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Traumkombi - Hybridjacken

Rabea Zühlke, Donnerstag, 31. Dezember 2020

Sogenannte Hybride versprechen das Beste aus allen Welten: Wind- und wasserdichte Zonen werden mit Softshell-Einsätzen kombiniert, wärmende Isolationsfasern mit atmungsaktivem Fleece oder anderen Materialien. Welche Hybridtypen es gibt, wann sie an ihre Grenzen kommen und warum sie besonders im Winter punkten, weiss Bächli Experte Marcus Liss.

In kaum einer anderen Sportart ist das Zwiebelprinzip so etabliert wie im Bergsport. Doch auch die geschickte Kombination mehrerer Bekleidungsschichten, wie Baselayer, Midlayer und Hardshell, hat ihre Schwächen. Vor allem bei schweisstreibenden Aktivitäten in der kühleren Jahreszeit: In der dreilagigen Hardshell wird ein steiler Aufstieg zum Schweissakt, die dünne Fleece-Jacke ist zwar atmungsaktiv, hält aber weder Wind noch leichten Schneefall draussen, und neben der Isolationsjacke noch eine extra Softshell mitzunehmen, würde das Volumen des Rucksacks sprengen.

Natürlich hat das klassische Zwiebelschalenprinzip seine Berechtigung. Trotzdem gibt es Jacken, die sich nicht wirklich in dieses Schema zwängen lassen – und gar nicht müssen: die Hybride. «Der Grundgedanke einer Hybridjacke ist ähnlich dem einer Softshell: Sie versucht, einen idealen Kompromiss zu finden», erklärt der Bächli Produktmanager Marcus Liss. «Hybrid bedeutet eigentlich nur, dass verschiedene Materialien miteinander kombiniert werden. So soll ein möglichst grosser Wetter- und Temperaturbereich mit einer einzigen Jacke abgedeckt werden.»


Das Bodymapping-Prinzip

Fast alle Hybridmodelle folgen daher dem Bodymapping-Prinzip: Je nach Körperregion kommt ein anderes Material zum Einsatz, um an den richtigen Stellen für Dampfableitung, Windschutz oder Wärme zu sorgen. Abgestimmt auf die Wärme- und Feuchtigkeitsabgabe des Körpers verarbeiten die Hersteller zonenspezifisch wind- und wasserdichte Membrane, Isolationsfasern, Softshell- oder Fleecestoffe genauso wie verschiedene Webarten in einer Jacke. Dadurch kann ein Hybrid stark atmungsaktiv sein, aber gleichzeitig aus winddichten oder wärmenden Zonen bestehen. Der Vorteil: Zum einen benötigen wir weniger Bekleidungsschichten, zum anderen reduzieren wir unnötige Stopps zum An- und Ausziehen. «Ziel der Hersteller ist es, eine ‹always on›-Jacke zu konzipieren», weiss der Bächli Experte. Ob bei anstrengenden Aufstiegen, bei Minustemperaturen oder leichtem Niederschlag und Schneefall: Die Hybridjacke kann den ganzen Tag getragen werden und verspricht dabei idealen Klima- und Tragekomfort.

Letzteres ist nämlich besonders bei Hardshelljacken zu bemängeln: «Im Aufstieg sind diese nie sonderlich angenehm. Sie sind kaum atmungsaktiv und erzeugen Stauhitze und -nässe im Innenraum.» Stattdessen sollten die teuren Jacken lieber als Back-up im Rucksack bleiben und wirklich nur bei schlechten Wetterbedingungen zum Einsatz kommen, findet Marcus Liss. «Eine teure GoreTex Pro bei jeder Tour zu tragen, ist aufgrund des Materialverschleisses ausserdem noch nicht mal nachhaltig.»


Die Kombinationsmeister

So vielfältig wie die Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Materialien sind, so vielfältig sind auch die Hybridjacken. «Grob lassen sich Hybride in drei Kategorien einteilen: Midlayer-Hybride, Shell-Layer und Hybridkonstruktionen mit Isolation», fasst der Produktmanager zusammen. Ein Midlayer-Hybrid besteht aus eher leichtem, dafür aber sehr atmungsaktivem Material wie Fleece. Viele Hersteller wählen Fleecestoffe mit einer Kanal- bzw. Waffelstruktur auf der Innenseite, die durch ihre Lufteinschlüsse zusätzlich Wärme speichert, aber gleichzeitig Ventilation ermöglicht. An besonders sensiblen Stellen kommen schliesslich Einsätze aus wind- und wasserabweisendem Material oder einer dünnen Isolationsschicht wie in der Westalpen Swisswool Hybrid Jacket von Ortovox zum Einsatz. «Die Swisswool-Segmente liefern Wärme und sind windabweisend, die Fleece-Grid-Einsätze sorgen für Atmungsaktivität und Bewegungsfreiheit. So ist die Jacke als vielseitige zweite Lage gedacht, die sich im Aufstieg besser trägt als eine schwere Softshelljacke», erklärt Ortovox Product Managerin Mountainwear Andrea Zellinger.

Bei leichtem Niederschlag, Schneefall oder Wind stossen diese Konstruktionen allerdings an ihre Grenzen. «Dann punkten Shell-Layer aus atmungsaktivem Softshell-Material, kombiniert mit wasser- sowie winddichten Einsätzen», empfiehlt Marcus Liss. «Diese Hybridkonstruktionen werden allerdings oft nicht als ‹Misch-Typ› wahrgenommen, weil sich die eingesetzten Stoffe auf den ersten Blick nicht stark voneinander unterscheiden.» Doch das täuscht. Denn diese Hybride bedienen sich aus einer Schatzkiste wahrer Hochleistungsstoffe: Beispielsweise vereint Dynafit in der Beast Hybrid Jacke wasserdichtes 3L-Material an exponierten Stellen wie Schultern, Armen, Front sowie in der Kapuze. An den Seiten und am Rücken, wo viel Schweiss und Feuchtigkeit produziert werden, kommt atmungsaktives Dynastretch zum Einsatz. «Wir verbinden dadurch das Beste aus beiden Welten: Der Wetterschutz ist ähnlich einer Hardshell, kombiniert mit der Atmungsaktivität einer Softshell», sagt Dynafit Product Director Soft Goods Sibylle Egele.

In die dritte Kategorie fallen Hybridjacken mit Isolationseinsätzen aus Wolle, synthetischem Füllmaterial oder Daune. «Primaloft oder Schurwolle sind ideal geeignet», so Marcus Liss. Besonders in Bereichen wie den Schultern oder den Ärmelenden, die schnell Feuchtigkeit abbekommen, trocknen diese Fasern schnell. «Eine interessante Isolationsfaser ist ausserdem das Polartec Alpha Direct, das unter anderem in der Eigerjoch IN Hybrid Jacket von Mammut verarbeitet wird.» Das synthetische Gewebe kommt aus dem Militärbereich und wurde für Kampfanzüge entwickelt, die bei hochdynamischen Aktivitäten genauso wie in Ruhephasen funktionieren sollten. So entstand ein wabenförmiges Polyester-Gestrick, das Wärme in Luftkammern speichert und Schweiss nach aussen verdampfen lässt. Geschützt werden die Wattierungen der Jacken in der Regel von einem dampfdurchlässigen, wind- und wasserabweisenden Aussenmaterial wie Pertex Quantum.


Zonenspezifische Funktionalität

Während die wind- und wasserdichten oder isolierenden Einsätze an ausgesetzten Stellen wie Rumpf oder Armen verarbeitet werden, punkten im Rücken- sowie im Achselbereich dünne, elastische und vor allem atmungsaktive Stoffe. In manchen Hybridjacken wird an den Schultern zusätzlich ein robustes Material eingesetzt, das vor Abrieb schützt. Bei der Passform sollte ein möglichst athletischer Schnitt gewählt werden, empfiehlt Marcus Liss: «Je anliegender die Jacke, desto besser funktioniert die Dampfdurchlässigkeit.» Der Grund hierfür: Je geringer das Volumen zwischen den einzelnen Lagen ist, desto besser klappt der Molekülaustausch. Ein weiterer Faktor, der die Dampfdurchlässigkeit fördert ist ein grosses Partialdruckgefälle. «Bei 12 Grad Lufttemperatur und trockener Luft im Herbst oder Frühling funktionieren solche Jacken deshalb besser als bei feuchten 28 Grad im Sommer», erklärt der Bächli Experte.

Ob mit oder ohne Isolation, mit Fleece- oder Softshelleinsätzen oder einer winddichten Front: Welche Hybridjacke das richtige Modell ist, hängt – wie immer – vom persönlichen Kälte- und Wärmeempfinden sowie der Aktivität ab. «Ganz generell könnte man aber sagen, dass erfahrene Bergsteiger häufiger zu Hybridmodellen greifen, um ein dauerndes An- und Ausziehen während des Aufstieges zu vermeiden.» Gerade beim Skitourengehen kennt Marcus Liss das selbst: «Mir wird recht schnell warm, da ist eine Hardshell ungünstig. Aber eine Softshell mit Gore Windstopper-Einsätzen kann ich in 99 Prozent der Fälle den ganzen Tag anlassen.» Dank ausgeklügelter Textilien, Technologien und dem Bodymapping-Prinzip decken Hybridmodelle so einen ziemlich breiten Einsatzbereich ab. Sie vereinen klug zwei Schichten miteinander – und reduzieren häufiges Umziehen am Berg. Nur ungünstig, wenn man den Kleidungswechsel doch eigentlich eh nur als Ausrede für die ersehnte Verschnaufpause nutzen wollte.

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