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50 Jahre Bächli Bergsport – Teil 1: Die Pionierphase

Thomas Ebert, Donnerstag, 18. Januar 2024

Im Vorfeld zum Jubiläum trafen sich altgediente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bächli-Zentrale in Nänikon, um Anekdoten aus der Firmengeschichte auszutauschen. Teil 1: Die Pionierphase.

An die alte NCR-Kasse kann sich Walter Locher noch gut erinnern. «Die konnte nur zweistellig verrechnen», meint der heute 76-jährige Pensionär, der 1983 als einer der ersten Mitarbeiter bei Bächli Bergsport angestellt wurde. «Daher hat Heinz Bächli die Hunderternötli direkt in eine Ledermappe gezählt und im Tresor hinter der Werkbank aufbewahrt. Aus dieser Mappe haben wir dann auch unseren Lohn ausbezahlt bekommen», erinnert sich Locher, der bei Bächli nahezu jede Abteilung durchlief und vor elf Jahren pensioniert wurde.

Es sind Anekdoten wie diese, die den ganzen Konferenzraum in Nänikon ins Schmunzeln versetzen. Denn heute, in einer global vernetzten, in ihren Prozessen verschlankten und hochgradig professionalisierten Bergsportbranche, wirkt der vom Chef persönlich ausbezahlte Lohn so überkommen wie ein Hanfseil in der Eigernordwand. Dabei war schon der Schritt in ein Ladenlokal mit eigenen Mitarbeitern ein unendlich grosser: Erster Firmensitz von Bächli Bergsport war das Wohnzimmer einer 90-m2-Mietswohnung in der ASIG, das neben zwei kleinen Kindern fortan vor allem Bergsportausrüstung beherbergte. «Ausser in unseren Betten war kein Platz mehr frei», erinnert sich Margrit Bächli an die Ausrüstungsberge in den heimischen vier Wänden.

Sie und Heinz hatten 1974 die Firma gegründet – ohne Kapital, aber mit dem Ziel, Bergsteigern bessere Ausrüstung anzubieten als der damalige Monopolist Eiselin. Die Annahme, dass der Schweizer Markt gross genug für zwei Bergsporthändler sein könnte, war damals ebenso waghalsig wie die Entscheidung, den Lehrerberuf samt 13 Wochen Ferien aufzugeben und die Pensionskasse für den Materialeinkauf zu plündern.

Das Bächli Bergsport-Logo im Wandel der Zeit.

Der Zauber, der jedem Anfang innewohnt, der wird an diesem Nachmittag in Nänikon greifbar. Nichts war festgeschrieben oder gar vorbestimmt, und der «Businessplan», den heute jedes Start-up für einen Mikrokredit vorlegen muss, der bestand in der Frühzeit von Bächli Bergsport zu grossen Teilen aus tiefer Passion und der Bereitschaft, unkonventionelle Wege zu gehen. Damals war die Bergsteigerszene eine kleine, verschworene Truppe. Jeder machte alle Disziplinen, einen Begriff, den man damals kaum in den Mund nahm.

Erst ab Mitte der 1980er-Jahre kam die Spezialisierung, mit der die einen sich zum Eiskletterer und die anderen zu Boulderfreunden verfeinerten. So erging es auch der Bächli-Belegschaft in den ersten Jahren: «Jeder hat alles gemacht und zwar immer dort, wo gerade Bedarf war», erinnert sich Christine Joss, die ihr 40-jähriges Jubiläum bei Bächli dieses Jahr feiert und noch einmal pro Woche in der Logistikabteilung tätig ist. Ob Kunden im Laden bedienen, Bestellungen aus dem eigenen Katalog in einem Paket verpacken oder Artikel mit orangenen Preisetiketten versehen: Kein Arbeitstag glich dem anderen.


Import, Export, Bergsport

Um das Jahr 1983 waren die «EBs» an der Schwamendingerstrasse 41 in Zürich-Oerlikon eingetroffen: die ersten Kletterschuhe, die man nach heutigen Massstäben so bezeichnen kann. Die profillosen Schlappen von Edmond Bourdonneau legten einen Siegeszug im steilen Granit des Yosemite-Parks hin und schwappten auf dieser Erfolgswelle zurück nach Europa – Heinz Bächli importierte die Schuhe direkt aus Frankreich in die Schweiz, wo sie dank Mund-zu-Mund-Propaganda reissenden Absatz fanden. 

Die profillosen Schlappen von Edmond Bourdonneau, direkt aus Frankreich in die Schweiz importiert, fanden in den 80-Jahren reissenden Absatz.

Ein anderes Produkt ging den umgekehrten Weg: Bächli Bergsport verkaufte damals nicht nur Ausrüstung, sondern produzierte auch selbst welche. Dazu zählten etwa die Bächli-Schlaghaken und die Bächli-Seilbremse, hergestellt von der Glarner Giesserei Schraner Oberurnen nach den Vorgaben von Heinz Bächli. Und während Sohn Felix als Bub den Ölfilm von den frisch gelieferten Seilbremsen wischte, importierte sie kein geringerer als Patagonia-Gründer Yvon Chouinard in Batches von 200 Stück in die USA. «Wir waren nicht der erste Kunde von Patagonia, sondern Patagonia der erste Kunde von uns», erinnert sich Walter Locher. Verschickt wurden die stählernen Preziosen in Plastikbidons.

Wer vom heutigen Angebot (und Niveau) mehrlagiger Wetterschutzjacken verwöhnt ist, der mag sich die Augen reiben, was vor knapp einem halben Jahrhundert der letzte Schrei war. In den 1980er-Jahren liessen Margrit und Heinz Bächli beim Fabrikanten Truns aus dem bündnerischen Trun Berghosen aus «Bündner Tuch» herstellen, einem Mischgewebe aus Baumwolle, Polyester und Lycra, für das man heute ein Heidengeld hinlegen muss. Für die Passform sorgte wieder der Chef persönlich: Die Pranken von Heinz mussten samt Landeskarte in der seitlichen Hosentasche Platz haben. Erst 1983 ging mit der «Lighting» vom britischen Hersteller Berghaus die erste Dreilagen-Jacke mit Gore-Tex-Membran über den Ladentisch.

Vorbei waren damit die Gründerzeiten, als die Hauptaufgabe die Beschaffung von Produkten war, der Absatz mangels Alternativen aber fast von alleine lief. Nun galt es zusehends, aus dem Guten das Beste herauszufiltern, frühzeitig Trends und Emporkömmlinge zu erkennen und nicht zuletzt auch auf der Verkaufsfläche Überzeugungsarbeit zu leisten. Weil das gelang, war Bächli in einigen Fällen der Zeit voraus: Merinoshirts waren längere Zeit exklusiv bei Bächli zu haben, ebenso die für ihre gute Passform gerühmten Jacken der Firma Arc’teryx oder die erste Rahmenbindung von Fritschi. Möglich machten das auch die jahrelang gewachsenen Beziehungen zu den Lieferanten.

Eigenes Eisen: In der Pionierphase hat Bächli nicht nur mit Bergsportartikeln gehandelt, sondern auch produzieren lassen: etwa die Bächli-Schlaghaken (links) und die Bächli-Seilbremse (rechts), die Yvon Chouinard (Patagonia) umgehend nach USA importierte.

Lehrzeit im «Billig-Bächli»

1985, also gerade einmal elf Jahre nach der Firmengründung, zeigte sich, dass der Schweizer Markt neben der damaligen Nummer eins, Eiselin Sport, auch Bächli eine Expansion durch Filialisierung erlaubte: Das erste Bächli-Bergsport Outlet in Zürich-Schwamendingen eröffnete. Die Trennung von Hauptgeschäft und Outlet, in dem ausschliesslich Restposten und preisreduzierte Artikel verkauft wurden und von den Kunden bald liebevoll «Billig-Bächli» getauft wurde, war eine Sensation.

Im Outlet begann auch die Firmenkarriere von Felix Bächli, der 1989 als Teilzeitverkäufer einstieg und noch heute das Rattern des Nadeldruckers im Ohr hat: «20 Sekunden hat er für eine Rechnung gebraucht!», weiss Felix noch. Fünf Jahre später wechselte er in Vollzeit nach Oerlikon: Der erste «ganze» Arbeitstag bestand darin, den verwaisten Arbeitsplatz durch einen Einkauf bei IKEA betriebsfähig zu machen. Von Grund auf setzte er in den Folgejahren sämtliche Abläufe auf den Prüfstand, um sie in stundenlangen Strategiediskussionen mit Vater Heinz Bächli zu diskutieren.

In dieser Zeit, also den 1990er- und 2000er-Jahren, professionalisierte sich die gesamte Bergsport- und Outdoorbranche enorm. Prozesse wurden definiert, Abteilungen spezialisiert oder gar begründet. Bei Bächli Bergsport wurden Logistik, Einkauf und Verkauf ausgebaut. Eine Marketingabteilung gab es zu Beginn nicht, trotzdem schickte man den Kunden schon früh zwei Mal pro Jahr einen Katalog nach Hause, weiss Lukas Imhof noch. Sein erster Job bei Bächli war damals die Digitalisierung aller Kundenadressen. Fast alle aktuellen Bergsportartikel wurden im Katalog beschrieben und abgedruckt, und in dem Mass, wie er Jahr für Jahr an Umfang zunahm, wurde sichtbar, wie auch die Firma wuchs. Bald schon war das Zentrallager in Oerlikon zu klein und zügelte mitsamt der Verwaltung nach Schwerzenbach. In den Warenlift passten zwar zwei Paletten, erinnert sich Bruno Schuhmacher, der heutige Leiter der Logistik, aber weil alle Artikel auf vier Stockwerken gelagert wurden, war die Kommissionierung für den Versand und die Filialen eine «Herkulesarbeit », merkt Margot Hilland schmunzelnd an. Auch sie arbeitet heute noch in der Logistik.

Der Lauf der Dinge: Das Antlitz des Bächli-Katalogs hat sich mit den Jahren stetig gewandelt. Immer im Fokus jedoch: beste Produkte für den Bergsport.
 

Infolge einer unerwarteten Vakanz im Kundendienst übernahm Susanna Bächli zum Jahrtausendwechsel notfallmässig die anspruchsvolle Stelle des Kundendienstleiters und stärkte damit den Servicegedanken im Familienunternehmen weiter. Mit dem zweijährigen Sohn auf dem Schoss fehlten der heutigen Verwaltungsrats-Vizepräsidentin allerdings die zeitlichen Ressourcen, die komplexen Abläufe in die weiter um sich greifende Computerisierung zu integrieren. Diese Aufgabe übernahm in der Folge Bruno Hayoz, perfektionierte sie in anspruchsvoller und mühseliger Arbeit, gab sie schliesslich auch weiter, um sich in der neu geschaffenen Einkaufsabteilung der Schuhbeschaffung zu widmen.

Die zweiten 25 Jahre Bächli Bergsport, samt dem Aufbau von 13 Filialen in der ganzen Schweiz, schildert Teil 2 der Firmengeschichte in Inspiration 3/2024. Das Magazin erscheint Ende Juni 2024.


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Kommentare

Sagne | 29.09.2024 08:24
Sehr schöner Beitrag.
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