Offene Stellen

Newsletter

DE | FR | IT
  1. Erlebnis
  2.  > 
  3. Blog

Haariger Aufsteiger - die Glarner Firma Colltex

Jürg Buschor & Kate Isler, Montag, 01. Oktober 2018

1968 entwickelte der Glarner Tüftler und Skitourengeher Hans Fischli das erste Skihaftfell, das auch 50 Jahre später noch weltweit Erfolge feiert. Zeit, Ort, Leidenschaft – sie standen der Erfindung des colltex-Fells Paten. Ein Portrait.

1968 WAR DER HÖHEPUNKT

der linksgerichteten Studenten- und Bürgerrechtsbewegungen. Es wurde marschiert – gegen den Vietnamkrieg und das Establishment, für die Bürgerrechte der schwarzen Bevölkerung in den USA und eine freiheitliche politische Ordnung in Europa. Und es wurde gefeiert – die Landung der amerikanischen Raumsonde Surveyor 7 auf dem Mond, die Uraufführung des Musicals Hair am New Yorker Broadway und Bob Beamons legendärer Weitsprung anlässlich der Olympischen Spiele in Mexiko City über 8,90 Meter. Der Blick richtete sich nach vorne, alles schien möglich.

IM GLARNERLAND BLICKTE

man derweil eher mit Wehmut zurück auf die grossen Zeiten der Baumwollindustrie, die im 19. Jahrhundert in den Bereichen Stoffdruck, maschinelle Spinnerei und Weberei weltweite Erfolge feierte. 1868 beschäftigten 22 Druckereien 5516 Arbeiterinnen und Arbeiter. Glarus war schon damals einer der am stärksten industrialisierten Kantone und führte schon sehr früh ein Arbeitsgesetz ein. Viel ist von der blühenden Textilindustrie nicht übrig geblieben: 2013 produzierten gerade noch drei Webereien und zwei Textildruckereien im Glarnerland. Was aber geblieben ist, ist das Wissen im Umgang mit Textilien – eines der Grundmaterialien für die Produktion von Skitourenfellen.

EIN LEIDENSCHAFTLICHER TÜFTLER

in der Entwicklung neuer Produkte war der passionierte Glarner Bergsteiger und Kletterer Hans Fischli. 1948 mietete er Gewerberäumlichkeiten an, gründete die Firma Tödi Sport und begann mit der Produktion von Metall-Skistöcken und Kletterrucksäcken. Bald schon ergänzte er sein Angebot um Skifelle. Die Eigenentwicklung Favoritfell mit Metallbügel und -endhaken war Mitte der 50er-Jahre so erfolgreich, dass Fischli sich fortan voll und ganz auf die Entwicklung und Produktion von Fellen konzentrierte. Die damaligen Felle waren für den Perfektionisten allerdings ein stetes Ärgernis, weil das Klebwachs nicht nur am Fell selber, sondern auch auf dem Skibelag, der Bekleidung und an den Händen kleben blieb. Fischli experimentierte mit alternativen Lösungen. Nach etlichen Rückschlägen hatte er die zündende Idee: Er ersetzte das Klebwachs durch einen Haftkleber, der ausschliesslich an der Textilfläche des Fells haftete und mehrfach verwendet werden konnte. Diese Erfindung brachte den unternehmerischen Durchbruch und die Position des Weltmarktführers in einem Nischenmarkt. 1980 verliess das millionste Paar Skifelle die Produktionsstätte in Glarus.

DIE LIEBE ZUM DETAIL

und den Anspruch der fortlaufenden Weiterentwicklung pflegte auch Werner Fischli, der die Leitung des Unternehmens 1982 von seinem Vater übernahm. Früh schon erkannte er die Notwendigkeit, gerade in der Outdoor- Industrie möglichst nachhaltige Produkte herzustellen. 1990 wurde deshalb der neue Klebstoff hotmelt eingeführt – der erste Klebstoff ohne umweltbelastende Schadstoffe. 2016 ging colltex noch einen Schritt weiter und lancierte mit dem ECO-Fell das erste, zu 100 % nachhaltige Fell auf dem Markt – bestehend aus 100 % reiner Wolle der Mohairziege, ohne fluorcarbonhaltige Imprägnierung, ohne Farbstoff, der Klebstoff aus reinem Naturkautschuk und Baumwolle. Bereits 2006 führten die findigen Glarner die Fell-Befestigung Camlock ein, mit der das Fell einfach und schnell an jedem Ski fixiert werden kann. Seine Merkmale: Ein schnörkelloses Design, quasi unzerstörbar, ganz ohne Nieten und blitzschnell montiert. Ähnlich populär war zum Zeitpunkt der Einführung 2009 der neue Haftkleber ct40. Basis hierfür sind Moleküle der Nanotechnologie, die sich unter Druck neu ausrichten und so eine ungewöhnlich starke Haftung entwickeln – und zwar bei Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius.

DIE ÄRA FISCHLI ENDETE

im Jahr 2015 mit der Firmenübernahme durch den Amdener Richard Bolt. Der erfolgreiche Expeditionsalpinist und Bergführer bringt viel Praxiserfahrung in das Unternehmen mit ein. Innert kürzester Zeit werden zwei Innovationen auf den Markt gebracht: die Fellbefestigung ACE für das einfache und schnelle Auf- und Abfellen sowie das neue Leichtfell Combin, dessen Packmass um 30% reduziert werden konnte. Bolt steht aber zugleich für Kontinuität, denn er weiss als langjähriger Nutzer der Produkte auch, was colltex so besonders macht: «Seit 2004 hat colltex die Längen und Taillierungen von über 10'000 Skimodellen von Hand vermessen und erfasst und bietet massgeschneiderte Felle für alle erhältlichen Ski an. Inklusive einer skispezifischen Wahl des Fixierungssystems.» Die Lieferfristen sind dank Schweizer Produktion zwar sehr kurz, doch Bächli Bergsport setzt hinsichtlich Servicequalität noch einen oben drauf: Die colltex-Felle werden in jeder Filiale vor Ort zugeschnitten, damit jeder Kunde sofort bedient werden kann. Für die Erbringung der Serviceleistungen wie Neuimprägnierungen, Klebstofferneuerung und Wachsen arbeitet Bächli Bergsport hingegen sehr eng mit colltex zusammen. 

Weitere Beiträge

Mit den Tourenskis von Nizza nach Wien

Michael Wicky und Emanuel Wassermann verfolgen zusammen ein Langzeit- und Langdistanz-Projekt. Sie haben sich in den Kopf gesetzt, während mehreren Tourenwochen die gesamten Alpen per Tourenskis zu durchqueren.

Ein Traum wird wahr: Besteigung aller 82 Viertausender der Alpen zu Fuss und per Gleitschirm

Mit ihrem Projekt XPEAKS haben sich Bächli-Athlet Chrigel Maurer und Alpinist Peter von Känel einiges vorgenommen: Ihr Ziel war es, alle 82 4000er Berggipfel der Alpen gemeinsam zu besteigen und sich dabei ausschliesslich zu Fuss oder fliegend mit dem Gleitschirm zu bewegen. Mit GPS-Livetracking und Selfies auf allen Gipfeln haben die beiden ihr ambitioniertes und erfolgreiches Vorhaben dokumentiert.

Als Zwillinge zusammen am Seil

Als eineiige Zwillinge sind Rolf und Stefan schon seit der Geburt miteinander unterwegs. Als Stefan ein altes Kletterseil geschenkt bekommt, beginnt für die beiden auch ihre gemeinsame Begeisterung für die Berge.

Tourentipp: Dreitägige Skihochtour mit Schlüsselstellen

In drei Tagen mit Ski und Steigeisen von Andermatt nach Oberwald – unser Ski-Hochtourentipp im März. Auf ca. 43 km werden dabei 4600 Höhenmeter erstiegen und ganze 6200 Höhenmeter abwärts unter die Ski genommen. Ein dreitägiger Trip der Superlative für alle, die es etwas intensiver mögen.

Tourentipps: Skitouren rund um Bivio

Der Septimerpass erfreut sich unter Skitourenfahrern grosser Beliebtheit – insbesondere die Region rund um Bivio. Die Vielfalt der Skitourenmöglichkeiten in der Umgebung, einschließlich des oberen Averstals, Oberengadin und um den Julierpass, lockt heute alle, die erste Linien im Schnee ziehen möchten. Wir haben dir drei Tourentipps zusammengestellt, mit denen du der Sonne entgegen auf Unverspurtensuche gehen kannst.

Luke Smithwick im Interview – «Mich inspirieren die weissen Flecken auf der Skilandkarte»

500 Skiabfahrten will der Amerikaner Luke Smithwick im Himalaya bewältigen. Mehr als die Hälfte hat er schon geschafft. Was treibt diesen Mann jedes Jahr auf acht bis neun Expeditionen in eisige Höhen?

Vorspuren mit Rücksicht: 4 Regeln, die Tourengänger kennen sollten

In unberührten Hängen die ersten Schwünge ziehen – wer träumt nicht davon. Butterweich gleiten die Ski durch die weisse Wonne, Kristalle wirbeln in der Luft, wie auf Watte gleitet man juchzend den Hang hinunter. Oder aber man stapft mit den Schneeschuhen durch den tiefen Schnee.

Kletterhelm zum Ski fahren? 5 wichtige Fakten zu Helmen

Kluge Köpfe schützen sich. Eine abgedroschene Aussage, die an Wahrheitsgehalt jedoch nichts einbüsst. Ein Helm schützt vor kritischen Kopfverletzungen – gerade im Bergsport. Doch Helm ist nicht gleich Helm. Je nach Sportart ist es wichtig, ein passendes Modell zu tragen. Wir stellen dir 5 wichtige Fakten in unserem Blogbeitrag vor.

Passende Inhalte

Kommentare

Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar schreiben