Steigeisen: Edelstahl oder Aluminium?
Für klassische Hochtouren empfehlen sich Steigeisen aus Stahl (z. B. Grivel Air Tech New-Classic). Diese sind zwar schwerer als Modelle aus Aluminium, «beissen» aber besser im Blankeis, sind robuster und somit für auch für Fels- oder Mixed-Touren geeignet. Leichte Aluminium-Steigeisen (z. B. Petzl Leopard Flexlock) nutzen sich im felsigen Gelände schnell ab, punkten allerdings bei Touren, in denen weder Felskontakt noch Blankeis zu erwarten sind. Auch Hybrid-Modelle (z. B. Petzl Irvis Hybrid), die mit einem Vorderteil aus Stahl und einem Alu-Hinterteil ausgestattet sind, eignen sich weniger für klassische Hochtouren in Fels und Eis. Die Leichtsteigeisen sind vor allem beim Skibergsteigen von Vorteil, wo sie nur kurz zum Einsatz kommen und ein Kompromiss aus Packmass, Gewicht und Robustheit gefragt ist.
Steigeisen richtig anpassen
Vor der Tour müssen nicht nur die Steigeisen auf die jeweilige Schuhgrösse angepasst werden, sondern auch die Riemen. Sind diese zu lang, besteht Gefahr, sich darin zu verheddern und zu stolpern. Das mehrfache Verknoten der Riemen ist hier keine ideale Lösung: zum einen frisst es Zeit, zum anderen lösen sich die Knoten oft beim Gehen. Sinnvoller ist es, die Riemen vor der Tour zu kürzen: Dafür unbedingt die Steigeisen auf die grössten Schuhe (meist Skitourenschuhe) montieren, damit am Ende nicht zu viel abgeschnitten wird. Nun die Riemen anziehen und mit etwa zehn bis 13 Zentimeter Überstand hinter der Lasche abschneiden. Beim Abschneiden die Schere nicht gerade, sondern schräg ansetzen. Mit einem Feuerzeug abschliessend das Riemenende versiegeln. Wer die Riemen doch mal zu kurz abgeschnitten hat: keine Panik, Ersatzriemen kann man nachbestellen (z. B. Petzl Riemenkit Lanières, 32 CHF).
Pickel schnell verstauen
Während kurzer Felspassagen stört der Eispickel in der Hand. Den Pickel am Rucksack zu montieren, lohnt aber meist nicht. Ihn am Gurt zu befestigen, stört wiederum beim Klettern und kann im Falle eines Sturzes gefährlich sein. Viele verstauen den Pickel stattdessen kurzzeitig zwischen Rücken und Rucksack. So bleibt er griffbereit, ohne zu stören. Zum Verstauen den Pickel mit einer Hand schräg zwischen Schulterblatt und Rucksackriemen hindurchschieben. Der Schaft befindet sich nun zwischen Rucksack und Rücken, die Haue und der Dorn zeigen vom Körper weg.
Achtung bei Leichtpickeln: Durch die fehlende Gummierung am Griff können diese Modelle (z. B. Blue Ice Hummingbird) in der Bewegung leichter herausrutschen.
Seilklemmen: Prusik, Tibloc und Micro Traxion
Die einfachste Art einer Seilklemme ist die Prusikschlinge. Inzwischen gibt es aber auch technische Geräte, die vor allem die Spaltenbergung vereinfachen. Die 35 Gramm leichte Tibloc Steigklemme ersetzt den klassischen Prusik-Knoten und ist in verschiedenen Situationen als Steigklemme einsetzbar. Im Falle eines Spaltensturzes kann die gestürzte Person mit dem Tibloc sowie der Micro Traxion (einer leichten Umlenkrolle mit Rücklaufsperre) relativ schnell und kraftsparend eine Selbstrettung mit Steigklemmen vornehmen. Zudem ist die Micro Traxion bei der Spaltenbergung über die sogenannte «Lose Rolle» mittlerweile Standard: Zum Einrichten eines Flaschenzuges wird dem oder der Gestürzten die Umlenkrolle runtergelassen, beim Herausziehen reduziert sie Reibung und gewährleistet gleichzeitig eine Rücklaufsperre.
Übrigens: Das Petzl Tibloc und die Micro Traxion sind offiziell für die Verwendung der Rad Line zertifiziert. Inwiefern die Seilklemmen für andere Hilfsseile geeignet sind, berät Bächli gerne vor Ort in einer der Filialen.
Hilfsseile: Einsatz und Grenze
Mittlerweile haben einige Hersteller hyperstatische 30- bis 60-Meter-Reepschnüre für Skihochtouren und klassisches Bergsteigen im Sortiment. Die sechs Millimeter dicken und zwischen 25 und 30 g/m leichten «Hilfsseile» bestehen aus einem Dyneema-Kern, den ein Polyester-Nylon-Mantel (Petzl Rad Line) oder ein Polyamid-Aramid-Gewebe (Edelrid Rap Line Protect Pro Dry) schützt. Sie punkten durch ihr geringes Gewicht und das kleine Packmass im Vergleich zu dynamischen Bergseilen. Doch anders als ein Kletterseil sind sie nicht zum Auffangen von Stürzen geeignet: Vielmehr kommt die hyperstatische Reepschnur als Sicherheitsreserve oder Abseilleine, aber auch zum Anseilen auf dem Gletscher und kurzen Gletscherquerungen zum Einsatz, wo die Sturzgefahr gering bleibt. Die Hilfsleinen können einen Spaltensturz halten, allerdings potenzieren sich durch die fehlende Seildynamik bereits ab geringen Sturzhöhen die Kräfte. Für Ungeübte empfiehlt sich im Zweifel ein «normales» Gletscherseil – auch wenn diese etwas schwerer sind.
Achtung: Wer eine Rap Line oder Rad Line benutzt, muss sich sicher sein, dass auch das mitgeführte Material (Reepschnüre, Klemmen etc.) dafür geeignet ist.
Ordnung am Gurt: Bandschlingen und Reepschnüre richtig aufnehmen
Viele Hochtouren-Neulinge wissen nicht, wie sie lange Reepschnüre und Bandschlingen kompakt aufnehmen können. Das Material hängt lose am Gurt, teils sogar bis tief in die Kniekehle. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern kann schnell gefährlich werden, wenn man sich mit den Steigeisen im Material verheddert und stürzt. Auf Hochtour sollte das Material deswegen immer abgebunden werden: Bei sehr langen Bandschlingen das vernähte Teilstück in die Hand nehmen und die Schlinge – je nach Länge – ein bis zweimal um die Hand legen. Dann das Reststück quer um das gelegte Band von unten nach oben wickeln, das Ende durch das obere Auge fädeln und hier den Karabiner einhängen. Für Reepschnüre funktioniert diese Technik genauso: die Reepschnüre «halbieren», das offene Ende in die Hand nehmen und je nach Länge in einigen Schlaufen aufnehmen. Schliesslich das Reststück von unten nach oben um die Reepschnur wickeln und das Ende durch das Auge durchfädeln.
Fotos © Urs Nett
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