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Hoch, höher, Barrhörner

Fiona Stappmanns, Freitag, 08. Oktober 2021

Lange dauert es, bis wir uns für ein Ziel entschieden haben, der Herbst bietet doch so viele schöne Optionen. Wieso unsere Wahl am Ende auf die Barrhörner fiel? Den höchsten Wandergipfel der Schweiz mit 3610m zu besteigen klingt verlockend, ebenso wie die Aussicht auf zahlreiche 4000er, wie den Dom, das Weisshorn und das Bishorn. Einzig das Wetter sah etwas unbeständig aus, aber wir beschlossen, es doch zu wagen.

Am Mittag ging es gemütlich vom Parkplatz Senntum los. Zwar kann das Barrhorn bei entsprechender Fitness auch an einem Tag besteigen werden, wir beschlossen jedoch, es gemütlich anzugehen und hatten somit an diesem Mittag nur die rund 700hm zur Turtmannhütte zu bewältigen. Für den Zustieg stehen verschiedene Optionen zu Auswahl, welche allesamt bestens ausgeschildert sind. Wir entscheiden und für den Schluchtenweg, der sich malerisch neben der Turtmänna den Berg hinaufschlängelt.


Immer wieder erhaschen wir einen Blick auf die umliegenden Berge, die im nächsten Moment schon wieder hinter den wilden Fichten und Felsblöcken verschwinden. Wir finden sogar einige Blaubeeren als erste Stärkung für den Weg. Etwa auf halber Strecke zum Turtmannsee mündet der Weg auf eine Forstrasse, von der es zügig bis zum Stausee geht. Von hier führt ein Wanderweg auf ziemlich direktem Weg zur Hütte. Das Wetter erweist sich tatsächlich als etwas unbeständig, jedoch bricht plötzlich, als wir uns bereits über dem See befinden, die Sonne aus den Wolken und hüllt die Szene in nahezu überirdisches Licht.


Nächtlicher Start

Die imposant über dem Tal thronende Turtmannhütte erreichen wir mit genug Zeit für einen Suuren Moscht vor dem Abendessen. Nach Suppe, Salat, Hauptgang und Nachtisch fallen wir ins Bett, schliesslich geht es für uns am nächsten Morgen früh raus. Schnell fällt Ruhe über die Hütte, nur unterbrochen vom obligatorischen Zimmer-Gspänli, der schon bald anfängt, schnarchend einen ganzen Wald zu zersägen.


Zwar ist offizielle Nachtwache für das Barrhorn erst um 6 Uhr, wir beschliessen uns jedoch einer Seilschaft mit dem Frühstück anzuschliessen, die am nächsten Tag das Brunegghorn in Angriff nimmt. Somit endet unsere Nacht bereits um 3:45 Uhr und wir machen uns - in der Hoffnung auf einen Sonnenaufgang über dem Bishorn - im Schein unserer Stirnlampen auf den Weg.


Nahezu meditativ setzen wir unter klarem Sternenhimmel einen Fuss vor den nächsten. Zunächst flach, bis nach kurzer Zeit der Weg an der Schlüsselstelle der Tour, dem „Gässli“ auf einmal steil wird. Das schotterige Couloir, welches oben in leichter, gut mit Drahtseilen versicherter Kletterei mündet, treibt uns schnell die Müdigkeit aus den Knochen. Zahlreiche, mit Gebetsfähnchen geschmückte Steinmännli begrüssen uns auf der Hochebene, welche uns nun zunächst deutlich weniger steil dem Barrhorn näherbringt.


Fotogene Morgenstunden

Bald bricht die blaue Stunde an und wir erkennen erste Schemen der umliegenden Berge, dies ist mein liebster Moment auf Bergtouren und jedes frühe Aufstehen wert. Wir bleiben kurz stehen, um den Wechsel der Farben mit der Kamera festzuhalten. Bald jedoch ziehen Wolken vor die Sonne und so spät im Jahr ist es in dieser Höhe und dieser Tageszeit noch empfindlich kalt, die Berge sind weiter oben sogar von nächtlichem Schneefall angezuckert.


Wir entschliessen uns, nicht über das Schöllijoch aufzusteigen, sondern wählen einen Abzweiger links, der uns auf direktem Weg und teilweise steil zum Üssern Barrhorn bringt. Der Schnee macht den Weg auf losem Gestein interessanter und angemessenes Schuhwerk und gute Einschätzung der Bedingungen lohnen sich vor allem später im Jahr.


Ausblick auf die Dächer der Schweiz

Vom Gipfel bietet sich an schönen Tagen ein imposanter Blick auf die Mischabelgruppe mit dem Dom und zahlreichen anderen umliegenden 4000ern. Heute jedoch bleiben diese Berge - mit Ausnahme des Weiss- und Bishorns - hinter Wolken versteckt. Auf dem Rückweg lassen sich noch ohne grössere Mühe das etwas niedrigere Innere Barrhorn (3583), oder auch das Schöllihorn (3500) mitnehmen, welche wir heute jedoch auslassen und uns auf direktem Weg über das Schöllijoch auf den Abstieg machen. Als wir wieder auf der Hochebene angelangt sind, ist die Sonne wieder hinter den Wolken hervorgekommen und die Temperaturen lassen eine angenehme Rast auf den vom Gletscher geschliffenen Steinen zu.


Zurück in der Hütte warten wir bei Tee und einem wohlverdienten Stück Aprikosenkuchen einen kurzen Regenguss ab und machen uns anschliessend auf den restlichen Abstieg ins Tal. Unten angekommen erinnern uns die müden Beine an den langen Abstieg und wie immer ist es schön, die Tour barfuss mit einem kühlen Getränk ausklingen zu lassen.


Unterstützt wurde ich für diese Wanderung von Norrøna, deren Falketind-Hose direkt ihre Vielseitigkeit unter Beweis stellen konnte. Von schweisstreibenden Aufstiegen über Schnee und Regenschauer war alles dabei.


Eckdaten zur Tour

  • Aufstieg/Abstieg: 1760
  • Startpunkt: Parkplatz Senntum
  • Anreise: mit dem PKW bis Senntum und kostenpflichtig (TWINT/Bargeld) parkieren, oder aber mit dem ÖV: Mit der Seilbahn von Turtmann nach Oberems und von dort mit dem Bus nach Gruben, bzw. auf Nachfrage bis zum Parkplatz Senntum. Die Seilbahn informiert gerne über die Abfahrtszeiten
  • Übernachtung: Turtmannhütte für 70 CHF (SAC und Organisationen mit Gegenrecht), sonst 83 CHF, eine Reservation per Telefon wird empfohlen

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