trotzdem lohnen, bevor es in die Skitourensaison geht. Wir zeigen, auf was ihr achten müsst und geben euch einige Tourenziele mit auf den Weg.

Im Sommer lockt die Höhe. Aus der drückenden Hitze fliehen und auf einsamen Berggipfeln die Abkühlung suchen. Doch Hochtouren haben nicht nur einen praktischen Wert, sondern auch einen sentimentalen. Gletscher, Felsen, Gipfel. Erhaben über allem, in der wilden Natur – das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Doch das Zeitfenster dafür ist denkbar knapp; zumindest verglichen mit typischem Bergwandern.

Wenn im Herbst die perfekte Wandersaison anbricht und die Bergpfade bevölkert werden, legen viele Hochtouren-Gipfel eine Pause ein – und mit ihnen Tourengängerinnen und -gänger, die sich ein wenig auf verlorenem Posten fühlen. Doch keine Panik, denn einerseits laufen die stoischen Berge nicht davon, der nächste Sommer wird kommen, und andererseits gibt es auch im Herbst noch einige lohnenswerte Hochtourenziele. Eine intensivere Planung vorausgesetzt.
 

Faktor Zeit

Es klingt banal, aber im Herbst werden die Tage kürzer. Von den langen Sonnentagen im Sommer verwöhnt, fehlen schnell einige Stunden. Der Grundsatz lautet: Idealerweise endet eure Tour zwei Stunden vor der Dämmerung. Mit diesem Zeitpuffer beugt ihr unnötigem Stress vor. Führt die Tour über Gletscher ist es jedoch ratsam, dass ihr bereits um die Mittagszeit herum wieder in der Hütte seid. Die ganz grossen Projekte solltet ihr daher aufs Folgejahr verschieben. Auch wenn ihr durch die Hochtourensaison eure Fitness gestärkt habt, kann der Schein trügen, denn ein weiterer Faktor ist unbedingt zu beachten.

Faktor Infrastruktur

Fürs Akklimatisieren und Energietanken sind auf Hochtouren in der Regel Hütten die erste Anlaufstelle. Achtet bei Herbsttouren darauf, dass viele von ihnen bereits im September ihren Betrieb reduzieren oder ganz einstellen. Selbiges gilt für Bergbahnen. Sie haben meistens einen ausgedünnten Fahr- und Betriebsplan. Am Morgen kommt ihr später los und am Abend fährt die letzte Bahn früher. Das heisst euch steht weniger Zeit für die Tour zur Verfügung. Eure Touren werden unter Umständen aus dem Tal sehr viel länger und logistisch aufwändiger, da ihr damit rechnen müsst, eure eigene Nahrung mitzunehmen.

Und auch mit dem Trinken müsst ihr überlegt kalkulieren: Bäche und Quellen, die im Sommer Wasser liefern, werden versiegt sein. So droht im Herbst oft die sprichwörtliche Durststrecke. Die Natur ändert sich, das hat Folgen für die Tourenplanung.

Faktor Wetter

Wiederum banal: Der Herbst ist kälter als der Sommer. In höheren Lagen kühlen die Nächte oftmals bereits wieder so fest ab, dass man auf Hochtouren in nassen Gegenden mit Eisbildung rechnen muss. Dafür sinkt die Gewittergefahr drastisch, da die Luft generell trockener ist als im Sommer  – was aber nicht heisst, dass sie vollkommen versiegt.

Vorsicht auch bei Gletschern. Viele sind im Herbst ausgeapert, bestenfalls liegt eine kleine, griffige Schneedecke auf ihnen. Meist sind die Spalten daher weit offen. Hier also lieber konservativ sein und allfällige, sichere Alternativwege gehen. Oder im Zweifelsfall aufs nächste Jahr verschieben.

Im Sommer werdet ihr keine Hochtour ohne Wetterschutz angehen. Zu dieser Selbstverständlichkeit kommt im Herbst aber womöglich noch einiges garstigeres Wetter dazu. Schneefall bis unter 1000 Meter ist ab Oktober keine Seltenheit. In solchen Fällen solltet ihr die Gipfelbesteigung nicht in Angriff nehmen.

Muss das sein?

Geschlossene Hütten, keine Gondeln, gefährliche Gletscher und unbarmherziges Wetter. Macht es überhaupt Sinn, im Herbst eine Hochtour zu planen? Die diplomatische Antwort: Ja und nein.

Der Herbst kann wunderschön sein, mit grandiosem Wetter und sensationeller Fernsicht und besten Bedingungen. In diesem Fall: Warum nicht? Tritt das nicht ein, dann freut euch einfach auf die kommende Skitourensaison. Zudem müsst ihr im Oktober nicht grad die allerhärtesten Grate und Wanddurchstiege angehen. Gemächlichere Touren bieten sich eher an. Wenn alles passt, werdet ihr belohnt – indem ihr wahrscheinlich allein auf weiter Flur den Berg für euch geniessen könnt und die herbstliche Landschaft mit all seinen Farben, Facetten und Veränderungen wahrnehmen könnt. Wann habt ihr sonst die Chance, den Übergang von der warmen zur kalten Jahreszeit in alpiner Umgebung zu geniessen?

Einige lohnenswerte Bergziele für den Oktober möchten wir euch vorstellen. Achtung: Die Beschriebe entsprechen den «Standardrouten» und sind nicht in Stein gemeisselt. Wie gesagt, beobachtet die aktuellen Gegebenheiten, plant möglichst risikofrei und bleibt bei Zweifel und Unsicherheit zu Hause.

  • Vrenelisgärtli
    Relativ simple Gletschertour von Südwesten via der Glärnischhütte und dem Schwandergrat aufs Vrenelisgärtli (2904 m).
  • Wildhorn
    Ausgehend von der Wildhornhütte (2303 m) führt der Standardweg über die flachen aber doch mit einigen Spalten versehenen Chilchligletscher und Glacier de Téné. Nach rund 950 Höhenmetern ist der Gipfel am westlichen Ende der Berner Alpen erreicht.
  • Breithorn
    Der Klassiker für Einsteiger und solche, die Hochtouren- und 4000er-Luft schnuppern möchten. Bequeme Hinfahrt mit der Gondel bis zur Station Klein Matterhorn und von dort in einfacher Manier über etwas mehr als 400 Höhenmeter auf den Gipfel.
  • Krönten
    Abgesehen vom Gipfelturm, hier wartet eine kurze Kletterei, einfache Besteigung über den Westgrat – Startpunkt bei der Kröntenhütte. Wer auf dem zweigeteilten Gipfel ankommt, springt vom Ost- zum Westgipfel.
  • Sustenhorn
    Eine weitere Tour für Einsteiger. Gut erreichbar mit grandioser Aussicht. Den Aufstieg via Steigletscher direkt aufs Sustenhorn (3502 m) oder zuerst bis zur Tierberglihütte und dann am nächsten Tag von dort weiter, ist aktuell nicht empfehlenswert wegen möglicher Stein- und Eisschlaggefahr.
  • Dammastock
    Vom Hotel Belvédère startet man in Richtung Rhonegletscher, dem man anschliessend gen Norden folgt bis zum höchsten Punkt der Zentralschweiz, dem Dammastock (3630 m).
  • Galenstock
    Auf dem Weg zum Dammastock gibt es mit dem Galenstock (3568 m) einen weiteren lohnenswerten Gipfel. Der erste Teil entspricht der Route zum Dammastock, bei der Höhenkurve 2520 m steigt ihr rechts hoch und über den Grat auf den Gipfel.
  • Diechterhorn
    Eine Tour über den Südwestgrat, die von der Gelmerhütte aus startet.

Habt ihr andere Hochtouren, die ihr euch für den Herbst aufgespart habt oder freut ihr euch bereits auf den Winter? Falls ihr eure Bergschuhe bereits verstaut und die Skischuhe hervorgeholt habt, dann schaut doch einmal bei unseren Bächli on Tour-Angeboten rein. Der frühe Vogel fängt den Wurm: Bucht am besten jetzt schon eine Skitour oder noch besser einen Lawinenkurs, damit ihr euch das nötige Rüstzeug aneignen könnt, um selber auf Touren zu gehen.

Alle Angebote von Bächli on Tour findet ihr hier: www.baechli-bergsport.ch/baechliontour.

 

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Kommentare

Fabian Reichle | 01.10.2020 14:17
Lieber Adrian, danke für den Hinweis zum Sustenhorn.
Adrian Bachmann | 01.10.2020 13:12
Sustenhorn ist die dringende Empfehlung via Sommerzustieg zur Tierberglihütte. Ausserdem ist diese bereits geschlossen und hat keinen Winterraum. Daher ist aus meiner Sicht das Sustenhorn derzeit keine gemütliche Herbsttour mehr.
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