In der Lawinenwarnung ist das Lawinenbulletin essenziell und gehört zu deiner täglichen Arbeit. Wie kommt dieses zustande?
Die Arbeit zu unserer wichtigsten Prognose, die jeweils um 17:00 publiziert wird, beginnt am späten Vormittag – je nach Situation etwas früher oder später. Dann werden Daten, beispielsweise von Wettermodellen oder Meldungen von Beobachtern im Gelände ausgewertet. Wir erstellen das Bulletin immer in einem 3er Team. Alle 2 Tage wird eine Person im Team ausgewechselt, so dass immer wieder jemand neu dabei ist und neue Inputs bringen kann. In dieser Zusammenstellung treffen wir uns um 15:00 Uhr, wobei alle ihren Vorschlag zur Prognose mitbringen. Der oder die Hauptverantwortliche stellt dabei vor, was er oder sie in Betracht gezogen hat und letztendlich einigen wir uns. Danach wird der Gefahrenbeschrieb erstellt.
Der Folgetag beginnt meistens zwischen 5:30 und 6:00 Uhr, damit wir die Entwicklungen für das 8:00-Update anschauen können. Dabei wird überprüft, ob sich über Nacht die Wetterprognose geändert hat, ob mehr oder weniger Schnee kam und dergleichen.
Die Beobachter im Gelände – wer ist das genau?
Wir haben übers ganze Land verteilt eine sehr divers aufgestellte Gruppe von Personen, die uns Daten liefern – zum Beispiel von festgelegten Messfeldern im Talboden, die teilweise seit 50 Jahren und mehr bestehen. Dort wird beispielsweise täglich Neuschnee, Schneehöhe und dergleichen gemessen. Oder es gibt Geländebeobachtende wie Patrouilleure in Skigebieten, die vor allem Lawinenabgänge melden. Personen, die für lokale Lawinendienste arbeiten und Bergführer, die in der ganzen Schweiz unterwegs sind, gehören ebenfalls dazu.
Gibt es Massnahmen, um die Lawinenpronosen effizienter zu machen?
Ja. Wir sind an ein Forschungsinstitut angesiedelt, es gibt also per se Forschung respektive Massnahmen, welche die Lawinenprognosen weiterbringen und die uns zu Gute kommen. Ein hervorzuhebendes Projekt ist die Unterstützung durch Modelle, welche mittels künstlicher Intelligenz funktionieren – ein hervorzuhebendes Projekt ist die Entwicklung von Modellen, die mittels künstlicher Intelligenz zum Beispiel die Gefahrenstufe vorhersagen. Diese sind bereits teilweise operationell in Gebrauch. Anhand historischer Daten können diese beispielsweise vorausschauen, wie sich die Lawinensituation entwickeln könnte. Da haben Computer definitiv bessere und schnellere Gedächtnisse als Menschen. Inwiefern diese Modelle jedoch unsere Jobs beeinflussen werden, ist momentan schwierig zu sagen.
Was für Voraussetzungen braucht es für deinen Job?
Vorneweg: Viel Passion für Schnee und Lawinen. Erfahrung im Gelände, beispielsweise auf Skitouren, ist sicherlich wichtig. Darüber hinaus haben wir sehr unterschiedliche Hintergründe, wobei alle wissenschaftliche Abschlüsse haben, was vorteilhaft ist - den Job als Lawinenwarner*in kann man jedoch nicht studieren. Insgesamt gibt es nur acht von uns im ganzen Land, wir bringen uns viel gegenseitig bei. Man lernt demnach vieles direkt in der Praxis, wobei wir hierbei auf die Diversität zurückgreifen können. Auch Sprachgewandtheit kann praktisch sein – das ist sicherlich etwas, an das man nicht als erstes denkt.
Kommunizierst du manchmal zu konservativ?
Unser Credo ist es, die Gefahrenstufe so gut wie möglich zu treffen und nicht, grundsätzlich zu vorsichtig zu sein. Natürlich lässt man sich in der Besprechung eher von den Argumenten einer vorsichtigeren Pronose überzeugen, aber wir möchten realistisch und glaubwürdig bleiben. Nehmen wir als Beispiel einen schönen Samstag mit viel Schnee: Wenn eine Lawinenstufe 3 herrscht, dann gehen wir nicht eine Stufe höher, nur weil die Aussicht auf viele Tourengänger*innen potenziell mehr Unfälle verursachen könnte. Es zählt für uns letztendlich einzig und alleine die Schneedecke.
Wie fliessen Statistiken von Lawinenunfällen in eure Arbeit?
Das SLF analysiert jede Schadenslawine aus statistischen Gründen, allerdings wäre es übertrieben zu behaupten, dass wir aus jedem einzelnen Unfall grosse Lehren ziehen. Wenn in einer Periode viele Unglücke passieren, dann zeigt uns das etwas über die Gefahr, die wir für aktuelle Prognosen brauchen können. Wenn wir einen konstanten Aufwärtstrend erkennen würden, müssen wir schauen, wie wir dem entgegenwirken können – welche Massnahmen das jedoch sind, kann nicht pauschal gesagt werden.
Wie bist du am liebsten privat in den Bergen unterwegs?
Ich bin gerne auf Skitouren. Im Sommer bike und wandere ich – gerne auch mit meinem Hund. Früher ging ich auch oft bergsteigen.
Gibt es etwas, das du der Bergsportgemeinde mit auf den Weg geben möchtest?
Know before you go.
Der heutige Tagespreis
Hinter unserem 18. Türchen versteckt sich ein 50-Franken-Gutschein.
Dieser Preis ist leider schon verlost worden.
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