Das Wort «Prana» bedeutet im
Hinduismus Lebensenergie. Die
ist der sympathischen Bekleidungsmarke
aus Kalifornien eindeutig
inne: Vor 25 Jahren in einer Garage
in der Surfer-Stadt Carlsbad geboren,
begeistert sie auch heute noch
Kletterer, Yogis und Abenteurer mit
bequemen Schnitten und einer lässigen
Optik – und setzt Massstäbe
in Sachen Nachhaltigkeit.
Umweltschutz, u. a. durch Energieeffizienz und Recycling, wird auch im Hauptsitz in Carlsbad grossgeschrieben.
Carlsbad/Kalifornien, Anfang der 1990er-Jahre.
Pam und Beaver Theodosakis sind leidenschaftliche
Kletterer und Yogis. Und sie sind unglücklich
mit der engen, technischen Sportbekleidung, die in
der Kletterszene getragen wird. In einer Garage entwerfen
sie deshalb ihre eigenen Hosen und Shirts, schneidern
die ersten Stücke selbst, versehen sie mit Etiketten aus
handgemachtem Recyclingpapier und verschicken sie in
gebrauchten Obstkisten. Sie nennen ihre Marke «prAna»,
was im Sanskrit für Lebensenergie steht und tief mit der
Yogaphilosophie verwurzelt ist.
SCHWEIZER VERBINDUNGEN
Zwei Jahre später ist die Bekleidung in neun spezialisierten
Läden in den USA erhältlich. Der erste Exportmarkt ist
die Schweiz. Zufällig. Ein gemeinsamer Freund stellt den
Kontakt her zwischen Beaver und dem Schweizer Kletterer
Michi Wyser, der mit seiner Outdoor-Handelsfirma Gecko
Supply ein feines Händchen für spannende Marken hat.
Sie verabreden sich auf der ISPO-Messe in München.
Am Vorabend übernachtet Michi beim Münchner Kletterer
Toni Lamprecht, wo ihn eine wilde Punkrock-Party
erwartet. Er erinnert sich: «Ich gehe trotzdem irgendwann
schlafen – schliesslich habe ich am nächsten Tag
einen wichtigen Termin. Als ich mich am Morgen aus der
Wohnung stehlen will, wacht Toni auf und beschliesst
kurzerhand, mich zu begleiten. Also erscheine ich mit diesem riesigen, völlig verkaterten Punk mit rotem Iro
zu meinem Termin. Und dann sehe ich Beaver – im
Anzug!» Doch: «Es war Liebe auf den ersten Blick.»
Michi wird Distributor für prAna, der erste überhaupt. In
den Folgejahren finden die ersten Verkaufstreffen statt
– jedes Jahr in einem anderen Klettergebiet. Unter den
ersten Kunden war auch schon Bächli Bergsport – seit
nunmehr 17 Jahren bildet die Marke Bestandteil des
Sortiments.
VERKÖRPERUNG EINES LEBENSGEFÜHLS
Von Anfang an wurde die Kleidung für unterschiedliche
Aktivitäten konzipiert und verkörpert dabei den südkalifornischen
Lebensstil. «Vielseitig, abenteuerlustig, dabei
nachhaltig und verantwortungsvoll», erklärt Sasha Dietschi-
Cooper, Vice President Sales bei prAna. Die Erweiterung
des Produktspektrums um Wassersport-Bekleidung,
unter anderem für Surfer oder Stand-up-Paddler, passt
gut ins Konzept. Eine Reihe assoziierter Athleten, unter
ihnen Kletterer, Surfer, Yogis und Fotografen, prüfen die
Produkte auf Herz und Nieren und geben Feedback zu
Schnitt und Funktion. Chris Sharma ist der «Dienstälteste
» unter ihnen. prAna unterstützt den 36-jährigen Ausnahme-
Kletterer, seit er 14 ist. «prAna ist wie eine Familie
für mich», sagt Sharma. «Ich bin quasi mit der Marke
und ihren Gründern gross geworden, wir sind zusammen
geklettert und zu Wettbewerben gereist. prAna hat mir geholfen,
meine Träume zu verwirklichen. Meine Beziehung
zur Marke und meine Beziehung zum Klettern sind mehr
oder weniger die gleiche.»
MEHR GEBEN ALS NEHMEN
Heute, ein Vierteljahrhundert nach der Gründung, befindet
sich der Sitz von prAna immer noch in Carlsbad. Pam und
Beaver haben sich aus den Alltagsgeschäften zurückgezogen, schauen aber regelmässig in «ihrer» Firma vorbei.
Aus der einstigen Garagenfirma ist ein global agierendes
Unternehmen mit 150 Angestellten geworden. Als Teil
der Columbia Sportsgroup, wird die Ware in fünf Flagshipstores
und 1400 Läden weltweit verkauft.
Trotz ihrer heutigen Grösse bleiben die Kalifornier ihrer
Philosophie treu: mehr geben als nehmen. Mit dem
Wachstum der Marke, aber auch der Bedeutungszunahme
ökologischer Standards in der Bekleidungs- und
Outdoorindustrie, seien auch die Möglichkeiten gewachsen,
nachhaltig zu produzieren, sagt Sasha. So war
prAna einer der ersten Bekleidungshersteller, der Fair
Trade zertifizierte Produkte im Sortiment hatte und ihren
Anteil stetig erhöhte. Seit 2010 ist die Marke ausserdem
Mitglied der Fair Labor Association. PrAna zählte in den
USA auch zu den ersten, die bluesign® zertifizierte Bekleidung anboten. Nächstes Jahr, zum Sommer 2018,
werden sämtliche Baumwollprodukte der Kollektion aus
biologisch produzierter Baumwolle bestehen, worauf
man bei prAna besonders stolz ist. Rezykliertes Polyester,
Wolle – davon ein Grossteil rezyklierte Garne – oder
Hanf kommen ebenfalls zum Einsatz. Und: Seit 2011
verzichtet das Unternehmen weitgehend auf den Versand
in Plastikverpackungen. Auf diese Weise konnten schon
mehr als 10,6 Millionen Plastiktüten eingespart werden.
«Ihr Gewicht würde in etwa dem von 25 ausgewachsenen
Blauwalen entsprechen», sagt Sasha.
Und welche Pläne gibt es für die Zukunft? «Unseren
Endkunden noch näherzukommen, weitere Gleichgesinnte
zu erreichen», meint Sasha. «Es wird keine
radikalen Veränderungen geben.» Radikal? Das würde
auch gar nicht zu prAna passen.
INTERVIEW MIT
KLETTERIKONE
CHRIS SHARMA
CHRIS SHARMA ...
...kommt 1981 im kalifornischen
Santa Cruz zur Welt. Mit 12 Jahren
beginnt er zu klettern, schon zwei
Jahre später gewinnt er die nationale
Bouldermeisterschaft der USA.
Er meistert viele der schwierigsten
Kletterrouten der USA und weltweit.
Darunter «Realization» (9a+), «Es
Pontàs» (9a+), «Jumbo Love» (9b)
und «La Dura Dura» (9b+). Seit
2007 lebt Sharma in Spanien, wo
er 2015 eine eigene Kletterhalle
eröffnete.
Als du 14 warst, hast du dich bei
prAna um ein Sponsoring beworben.
Warum gerade prAna?
Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre
dominierten Leggings die Klettermode.
Ich war ein Teenager, also
ohnehin in einer schwierigen Lebensphase.
Das war einfach nicht die
richtige Zeit für mich, um Leggings zu
tragen (lacht). Die lässigen Klamotten
von prAna waren dagegen einfach
perfekt: Ich konnte sie ebenso gut in
der Schule wie beim Training in der
Halle oder auf meinen Kletterreisen
tragen. Ich ging einfach klettern und
war ich selbst. Das war mir immer
sehr wichtig: nicht zu versuchen, jemand anderes zu sein. Also auch
anziehen zu können, was mir gefällt,
und trotzdem hart zu klettern.
Bei prAna praktiziert man das hinduistische
Prinzip Seva, den selbstlosen
Dienst für die Gemeinschaft.
Jeder Mitarbeiter erhält 2 Tage
Extraurlaub pro Jahr, um sich für
Umwelt und Mitmenschen einzusetzen.
Wo engagierst du dich?
Ich habe eine Stiftung, die es sozial
benachteiligten Jugendlichen ermöglicht,
klettern zu gehen und in
der Natur zu sein. Das ist mir sehr
wichtig. Ich habe selbst so viel
Unterstützung von meiner Kletter-Community
und
Sponsoren wie
prAna erhalten,
da möchte ich
etwas zurückgeben.
Klettern hat
auch eine spirituelle
Seite für
dich. Kannst du
das erläutern?
Ich habe ganz
sicher eine
spirituelle
Seite, die mit
allem, was ich
tue, verbunden ist. Ich habe mich mit
dem Buddhismus beschäftigt und viel
Zeit mit Meditation verbracht. Wenn
ich klettern gehe, kann ich mich sehr
leicht mit dem Hier und Jetzt, dem
Augenblick, verbinden. Für mich ist
das eine Form von Meditation.
Klettern und Bouldern sind zur
Trendsportart geworden ...
Klettern war lange Zeit eher ein
Nischensport. Zu sehen, dass immer
mehr Menschen die Vorteile des
Kletterns für sich entdecken, sich
für den Sport begeistern, der so wichtig für mein Leben war und ist,
finde ich schön. Viele gehen ja auch
nach der Arbeit in die Kletterhalle
anstatt ins Fitnessstudio, einige von
ihnen klettern allerdings niemals am
Fels. Letzteres ist für mich schwer
verständlich, weil klettern in der
Natur für mich immer essenziell
war. Aber die Dinge verändern sich
und wir müssen uns ein Stück weit
anpassen.
Bedeutet Sponsoring auch mehr
Druck?
Ich habe mich nie unter Druck
gesetzt gefühlt. Meine Sponsoren
haben mich immer ermutigt, das zu
tun, was ich gerne
tun möchte, ohne
mir etwas vorzuschreiben.
Ich denke, ein
Athlet gibt einer
Marke Authentizität
und die Marke
sollte ihre Athleten
dazu ermutigen,
authentisch
zu sein. Aber beide
Seiten, Sponsor
und Athlet, sind in
der Verantwortung.
Generell
lauert ja in allen
Lebensbereichen die Gefahr, seine
Seele zu verkaufen, den Wettbewerb
in den Vordergrund zu stellen. Aber
mich hat nicht der Wettkampf mit
anderen zum Klettern gebracht,
sondern einfach die Freude daran,
etwas auf meine Art zu machen,
meinen eigenen Weg zu finden. Und
dazu möchte ich auch andere Menschen
ermutigen. Sich inspirieren zu
lassen, vielleicht an seine Grenzen
zu gehen. Das ist der Inbegriff von
Klettern und kann von jedem auf
ähnliche Weise erlebt werden, egal,
auf welchem Level man klettert.
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