Machen wir uns auf eine ungewöhnliche Schneeschuhwanderung im Val d’Anniviers: Es geht auf Entdeckungsreise der Höhlen des Zinalgletschers!
Diese Winterwanderung, die für jeden geübten Wanderer offen steht, bietet spektakuläre Rundblicke und Eindrücke, die den Tag unvergesslich machen.
Über den Zinalgletscher
Der Zinalgletscher entsteht bei der Verbindung von drei anderen Gletschern: dem Grand Cornier, dem Durand- und dem Mountet- Gletscher. Der Gletscher erstreckt sich über eine Länge von 7 Kilometern bei einer Fläche von 13 km² und liegt in einer Höhe zwischen 2100 und 3450 Metern über Meer. Aus dem Gletscher entspringt die Navisence, die das Tal herunterfliesst und Zinal durchquert.
Zur Information, der Zinalgletscher befindet sich im Rückzug, wie die meisten anderen Gletscher in den Alpen, und zwar um die zehn Meter jedes Jahr. Seit den 80er-Jahren beträgt der kumulierte Längenverlust 1800 Meter.
Die Höhlen, die sich am Anfang der Gletscherzunge befinden, wurden 1996 vom Bergführer Stéphane Albasini entdeckt. Da der Gletscher in ständiger Bewegung ist, sind die durch das Wasser geformten Höhlen bei jedem Besuch einzigartig. Je nach Jahr können die Höhlen bis zu 200 Meter in den Gletscher hineinreichen.
Achtung: die Höhlen können nur im Winter besucht werden, wenn die Gletscherschmelze sehr gering ist.
Ausflugsplanung
Diese Bergwanderung ist nicht markiert und beinhaltet den winterlichen Bedingungen in den Bergen entsprechende Risiken. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass im Voraus eine gute Planung erfolgt und dass man während des Ausflugs wachsam ist.
Ich muss übrigens in diesem Zusammenhang erwähnen, dass es auch möglich, oder je nach Erfahrung auch ratsam ist, einen Bergführer zu engagieren oder sich einem organisierten Gruppenausflug anzuschliessen.
Um die Risiken in einer systematischen und strukturierten Art und Weise zu erfassen, schätze ich besonders die vom Lawinenexperten Werner Munter begründete Methode. Es handelt sich um den unten beschriebenen dreiphasigen Beurteilungs- und Entscheidungsrahmen.
Die Risikobewertungsmethode 3x3
Phase 1: Planung zu Hause
Phase 2: Beurteilung vor Ort
- Schnee: Schneeansammlungen, Treibschnee, Felsvorsprünge etc.
- Bedingungen: Sichtverhältnisse, Wind, Temperaturen
- Gelände: Hangneigung, Ausgesetztheit, Routenwahl
- Faktor Mensch: Wohlbefinden, Führung und Kommunikation
Phase 3: Bewertung des Einzelhanges
- Hangneigung
- Schnee: locker oder fest, Festigkeit der Schneedecke
- Häufig befahren, Routenwahl entspricht dem Gelände
Einfache Einstellung des MSR Lightning Ascent – zuerst den hinteren Riemen einstellen, dann vorne das Kunststoffnetz. Kiwi hingegen braucht keine Ausrüstung!
Die Wanderung
Unser kleines Komitee, bestehend aus zwei und vier Pfoten, begibt sich an einem schönen Sonntag im Februar nach Zinal.
Ich habe das für den Tag benötigte Material dabei: dDie vielseitigen Schneeschuhe MSR Lightning Ascent, die Teleskopstöcke Leki Haute-Route und die Gamaschen Black Diamond Front Point, um zu verhindern, dass sich die Schuhe mit Schnee füllen. Für Kiwi ist das nicht kompliziert, er ist für solche Abenteuer schon vorbereitet!
Die Wanderung beginnt in Zinal, von wo aus der Weg zuerst an der linken Uferseite der Navisence entlang den Langlaufloipen durch die Ebene von la Lé verläuft. Am Ende der Ebene wechselt der Weg auf die andere Uferseite und der Aufstieg beginnt der Talflanke entlang. Wir kommen an mehreren Eisfällen vorbei und gemächlich geht die Sonne über dem Besso auf.
Sonnenaufgang hinter dem Gipfel des Besso.
Übrigens, bei schönem Wetter, so wie es glücklicherweise bei uns der Fall war, leisten uns zahlreiche bekannte Gipfel auf dem Weg Gesellschaft: Der Besso, das Zinalrothorn, die Dent-Blanche und der Grand Cornier, um nur einige zu nennen. Wir befinden uns in guter Gesellschaft.
Wir kommen zur Kreuzung, wo der Weg Richtung Berghütte Petit-Mountet abbiegt und bleiben auf dem Hauptweg Richtung Gletscher. Man kann beidseits an den Talflanken die Moränen des Gletschers erkennen, als einzige Zeugen einer Zeit, in der unser Eisgigant viel weiter ins Tal hinunterreichte.
Diese Anhäufung von Steinschutt scheint mittlerweile Lawinenniedergänge bis ins Tal hinunter zu begünstigen. Wir konnten übrigens bei unserem Besuch das Resultat in Form einer frischen Lawine beachtlicher Grösse begutachten.
Wir steigen langsam weiter in diese wundervolle Landschaft, um jeden Augenblick geniessen zu können, bis zum lang ersehnten Moment.
Die ersten blauen Nuancen werden in dieser sonst weissen Welt sichtbar: Wir haben es geschafft, endlich können wir den Anfang der Gletscherzunge und den Eingang zu den Höhlen ausmachen!
Endlich können wir den Höhleneingang erkennen. Die Ungeduld überkommt mich, es ist Zeit, das Innere auszukundschaften.
Alles erstarrt… in bin sprachlos ob den imposanten Gewölben aus blauem Eis.
Es ist ein sehr spezielles Gefühl, sich im Inneren eines Eiskolosses wiederzufinden. Man fühlt sich, als ob man in die Kindheit zurückversetzt wurde, voller Erstaunen über die Entdeckungen in dieser neuen Welt.
Jedes Detail ist faszinierend: Seit wie vielen Jahren sind die Steine, die man durch das Eis sehen kann, eingeschlossen? Wie konnten die sommerlichen Wasserabflüsse solche Höhlen bilden? Wie sahen sie gestern aus und wie werden sei nächstes Jahr aussehen? Kiwi hingegen war viel mehr von den Eisstücken auf dem Boden fasziniert und hat mit einer gründlichen Degustation eines jeden Exemplars begonnen.
Wir hatten das Glück, das Spektakel alleine zu erleben, denn die Gruppen und andere Besucher waren noch unterwegs – ganz in dem Sinne, dass sich ein früher Start oft auszahlt.
Welch aussergewöhnliche Farbpalette zeigt sich hier im Innern des Gletschers. Die Höhle ist ein Ort, der genauso magisch wie respekteinflössend ist.
Nach einer langen Erkundungstour im Innern des Gletschers muss man sich zum Wiederaufbruch zwingen. Aber so das ist das eben und man soll den Platz auch für andere neugierige Entdecker lassen, die langsam auftauchen.
Der Rückweg verläuft wieder über genau dieselbe Route. Ausser, dass dieser Besuch nicht spurlos an einem vorbeigegangen ist. Man kann sich nicht enthalten, die Gedanken schweifen zu lassen und jeden einzelnen Moment wieder aufleben zu lassen.
Als ich wieder in Zinal angekommen bin, war ich von einem Dankbarkeitsgefühl überwältigt und immer noch voller Staunen über das vergängliche Spektakel, von dem ich heute Zeuge sein durfte. Eines ist sicher, dieses Abenteuer werde ich nicht so schnell vergessen.
Karte und Routenangabe
Hier die Routenangabe (in Rot auf der Karte) von Zinal bis zur Gletscherzunge:
- Die Karte kann hier konsultiert werden: Geo.Admin.ch (Sie können daie Route mit einem Klick auf Export direkt aus dieser Karte exportieren)
- Sonst kann auch die GPX- Datei hier heruntergeladen werden: Outdooractive.com
Sophie ist die Autorin des Blogs Les Aventures de Sophie, auf dem sie ihre Geschichten von Abenteuern und Entdeckungen in den Alpen erzählt.
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