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Nachtskitour

Jürg Buschor, Donnerstag, 13. Dezember 2018

Abends ins Fitnessstudio? Bächli Bergsport Mitarbeiterin Michaela Fux packt lieber die Stirnlampe ein und entdeckt die heimischen Berge auf Nachtskitour aus komplett neuer Perspektive.

"Sieht aus wie Mascara – einfach in Weiss", lacht Jennifer Venz, zückt ihr Mobiltelefon und macht ein Foto von ihrer Freundin Michaela Fux, auf deren Wimpern und Haarspitzen sich innert kürzester Zeit Raureif abgesetzt hat. Wenig erstaunlich, hatte doch das Thermometer des Autos frostige minus 18 Grad angezeigt, als die zwei vor einer Viertelstunde beim Berghaus Malbun losliefen. Für das Aufziehen der Felle hatten sie noch keine Stirnlampen benötigt, und auch die ersten Höhenmeter entlang des Skilifts konnten sie noch ohne künstliches Licht zurücklegen. Aber jetzt, im Schibenwald, ist es zappenduster. Michaela knipst ihre Stirnlampe an. Der Lichtkegel wandert suchend durch den verschneiten Tannenwald und lässt die Bäume wie mit Zuckerguss überzogen erscheinen. Alles glitzert und glänzt.

NEUE PERSPEKTIVE
Auch wenn der Lichtkegel der Lampe relativ breit ist und das Licht vom Schnee reflektiert wird, so ist das Sichtfeld bei Nacht doch eingeschränkt. Die Landschaft ist nur in Teilen sichtbar, und selbst die schon oft begangene Tour am Hausberg wird unter den neuen Bedingungen wieder zur aufregenden Pioniertour. Spätestens nachdem die zwei jungen Skitourengeherinnen die Alp Obersäss hinter sich gelassen haben und Richtung Hanenspil weiterziehen, verlieren sich die Referenzpunkte. Die Waldgrenze liegt hinter ihnen, das anvisierte Gipfelziel über der Nebeldecke und dazwischen scheint sich alles aufzulösen in sanfte Hügel und Wellen in Weiss. Zum Glück ist die einzelne Aufstiegsspur noch vage auszumachen unter dem Neuschnee – das erleichtert Michaela die Orientierung, während sie ihrerseits eine neue Spur in den frischen Pulverschnee zieht. Schritt für Schritt, immer höher, immer weiter. «Schon krass, dieser Kontrast», durchbricht sie die Stille und dreht sich zu Jennifer um, «noch vor eineinhalb Stunden stand ich in der Bächli Bergsport Filiale in Pfäffikon und war bis dahin fast ununterbrochen in Beratungsgesprächen mit Kunden. Und jetzt sind wir hier, in dieser absolut menschenleeren Landschaft, in der man nicht viel mehr hört als seinen eigenen Atem.»

KAPITULATION VOR VÄTERCHEN FROST
Als die zwei Skitourengeherinnen im Licht ihrer Stirnlampen Richtung Chli Fulfirst zur Glannahütte traversieren, wird das Gelände etwas flacher. Mittlerweile liegt die Nebeldecke unter ihnen. Wie eine gewaltige flauschige Daunendecke ruht sie über dem Rheintal. Ein leicht oranger Schimmer deutet das Licht der zahlreichen darunterliegenden Dörfer und Städte an. Der Mond taucht die Gipfel von Glannachopf, Chli und Gross Fulfirst jetzt in ein sanftes Licht. Mit jedem Schritt Richtung Gipfel sinkt die Temperatur noch weiter ab. Bei der Glannahütte sindʼs bitterkalte minus 22 Grad. Die zwei Freundinnen diskutieren nicht lange. Für beide ist klar, dass jetzt der Zeitpunkt zum Umkehren gekommen ist. Flugs ziehen sie sich die Isolationsjacken über und machen sich daran, die Steigfelle von den Skiern abzuziehen. Nur keine Zeit verlieren! Aus Erfahrung wissen sie, dass es bei diesen Temperaturen keine fünf Minuten dauert, bis die Bewegungen ungelenk werden und der ganze Körper vor Kälte zu zittern beginnt. Nachdem die Felle in den Rucksack gesteckt, die Skitourenschuhe und -bindungen in den Abfahrtsmodus gebracht und alle Bekleidungsstücke übereinandergeschichtet sind, schieben die zwei über den flachen Geländerücken Richtung Marchenböden. «Ich glaub, ich bin angefroren», lacht Jennifer, als sie nur mühsam vorwärts kommt. Der Schnee ist so kalt, dass der Skibelag kaum gleitet. «Musst halt bei mir im Geschäft vorbeikommen für einen Skiservice», neckt Michaela. Dann herrscht wieder Ruhe. Die Abfahrt über den Farnboden zurück zur Malbunalp erfordert die volle Konzentration. Jetzt, in der Dunkelheit und bei diesen Temperaturen, wäre ein Unfall fatal. Sehr fokussiert stehen sie zentriert auf dem Ski und setzen Schwung für Schwung an. Jetzt profitieren sie davon, dass sie in diesem Winter schon zahlreiche Skitouren bei teilweise schwierigen Verhältnissen unternommen haben, daheim im Glarnerland. Und natürlich auch davon, dass sie in ihrer Jugend im Skiclub unzählige Trainings- und Renntage absolviert haben. Und trotzdem: Die Abfahrt im Schein des Lampenlichts ist auch für die erfahrenen Skitourengeherinnen keine Routineangelegenheit. Beim Berggasthaus Malbun schwingen sie ein letztes Mal ab. Keine fünf Minuten später ist das Material im Auto verstaut und die Heizung auf die höchste Stufe gedreht. «Schön warʼs!», resümiert Michaela. «Auch schön kalt!» Jennifer lacht schallend und erwidert: «Ja, war cool, mit dir auszugehen. Und vergiss nicht, vor dem Schlafen die Mascara zu entfernen!»


Auf Skitour nur im Schein der Stirnlampen ist auch für die erfahrenen Skitourengeherinnen Michaela und Jennifer keine Routine.

Wildruhezonen & Wildschutzgebiete
Wildtiere sind im Winter besonders anfällig für Störungen. Sie müssen mit ihren Energiereserven haushalten, weil das Nahrungsangebot spärlich und nährstoffarm ist, die kurzen Tage wenig Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme bieten und die Tiere durch Stress oder auf der Flucht viel Energie verbrauchen. Bei wiederholter, unvorhersehbarer Störung fühlen sich Wildtiere verunsichert und verlassen ihre angestammten Einstands-, Futter-, Balz- oder Nistplätze.

Bei Tag und umso mehr bei Nacht sind die designierten Wildruhezonen und Wildschutzgebiete zwingend zu beachten. Schneeschuh-, Ski- und Snowboardtouren sind nur auf ausgewiesenen Routen («erlaubten Wegen») zugelassen, Hunde sind im Wald an der Leine zu führen. Wildschutzgebiete können durch Wildruhezonen mit weiterreichenden Einschränkungen überlagert sein. Bei einer Übertretung ist mit einer Strafanzeige und/oder Ordnungsbusse zu rechnen. Für die Tourenplanung können die Wildruhezonen auf den Websiten www.wildruhezonen.ch sowie www.map.geo.admin.ch konsultiert werden. Allgemeine Informationen: www.respektiere-deine-grenzen.ch

Im Zweifelsfall ist es immer ratsam, den lokalen Wildhüter oder Jäger zu konsultieren. Er kennt die Situation vor Ort am besten und kann bei der Suche nach möglichst konfliktfreien Routen behilflich sein. Die Kontaktdaten der kantonalen Wildhüterverbände in der Übersicht: www.wildhueterverband.ch/jagdverwaltungen.html

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