Offene Stellen

Newsletter

DE | FR | IT
  1. Erlebnis
  2.  > 
  3. Blog

Adventskalender: Bergsteigerin Sophie Lavaud

Bächli Bergsport, Freitag, 23. Dezember 2022

Menschen und die Liebe zu den Bergen – in unserem Adventskalender stellen wir täglich eine Person vor, die ihre Leidenschaft und ihren Beruf mit der Alpinwelt verbindet. In unserem 23. Türchen stellen wir euch die Bergsteigerin Sophie Lavaud vor. Der Mont Blanc entfachte ihre Leidenschaft für die Höhe, mittlerweile hat sie zwölf 8000er erfolgreich bestiegen.

Du hast – verglichen mit anderen – relativ spät mit dem Bergsteigen begonnen. Wie kam es dazu?
Das Bergsteigen respektive die Berge begleiten mich schon lange. Als ich ein Kind war, hatten meine Eltern eine Wohnung in der Nähe von Chamonix. Ich begann sehr früh mit Skifahren und Wandern, das Bergsteigen entdecke ich tatsächlich erst viel später, da es in meiner Familie keine Alpinisten gibt. Damals hatte ich jedoch einen Freund, der den Traum hatte, den Mont Blanc zu besteigen. Wir haben uns vorgenommen, noch im gleichen Jahr den Gipfel zu erreichen. Und tatsächlich, wir schafften es. Er hat sich seinen Traum erfüllt und in mir hat es eine Leidenschaft geweckt – es war etwas sehr Besonderes. Ich wollte möglichst rasch wieder auf eine Hochtour und bald schon war ich daran interessiert, immer höhere Berge zu besteigen. So kamen nach und nach 5000er, 6000er und 7000er zusammen. Im Laufe der Jahre habe ich mich dann langsam an die 8000er herangetastet.

Worin steckt die Magie eines 8000ers, verglichen mit den Bergen, die wir vor unserer Haustüre haben?
Die Alpen sind wunderschön und aus technischer Sicht oft genau so schwierig wie die Berge des Himalayas. Was ich an einer Expedition jedoch mag, ist die Geschichte, die mit ihr entsteht. Für einen hiesigen 4000er starte ich von daheim und liege zwei Tage später wieder in meinem Bett. Wenn es um einen 8000er geht, bin ich durchschnittlich zwei Monate unterwegs. Die Herangehensweise ist völlig anders.

Du hältst Vorträge und bist unter anderem Botschafterin für Terre des Hommes. Inwiefern gehört dieses Engagement zu deinen Expeditionen dazu?
Bei meiner Everest-Expedition im Jahr 2014 kam in mir das Bedürfnis, meinen Besteigungen etwas hinzuzufügen, es ging mir nicht mehr nur um den Gipfel. Da ich so oder so ein Budget brauche, um meine Expeditionen zu finanzieren, beschloss ich, etwas zurückzugeben und eine Kombination aus Nehmen und Geben zu finden. Das funktioniert, indem ich mit NGOs zusammenarbeite, die mich unterstützen und gleichzeitig Menschen im Himalaya helfen. Diese Herangehensweise fügt der Besteigung eine neue Dimension hinzu. Es geht nicht nur ums Klettern für sich selbst, sondern man tut es für einen Zweck und gibt dem Ganzen einen Sinn. Diese Kombination versuche ich mittlerweile immer umzusetzen: Ein Gipfel, ein Projekt.

Seit 2018 bin ich ehrenamtliche Botschafterin für Terre des Hommes. Dabei versuche ich jedes Jahr die Hilfsprojekte, die hauptsächlich in Nepal sind, zu besuchen. Die Menschen vor Ort geben und bedeuten mir viel, da sehe ich es als meine Aufgabe, mein Bestes zu tun, um etwas zurückzugeben.

Bergsteigen definiert sich oft durch höher, schneller, extremer. Wie siehst du das?
Ich bin nicht von Leistung getrieben. Wenn ich für einen Aufstieg 10 Stunden brauche, während jemand anderes dafür 6 braucht, ist das für mich nicht wichtig. Was mir gefällt, ist die Reise, das Trekking zu den Basislagern, der Austausch mit der einheimischen Bevölkerung und die Zeit, die ich mir nehme, um einfach vor Ort am Berg zu sein. Der Austausch mit anderen Expedition, das Internationale, man lernt so viel von Menschen aus der ganzen Welt. Natürlich ist letztendlich der Gipfel das Ziel, aber ich geniesse wirklich auch den ganzen Rest. Ich glaube, es gibt viele Bergsteiger*innen, die sich so stark auf eine gelungene Gipfelbesteigung konzentrieren, dass sie zu verkrampft werden und es gerade deshalb nicht schaffen.

Gehst du auf solche Bergsteiger*innen zu?
Kommt drauf an. Es ist wie auf der Arbeit – man hat Kollegen, die man mehr mag als andere. Ich verbringe lieber Zeit mit Leuten, mit denen ich gerne zusammen bin. Um ehrlich zu sein verbringe ich viel Zeit mit den Sherpas und tauche gerne in die lokale Atmosphäre ein. Das ist für mich interessanter als Klettergeschichten, die andere Bergsteigenden erzählen.

Wenn du an deine erste Besteigung eines 8000ers zurückdenkst: Was hat sich zu deinen heutigen Expeditionen geändert?
Zum Glück habe ich eine Menge dazugelernt. Meinen ersten 8000er bestieg ich 2012, seitdem habe ich 14 Gipfel in der Höhenlage geschafft, von denen 12 validiert wurden. In den letzten zehn Jahren war ich an 21 Expeditionen beteiligt. Meinen Anfang machte ich ganz klassisch, ich meldete mich via Kobler & Partner an und bestieg den Mount Everest. Das war perfekt, da ich einer Gruppe folgen und viel lernen konnte. Durch die Führung konnte ich den Gipfel auf einem sicheren Weg erreichen. Nach einigen Jahren beschloss ich, Expeditionen selbst zu organisieren und auf eigene Faust zu gehen. Ich begann, mit lokalen Agenturen aus Nepal zusammenzuarbeiten, welche die Logistik übernahmen. Insgesamt bin ich mittlerweile dadurch unabhängiger am Berg, ich kann selbst über meine Kletterstrategie entscheiden.

Heisst das, dass du organisierst deine Trips komplett selbstständig?
Nicht unbedingt. In den letzten Jahren habe ich mit der Agentur Seven Summit Treks in Nepal zusammengearbeitet. Sie gehört zu den grössten Veranstaltern ihrer Art. Das ist praktisch, denn sie können für fast jeden Berg Personal stellen – auch für weniger populäre Gipfel. Denn je weniger Interesse an einem Berg besteht, desto schwieriger ist es, ihn zu besteigen. Im Jahr 2021 haben wir eine 100-prozentige Frauenexpedition durchgeführt. Da durfte ich entscheiden, wer mit mir mitkommt. Insgesamt waren wir 10 Frauen, eine sehr interessante Erfahrung.

Hast du einen Lieblings-800er?
Jeder Berg ist einzigartig und hat seine eigene Persönlichkeit, ich könnte über viele Berge sprechen, aber einer, der in meiner Bergsteigkarriere ganz oben steht, ist der K2. Er hat schlichtweg alles: Er ist schön, schwierig, sehr hoch, weit weg von allem gelegen und interessant zu besteigen.

Was sind deine Empfehlungen, wenn jemand den K2 besteigen möchte?
Wichtig ist sicherlich, sich langsam mit tiefergelegenen Bergen an die Höhe heranzutasten. Plus unbedingt technische Klettereien spezifisch trainieren. Zu guter Letzt sollte man verstehen, was es bedeutet, auf einer Expedition zu sein. Mit Erfahrung ist man auf der sicheren Seite.

Hattest du jemals einen Moment, in dem du dir dachtest, warum du dir das Ganze eigentlich antust?
Ja, natürlich. Mehr als einen Monat am selben Berg bei schwierigen und kalten Wetterbedingungen verharren – da denke ich mir sich schon ab und zu, warum zum Teufel ich das mache. Aber wenn ich dann am nächsten Morgen den Sonnenaufgang sehe, weiss ich jeweils, warum ich hier bin. Es sind die kleinen Dinge, die es ausmachen und einem Freude bereiten. Wenn man sich nur auf das konzentriert, das schwierig ist, wird man nach der ersten Expedition nie mehr zurückkehren.

Wie bist du nebst dem Bergsteigen privat in den Bergen unterwegs?
Ich verbringe viel Zeit in den Alpen, wo ich trainiere.

Gibt es etwas, das du der Bergsportgemeinde mit auf den Weg geben möchtest?
Versucht, eure Zeit in den Bergen zu geniessen, bevor ihr neuen Rekorden nachjagt. Und vor allem für alle Frauen: Wenn ihr ein Projekt in eurem Kopf habt, von dem ihr träumt, dann traut euch einfach. Für alle Männer: Träumt ein bisschen mehr.


Der heutige Tagespreis

Hinter unserem 23. Türchen versteckt sich eine Standard Mouth-Trinkflasche von Hydro Flask.
Dieser Preis ist leider schon verlost worden.

Passende Inhalte

Kommentare

Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar schreiben