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Bergführer sind Vermittler der Schönheit der Natur

Fabian Reichle & Josua Lay, Donnerstag, 26. August 2021

Kaum ein Beruf ist mehr mit der alpinen Naturwelt verbunden wie derjenige des Bergführers. Michael Wicky weiss dies besonders gut. Seit bald 30 Jahren besitzt er sein Diplom und gründete später mit Bergpunkt eine der grössten Schweizer Bergschulen. Wir haben mit ihm über nachhaltiges Verhalten in den Alpen, den Aufklärungsauftrag von Bergführern und überdimensionierte Skitouren-Expeditionen gesprochen.

Kaum ein Beruf ist mehr mit der alpinen Naturwelt verbunden wie derjenige des Bergführers. Michael Wicky weiss dies besonders gut. Seit bald 30 Jahren besitzt er sein Diplom und gründete später mit Bergpunkt eine der grössten Schweizer Bergschulen. Wir haben mit ihm über nachhaltiges Verhalten in den Alpen, den Aufklärungsauftrag von Bergführern und überdimensionierte Skitouren-Expeditionen gesprochen.  


Der Begriff Nachhaltigkeit umfasst ein breites Spektrum. Was verstehst du als Bergführer darunter?
Als Bergführer bezieht sich nachhaltige Entwicklung in erster Linie auf ökologische Aspekte speziell in der Bergwelt. Da unsere Wertschöpfung in der Schweiz stattfindet, ist die Nachhaltigkeit im Sinne des sozialen Teils ziemlich gut durch ein solides Arbeitsrecht und dergleichen verankert.

Wie wertest du ökologische Nachhaltigkeit?
Sie liegt mir sehr am Herzen. Wir arbeiten in der Natur, wir spüren und merken genau, dass es beispielsweise wärmer wird. Unseren Gästen wollen wir die schöne, intakte Bergwelt zeigen können. Allerdings konkurriert unsere Arbeit damit, dass wir uns per se in der Natur aufhalten.

Wie meinst du das?
Wir schätzen die Natur und versuchen, sie so wenig wie möglich zu belasten. Gleichzeitig erkunden wir die Bergwelt bis ins letzte, wilde Eck. Hier einen guten Mittelweg zu finden ist die grösste Herausforderung.

Du bist seit knapp 30 Jahren Bergführer. Wie haben sich die Ansprüche der Kunden verändert?
Ich merke, wie die Sensibilisierung kontinuierlich zunimmt. Gerade kürzlich hatte ich sehr interessante und schöne Gespräche mit meinen Kunden und Kundinnen beim Abendessen. Es scheint allen klar zu sein, dass wir uns in gewissen Punkten einschränken müssen. So sucht man im Gespräch nach praktischen Lösungen. Das ist der grosse Unterschied zu früher - es wird kaum mehr über die Grundsatzfrage diskutiert, sondern nach Lösungen gesucht. Dass soziale und ökologische Verantwortung überhaupt erst Relevanz hat, ist kein Thema mehr.

Wie war es denn früher?
Damals war schon vieles anders. Es ging noch um die Grundsatzfrage, ob die Erderwärmung vom Menschen beeinflusst sei oder nicht. Auch war man grundsätzlich weniger sensibilisiert und informiert. Da war zum Beispiel Abfallwegschmeissen in den Bergen noch kaum ein Delikt.

Inwiefern werden in der Bergführerausbildung ökologisches Handeln und Umweltthemen vermittelt?
Das wird und muss allein schon wegen der Wildschutzgebiete geschult werden. Die Tourenplanung fängt ja damit an. Ausserdem sind Bergführer Vermittler der Schönheit der Natur. Wir kriegen viel positive Kundenrückmeldungen, wenn wir sie auf die Schönheiten der Natur aufmerksam machen und ihnen Hintergrundinformationen über Flora, Fauna, Gletscher oder Tektonik weitergeben. Das war schon immer so - früher gab es bereits den «Blüemli-Kurs». Man musste Blumen, Tiere und deren Gewohnheiten kennen.


Gibt es Dinge im Bereich der nachhaltigen Entwicklung am Berg die dich stören?
Ja. Zum Beispiel die Kommunikation rund um Schutzgebiete. Schutz ist extrem wichtig, es braucht ihn, keine Frage. Gleichzeitig sollen aber alle Akteure mit ins Boot genommen werden, wenn Entscheidungen gefällt werden. Jagdverband, Naturschutz und Bergführer sollten vermehrt miteinander reden. Wie bereits erwähnt, Bergführer verstehen den Schutz von Flora und Fauna, daher wollen wir auch involviert werden. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich das Ganze verbessert. Gerade während Corona wurde es am Berg dichter, da müssen richtige und wichtige Regelungen gefunden werden.

Kannst du uns ein Beispiel nennen?
Ein gutes Beispiel ist ein bekanntes Bouldergebiet im Lindental, in welchem Vögel brüten. Dort wurde eine tolle Lösung gefunden: Von Sommer bis Winter kann gebouldert werden, im Frühling ist das Gebiet gesperrt, damit die Vögel brüten können. So haben alle Parteien etwas davon.

Du führst mit Bergpunkt eine der grössten Bergschulen der Schweiz. Was unternehmt ihr, um ökologisch nachhaltigen Bergsport zu gestalten?
Indem wir unseren Radius einschränken. So bieten wir zum Beispiel kein Heliskiing. Wir verzichten auch auf Skitouren-Expedition in die Antarktis und dergleichen. Das ist so entlegen, da muss man nicht hin und man würde viel Unberührtes zerstören. Wir bieten sehr wenige Reisen mit Flug an, aber nur wenn ein konkreter Nutzen gegeben ist. Beispielsweise wenn dadurch Bergführer im Iran dadurch unterstützt werden können. Schon länger sind alle unsere Aktivitäten und die der Gäste bei MyClimate CO2-kompensiert.

Welche Verantwortung siehst du bei Händlern, wie Bächli Bergsport einer ist?
Diese können viel durch Sensibilisierung und Information leisten. Fragen zum Verhalten am Berg, zum Umgang mit der Natur und Sicherheitsaspekte sollten auf positive Art und Weise weitergegeben werden. So wie beispielsweise mit dem Flyer, der von Mountain Wilderness und euch entwickelt wurde.

Können wir auch bei unserer Hauptaufgabe – dem Verkauf von Bergsportprodukten – Hebel ansetzen?
Diesbezüglich sehe ich Händler in der Pflicht, sich mit fairen und ressourcenschonenden Produkten und Materialien auseinanderzusetzen und diese transparent anzubieten. Am besten fände ich, wenn die Konsumenten über nachhaltige Herstellungsprozesse aufgeklärt werden. Beispielsweise durch den Einsatz von normierten Nachhaltigkeits-Labels. Das begünstigt letztlich verantwortungsvollen Konsum.

Möchtest du uns noch etwas mit auf den Weg geben?
Zum Thema Nachhaltigkeit ist die Politik entscheidend. Der Einzelne nimmt zum Beispiel höhere Preise in Kauf, wenn alle mehr bezahlen. Darüber hinaus würde ich fürs Fliegen gerne zwei Regeln einführen. Erste Regel: Je weiter man fliegt, desto länger muss man dortbleiben und sich mit der Kultur auseinandersetzen. Zweite Regel: Je älter man wird, desto weniger fliegt man. Als junger Mensch ist es wichtig, die Welt kennenzulernen, aber im Alter muss das nicht mehr sein. Das gilt auch für den Bergsport.


Über Michael Wicky
Michael Wicky aus Worb ist Geschäftsführer der Bergschule bergpunkt. Das Reisefeeling holt sich der Bergführer und Physiker zum Beispiel auf der Transalp, wo er skitourend eine Gruppe durch die Alpen von Nizza nach Wien führt oder auf alpinen und abenteuerlichen Klettertouren unterwegs ist. Die Alpen bieten ihm dazu ein genügend grosses Spielfeld. Beruflich ist ihm die optimale Betreuung der Bergführer wichtig, die dann wiederum den Gästen ein tolles Bergerlebnis ermöglichen.

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