Alles begann, als Bächli Bergsport zum ersten Winterbergfestival in der Mettmenalp aufrief. Wir – Sandro und Renato – waren sofort Feuer und Flamme. Selbstverständlich stand für uns fest, dass wir uns für den Biwak- und Iglubau anmelden und draussen in der Natur übernachten wollen. Also begannen die Vorbereitungen schon kurz nach unserer Anmeldung. Vor allem materialtechnisch; Müssen wir noch Ausrüstung organisieren oder haben wir alles?
Nach unzähligen YouTube-Videos stand fest: Schneesäge, Lawinensonde, Schaufel, Schlafsack und Isomatte waren schnell gekauft, Schneeschuhe und Stöcke lagen bereits zu Hause. Bestens ausgerüstet war nun Warten auf das grosse Wochenende angesagt, an dem unser erstes Iglu entstehen solle. Die Betonung liegt auf sollte. Leider wurde das Winterbergfestival abgesagt, zu viel Schnee und das erhöhte Lawinenrisiko machten uns ein Strich durch die Rechnung.
Jedoch liessen wir uns nicht unterkriegen. Nach einigen Überlegungen entschieden wir dazu, das Ganze selbst in die Hand zu nehmen. Wenn das die Profis von Bächli Bergsport können, dann kriegen wir das bestimmt auch hin. Das dachten wir zumindest. Wie sich herausstellte, ist der Iglubau nämlich gar nicht so simpel.
An einem Freitag nach der Arbeit startete unser Vorhaben. Nebst dem ganzen normalen Zeug, das man halt so braucht, um zu Campen, haben wir zusätzlich das ganze Iglubau-Werkzeug eingepackt. dies stellt sich wie folgt zusammen:
- Schneeschuhe
Um durch den Schnee zu wandern aber auch um losen Schnee einfach zu Blöcken pressen zu können.
- Stöcke
Waren für unser erstes Iglu die Rettung.
- Schneesäge
Um Blöcke sägen zu können.
- Lawinensonde
Um die Schneetiefe messen zu können und um den besten Bauplatz zu finden.
- Schaufel
Was man mit einer Schaufel halt macht. Schaufeln.
- Seil mit Erdanker
Haben wir uns in einem Video abgeguckt. Damit kann man ganz einfach einen schönen Kreis ziehen und den kuppelförmigen Bau überwachen. Dazu gleich mehr.
- Warmer Schlafsack & Isomatte
Für unseren Einsatz reichte ein Komfortbereich von rund null Grad (mit Biwakhülle oder WB von Exped).
Schlafplatzsuche
Am Samstagmorgen fuhren wir in die Flumserberge, da es dort relativ flach ist – perfekt für erste Versuche im Iglubau. Angekommen fuhren wir mit der Bahn zur Prodalp. Wir entschieden uns dazu, unser Iglu nicht allzu weit weg von der Bahn zu bauen, da wir ja nicht wussten, ob das Ganze klappen würde oder nicht. Guten Mutes stapften wir los und rund ein Kilometer von der Bahn und 200 Meter vom Pistenrand entfernt wurden wir schliesslich fündig. Ein schönes Plätzchen für unser Iglu. Nur ist es auch passend? Erst mal Rucksäcke ablegen und schauen ob hier die Gegebenheiten passen.
Mit der Sonde sondierten wir, wie viel Schnee lag und ob es an unserem gewählten Platz allenfalls eine Schneeverwehung gäbe. Wo mehr Schnee liegt, kann unbesorgt ein Eingang von unten in das Iglu gegraben werden – bei wenig Schnee würde man schnell auf den harten Boden stossen. Nach wenigen Stichen mit der Sonde war klar, hier liegt mehr als ein Meter Schnee. Perfekt als für unser Iglu. Als erstes befestigten wir den Erdanker in die Mitte des Platzes und machten im Seil bei ungefähr 1,5 Metern vom Anker entfernt einen Knopf. Damit ergibt sich ein Durchmesser von drei Metern. Das ist, kombiniert mit einer Innenhöhe von 1,5 Metern, ideal für zwei Personen. Zu zweit ist der Kreis einfach und schnell in den Schnee gezeichnet.
Schnee-Baustelle
Jetzt ging es ans Eingemachte. Wir bereiteten den «Steinbruch» für unsere Blöcke vor. Da wir bequem sind, schauten wir, dass wir unsere Schneeblöcke direkt neben dem Iglu bauen konnten, damit sparten wir uns unnötige Transportwege. Kleiner Tipp: Baut den Abbruch in leichter Hanglange oberhalb des Iglus. Das vereinfacht das Herauslösen der Blöcke.
Als erstes haben wir die obere, weiche Schneeschicht abgeschaufelt, sodass wir zur festen Schneedecke gelangen konnten, um schöne Blöcke zu schneiden zu können, die nicht zerfallen. Probieren geht über Studieren war unser Motto und schnell lernten wir, welcher Schnee sich gut sägen und verwenden lässt und welcher nicht. Mit den Schneesägen von Exped ist es dank der Markierungen auf dem Sägeblatt einfach, die richtige Blockgrösse zu finden und immer gleichgrosse Blöcke zu schneiden.
Die ersten zehn Blöcke waren gesägt und zum Iglu getragen. Als wir begannen, die Schneeblöcke auf unsere gelaufene Linie zu stellen, wurde schnell klar, dass noch einiges an Arbeit vor uns liegen würde. Zuerst haben wir einfach einen Kreis mit den Blöcken gelegt und diese jeweils passend an den vorhergehenden mit der Schneesäge angepasst. Ein Iglu wird nicht Schicht für Schicht, sondern in einer kontinuierlichen Spirate gebaut – die Blöcke müssen entsprechend zugeschnitten werden. Ganz wichtig, schneidet die Spirale passend, je nachdem ob ihr Link-s oder Rechtshänder seid. Rechtshänder bauen das Iglu im Uhrzeigersinn, Linkshänder im Gegenuhrzeigersinn. Wir mussten das bitter büssen, dass wir uns nicht daran gehalten haben.
Konstruktionsgeschick
Jetzt ist es extrem wichtig, dass ihr immer mit dem Seil, welches ja immer noch im Zentrum des Iglus im Boden steckt, eure angebauten Blöcke überprüft. Der Knopf im Seil sollte jetzt immer auf der Innenkante des Blockes liegen. Nehmt daran immer wieder Mass, damit ihr ihr schön kuppelförmig baut. Genau da lag bei uns beim ersten Mal die Herausforderung. Wir haben das nicht so ganz ernst genommen und haben die zweite und dritte Reihe viel zu gerade angebaut und dann gemerkt, dass wir in die Richtung eines Turms bauen – keine ideale Form für ein Iglu. Wir haben zur Korrektur dann die nächsten Reihen ein wenig steiler angebaut und schnell festgestellt, dass das Ganze instabil wird und die Blöcke in so steiler Lage nicht richtig halten. Immer wieder fiel ein Block herunter und ging kaputt.
Während der Eine von uns die Säge alsbald in die imaginäre Ecke im halbfertigen, runden Iglu werfen wollte, kam dem Anderen eine ingenieurstechnische Wunderidee. Jetzt kamen unsere Wanderstöcke ins Spiel. Da diese ausfahrbar sind, haben sie sich bestens dazu geeignet, unsere abstürzenden Blöcke zu unterstützen, sodass wir weiterbauen konnten. Angelangt am letzten Block stieg die Freude der Übernachtung in unserem ersten eigenen Iglu wieder. Den letzten Block haben wir einfach mittig oben draufgelegt und von innen her mit der Schneesäge immer wieder ein wenig nachgeschnitten bis er ins Loch fiel. Nach einem Klapps mit der Schaufel fand der letzte Block seinen finalen Platz fand. Unser erstes Iglu stand.
Wohlige Wärme
Fehlte nur noch ein Ein- respektive Ausgang. Einer von uns steckte von aussen die Sonde durch das Iglu, um demjenigen im Iglu zu zeigen, wo die Öffnung entstehen sollte, der Rest war graben und sägen – der Durchgang war relativ schnell geschaffen. Wichtig ist übrigens, dass der Eingang unterhalb der Schlaffläche liegt, da warme Luft bekanntlich steigt und kalte Luft sinkt, so erreichten wir, das im Iglu angenehme fünf bis sieben Grad herrschten, während sich draussen langsam aber sicher das Wetter von der ungemütlichen Seite zeigte. Ein Schneesturm war im Anmarsch.
Mit etwas Geduld, Übung, einigen Tricks und Fantasie ist allein der Bau eines Iglus eine wunderbare Sache, die nur durch die wohlige, authentische Winternacht im Schlafsack im Inneren getoppt wird.
Die wichtigsten Tipps nochmals in Kurzform:
- Baut euer Iglu niemals in einer Lawinengefahrenzone.
- Nehmt euch genügend Zeit. Wir haben ungefähr sieben Stunden an unserem ersten Iglu gebaut. Wenn ihr schneller fertig seid, könnt ihr noch eine Outdoor Küche, Windfang oder eine Bar bauen, wobei Letzteres fast das Wichtigste ist.
- Pro Person eine Schneesäge ist ein Muss, da einer baut und einer Blöcke schneidet.
- Schaut, dass ihr, bevor ihr euren Schlafplatz einrichtet, die Innenfläche des Iglus glattstampft und Kanten mit der Schaufel glättet. Jede Kannte ist eine Tropfkante, an der sich Wasser sammeln und euch dann direkt ins Gesicht tropfen kann. Wir sprechen aus Erfahrung.
- Baut das Iglu nicht zu gross und nicht zu klein. Ihr müsst bequem liegen können, aber ein zu grosser Raum benötigt länger, um warm zu werden. Zudem benötigt ihr natürlich schnell viel mehr Blöcke für den Bau.
- Sobald ihr die halbe Höhe erreicht habt, nehmt ein paar Blöcke nach innen, um weiterzubauen, da es immer mühsamer werden wird, die Blöcke ins Iglu zu schaffen.
- Stampft euch eine Schneefläche flach, auf der ihr euer Material deponiert und behaltet Ordnung. Es gibt nichts Mühsameres, als wenn ihr eure Thermosflasche im Tiefschnee suchen müsst.
- Nehmt eine Schaufel mit ins Iglu, falls, wie bei uns, euch der Schneesturm den Eingang zuschneit.
- Falls ihr mehr als eine Nacht in eurem Iglu schlafen wollt, ist es EXTREM wichtig, dass ihr ein Luftloch in eure Igluwand sägt, damit ihr frischen Sauerstoff bekommt.
Über die Autoren
Renato und Sandro sind beide beruflich handwerklich tätig – als Zimmermann und Montageschreiner. In ihrer Freizeit dreht sich bei ihnen nebst Tätigkeiten als Tauchlehrer und Hobbyfotograf natürlich vieles um die Berge. Wandern, Klettersteige und selbstverständlich Camping gehören zu den Favoriten. Stolze vier Iglus haben die beiden in ihrer Karriere bis jetzt gebaut – die nächsten sind bereits in Planung.
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