Triebschnee? Schwachschicht? 3x3-Methode? Alles irgendwann schon mal gehört, aber was genau bedeutet das eigentlich alles? Und welche Ausrüstung benötige ich, um mich möglichst sicher im Schneegelände zu bewegen? Diese und noch mehr Fragen werden bei einem Lawinenkurs beantwortet. Ein Bericht aus Adelboden mit Bächli on Tour.
Wir treffen Bächli on Tour-Bergführer Dani Schmid, der uns mit einem breiten Grinsen gut gelaunt begrüsst, an der Talstation der Engstligenalp. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde besprechen wir unsere Erwartungen an den heutigen Tag. Wir werden uns in den nächsten Stunden vor allem den Basics wie dem Material, Gruppencheck, LVS-Suche und der 3x3-Methode widmen. Ich habe zwar schon zahlreiche Kurse und Vorträge besucht, aber auch wenn mit Erfahrung im Gelände empfiehlt sich alle zwei bis drei Jahre zur Auffrischung ein Kursbesuch. Schliesslich nimmt man immer wieder Neues mit und verfestigt sein Wissen, denn im Ernstfall zählt jede Sekunde. Für Anfänger, die ihre ersten Schritte in der Weite des sagenumwobenen «Backcountries» wagen wollen, ist solch ein Kurs ein absolutes Muss.
Wir beginnen mit einer Materialkunde. Dani erzählt uns, was auf einer Tour nicht fehlen darf. Stets mit im Gelände dabei sein muss LVS-Gerät, Sonde und Schaufel sowie mindestens ein Erste-Hilfe-Set pro Tourengruppe. Bei ist ein modernes, digitales Gerät mit drei Antennen unabdingbar.
Von der Theorie zur Praxis
Wir beginnen nun die Ausbildungstour mit einem Gruppencheck. Die meisten modernen Geräte, wie etwa das Barryvox von Mammut bieten dafür eine integrierte Funktion, welche direkt prüft, ob alle drei Antennen senden. Den Gruppencheck übernimmt meist der Tourenführer oder die erfahrenste Person der Gruppe. Wir wechseln uns heute ab, sodass jeder mal an der Reihe ist. Danach kann es auch schon losgehen. Immer wieder halten wir auf unserem Anstieg im Gelände an und Dani macht uns auf verschiedene Phänomene aufmerksam, die es während einer Tour im Gelände zu beachten gilt.
Wir sehen heute etwa Windfahnen an den Gipfeln oder Windverwehungen im Schnee und lernen, dass diese Zeichen auf eine Gefahr durch vom Wind verfrachteten Schnee – auch Triebschnee genannt - hinweisen. Ebenfalls erklärt er uns den Beurteilungs- und Entscheidungsrahmen: Die 3x3-Methode. Diese setzt sich aus drei Schritten, der Planung, der Beurteilung vor Ort sowie des Einzelhangs, mit jeweils drei Unterpunkten, den Verhältnisses, dem Gelände sowie dem Faktor Mensch, zusammen. Eine schöne Übersicht bietet etwa dieser Flyer vom SLF.
Nach einer kurzen Mittagspause in der mittlerweile hinter den Wolken hervorgekommenen Sonne machen wir uns an die LVS-Suche. Welches sind die ersten Schritte nach einem Abgang mit Personenbeteiligung? Wie organisieren wir die Suche? Ab wann empfangen wir ein Signal und wie benutzen wir das LVS, um den Verschütteten zu orten? All dies erklärt uns Dani geduldig und beantwortet alle unsere Fragen.
Wir spuren weiter in Richtung Troneggrat und merken, wie der Schnee sich mit der Höhe verändert. War unten noch der Regen des gestrigen Tages als Kruste deutlich zu spüren, wird der Schnee fluffiger, aber auch der Windeinfluss immer deutlicher. Wir lernen, dass die Lawinenwarnstufe anhand einer fünfteiligen Skala von gering bis zu sehr gross beurteilt wird und was es bei welcher Stufe genau zu beachten gibt. Am heutigen Tag meldet das SLF für unsere Region die Stufe 3, erheblich. Probleme gehen vor allem von frischen Triebschneeansammlungen auf einer potenziellen Schwachschicht aus.
Achtung Rutschgefahr
Dani erklärt uns, wie wir die Anzeichen im Gelände erkennen, wie wir unsere Aufstiegs- und Abfahrtsroute entsprechend wählen und bringt sogar absichtlich einen kleinen Hang zum Rutschen, um uns zu zeigen, wie schnell frischer Triebschnee als Brett brechen kann. Die Tücke einer Lawine ist nicht zu unterschätzen. Schon kleine Lawinen können eine unglaubliche Kraft entfalten und uns über hunderte Meter mitreissen. Gefährlich wird ein solches Schneebrett erst ab einer Hangneigung von ungefähr 30 Grad, da vorher der Schnee nicht ins Rutschen kommt. Wir lernen, wie man nur mit Hilfe unserer Skistöcke diese Hangneigung ungefähr bestimmen kann.
Nach einer kleinen Einführung in die Tücken des Spitzkehrengehens erstellen wir im Gipfelhang ein Schneeprofil. Darin sehen wir, wie die verschiedenen Schneeschichten eine Geschichte des Winters erzählen: Von kompakten, gut verbundenen Schichten bis hin zu Altschnee und potenziellen Schwachstellen; von Sonne, Regen, kalten und warmen Tagen. Zur Krönung der Tour findet Dani für uns noch schönen Pulverschnee in der Abfahrt und so kommen wir erschöpft aber zufrieden und mit einem Kopf voller neuer Informationen wieder an der Talstation der Engstligenalp an.
Wir haben gelernt, wie man mit dem Gruppencheck in die Tour startet, wie man den Lawinenlagebericht interpretiert und seine Tour entsprechend anpasst, wie man im Fall einer Lawine die Suche gestaltet und noch vieles mehr. Mit diesem Wissen sind nun alle bereit, ihre ersten Schritte im Gelände zu wagen. Denn kein Online Artikel oder theoretisches Wissen in Büchern ersetzt das Erlernen der praktischen Fähigkeiten in einem Lawinenkurs. Am Ende des Tages bleibt noch ein herzliches «Tschau Dani, vielen Dank für den tollen und informativen Tag. Auf bald wieder».
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